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02.01.2004 Mannschaft / Medien / Nationalmannschaften

So berichtet die schwedische Presse über ihr Team

Unser Mitarbeiter Dr. Oliver Schulz fasst vor der Europameisterschaft in Slownien die interessantesten Artikel der schwedischen Tageszeitungen, die sich mit der heimischen Nationalmannschaft beschäftigen, zusammen.

Der vielversprechende Jahrgang 1982

Mit den beiden ehemaligen Kielern Olsson und Wislander sind nur noch zwei Spieler aus dem legendären 64er Jahrgang im Aufgebot von Nationaltrainer Bengt Johansson. Aber schon stehen in Gestalt von Kim Andersson, Jonas Larholm und Joacim Ernstsson drei 1982 geborene, hoffnungsvolle Youngster in den Startlöchern für den Neuaufbau mit einer neuen Generation.

Dennoch müsse sich dieses tüchtige, oft als "Babyrückraum" bezeichnete Trio erst auf internationaler Bühne beweisen, stellt "GT"-Redakteur Kjell-Ove Andersson fest. In der Eingewöhnungsphase des Drei-Kronen-Teams im Vorfeld der EM müssten Vertrauen und Geduld im Vordergrund stehen. Er sieht die drei Kieler Lövgren, Boquist und Ahlm als Schlüsselspieler der Truppe, deren wichtigstes Ziel die Qualifikation für Athen sei. Redakteur Andersson fragt sich, ob der lange verletzte Lövgren zu alter Form zurückfinde, wie es um die Form Boquists bestellt sei, und ob Marcus Ahlm ein Abwehrgigant vom Kaliber eines Ola Lindgren werden könne.

Jonas Larholm - der neue Vollstrecker in Blaugelb

Jonas Larholm hofft, die EM werde ein herrliches Erlebnis, berichtet Rebecca Hedin, Redakteurin der "Göteborgs Posten." Sein Nationaltrainer Bengt Johansson beschreibt den selbstbewußten, gefährlichen Mittelmann gegenüber sportal.nu als "Killer", der an Magnus Wislander im Alter von 20 Jahren erinnere. Er habe es allein in der Hand, ein Spiel zu entscheiden oder zu verlieren. Jonas Larholm stimmt dem zu, ergänzt aber, er sei mehr als ein bloßer Vollstrecker. Larholm ist von großem Interesse für den THW und besuchte mit seinem Mannschaftskameraden Kim Andersson die Zebras in der Ostseehalle (siehe Bericht #1 und Bericht #2).

Seine Freude über das Trio Ernstsson-Larholm-Andersson im Aufgebot sei groß, bemerkt der zukünftige Kieler Kim Andersson. Mit Ernstsson und Larholm harmoniere er. Aus drei gemeinsamen Jahren in Sävehof sei er gut mit Larholm abgestimmt, und "Jocke" Ernstsson sei immer ein Bollwerk, schildert der Halbrechte. Auf die Frage, ob sich Trainer Johansson traue, den "Babyrückraum" aufzubieten, wenn es darauf ankomme, entgegnet er, es sei schade, dass man sie nicht dem Trainer direkt gestellt habe. Denn dessen Antwort darauf wüßte er auch gern.

Eine brisante Mischung

Bei der Nominierung der schwedischen Auswahl - in einer Gruppe mit Russland, der Schweiz und der Ukraine - seien die großen Überraschungen ausgeblieben, bemerkt "Aftonbladet". Es handle sich um die beste, die Schweden zur Zeit aufbieten könne.

Recht vielen bei internationalen Meisterschaften noch unerfahrenen, aber motivierten Spielern (Seifert, Larholm, Ernstsson und Källman als Debütanten bei einem solchen internationalen Turnier) könne bei der EM eine große Rolle zufallen. Den drei Akteuren Svensson, Olsson und Wislander, die schon an der WM 1990 teilnahmen, komme in der Halle wie auch außerhalb große Verantwortung als Stützen der jungen zu.

Der Druck auf Stefan Lövgren sei noch größer als sonst ohnehin schon, sei dieser doch zusammen mit Olsson der einzige Rückraumspieler mit Spielpraxis als viel auf dem Spiel gestanden habe. Die Situation um die verletzten Vranjes und Larsson öffne zwar den jüngeren vielleicht die Tür zum internationalen Durchbruch, vergrößere aber auch den Druck auf die anderen.

Es stelle sich die Frage, ob die Youngster bereits reif für derartig verantwortungsvolle Aufgaben seien, so "Aftonbladet". In der Mischung aus Routine und Unerfahrenheit liege die Brisanz. Zudem verspreche die Zusammensetzung der Gruppen viel Spannung.

Ahlm ist zurück

Christer Cederlund, Redakteur des "Kristianstadsbladet" widmet sich ausführlich dem Comeback von Marcus Ahlm, der bei der WM in Portugal zugunsten des Nordhorners Robert Arrhenius keine Berücksichtigung gefunden hatte. Ahlm sei in Kiel besser als jemals zuvor und habe dort nahezu durchgespielt, lobt Bengt Johansson.

Wislander sei übrigens der einzige Spieler, der an allen 16 Turnieren seit 1990 mit ihm als Nationaltrainer teilgenommen habe.

Arrhenius, in Nordhorn mit wenig Spielanteilen bedacht, sei aufgrund seiner Qualitäten in der Abwehr dabei. Daher könnten bei der EM Ahlm und Wislander viel im Angriff zum Einsatz kommen - Arrhenius in der Defensive. Die erstgenannten stünden in Konkurrenz miteinander, was die Anfangsaufstellung angehe. Beide seien unterschiedliche Spielertypen, und der jeweilige Gegner werde den Ausschlag dafür geben, wer spiele, berichtet Johansson.

Die jetzige Truppe habe ein Durchschnittsalter von 28 Jahren und im Mittel 131 Länderspiele. 1990 lag das Durchschnittsalter bei 25,5 Jahren bzw. bei 88 internationalen Einsätzen, so "Kristianstadsbladet".

Die Spieler im Einzelnen

Die schwedische Tageszeitung "Aftonbladet" bewertet die Form der einzelnen für die EM berufenen Nationalspieler mit zwei bis vier Sternen:
  • Tomas Svensson (Aftonbladet: ****) habe eine bessere Saison als im Vorjahr gespielt und dem HSV Hamburg in wichtigen Partien Punkte gerettet. Svensson habe für den sehr guten Saisonauftakt der Hamburger eine bedeutende Rolle gespielt.
  • Peter Gentzel (Aftonbladet: ****). Obwohl Nordhorn verglichen mit dem Vorjahr Kapazität eingebüßt habe, habe die Mannschaft dank "Peter dem Großen" mehreren Spitzenklubs die Punkte entreißen können. Gentzel sei für Nordhorn sehr wertvoll und immer voll da, wenn es darauf ankomme. Mit Svensson und Gentzel stünden zwei der weltbesten Torhüter mit enormer Routine im Kader. Diese sei gerade für die jüngeren Spieler sehr wichtig.
  • Martin Boquist (Aftonbladet: **) habe in Kiel bislang noch nicht richtig eingeschlagen. Wie schon bei Redbergslid und in der Nationalmannschaft sei der ehemalige Toptorschütze der schwedischen Elitserien ein Spieler, der auch an seiner neuen Wirkungsstätte viel Sicherheit und Selbstvertrauen benötige. Obwohl schon lange international dabei, habe er bislang noch nie eine größere Rolle spielen dürfen als wirklich etwas auf dem Spiel gestanden habe. Während der EM könne er die Chance dazu erhalten. Seine große Reichweite, sein Spielverständnis und sein guter Wurf könne er diesmal den großen internationalen Durchbruch schaffen.
  • Jonas Källman (Aftonbladet: ***) habe beim Topklub Ciudad Real als dort an Eins gesetzter Linksaußen sehr gute Leistungen gezeigt und sei durch anstrengende Spiele in Liga Asobal und Champions League nun reif für größere Aufgaben. Laut "Aftonbladet" zeige er ein gutes Abwehrspiel - etwa vorgezogen bei der 5:1-Variante und sei zudem bei Kontern gefürchtet. Trotz seiner Debütantenrolle bei einem solchen Turnier könne er bereits auf internationale Routine zurückgreifen.
  • Für Mathias Franzen (Aftonbladet: **) wehe in Barcelona ein kalter Wind, wo er nur sehr wenig Spielanteile erhalten habe und auf LA hinter Xavier O'Callaghan meist zweite Wahl sei. Partien mit ein bis drei Toren wechselten mit Spielen auf der Bank. Durch die Verletzung Frändesjös werde er allerdings in der Nationalmannschaft eine wichtige Rolle spielen. Als ganz anderer Spielertyp sei er eine gute Ergänzung zu Jonas Källman.
  • Johan Pettersson (Aftonbladet: ****) sei als konterstarker Spieler schnell wie immer. Zudem erweise er sich im Abschluß als sicher und variantenreich. Kiels Halbrechter Christian Zeitz habe ihn außerdem entlastet.
  • Stefan Lövgren (Aftonbladet: ***) sei nach seiner langwierigen Fußverletzung und dem guten Spiel gegen Wallau wieder unterwegs zu hervorragender Form - wenn auch holprig.
  • Jonas Ernelind (Aftonbladet: ***) habe als guter Konterspieler auf Rechtsaußen schon mehr als 70 Treffer erzielt, sei im Abschluß pfiffig und recht sicher vom Punkt. Allerdings könnten sich bei ihm sehr gute Spiele mit weniger staken abwechseln. Mit Pettersson und Ernelind seien die beiden besten schwedischen RA nominiert, die sich gut ergänzten.
  • Marcus Ahlm (Aftonbladet: ****) sei mit seinem Wechsel in die Bundesliga gut zurechtgekommen. Im Mittelblock fehle ihm allerdings noch ein wenig Routine. Als Nummer eins am Kieler Kreis sei Ahlm dabei, die Lücke zu füllen, die der Abschied Wislanders hinterlassen hat.
  • Robert Arrhenius (Aftonbladet: **) spiele seine erste Saison in Deutschland in einem Team mit vielen Verletzten. Meist in der Abwehr eingesetzt, sei er eine feste Größe im Mittelblock.
  • Magnus Wislander (Aftonbladet: ***) sei zu Beginn der Saison in richtig guter Form gewesen, die sich aber zur Zeit aufgrund seiner Verletzung nur schwer einschätzen lasse. Bei derlei Turnieren steigere er sich immer. In gesunder Verfassung sei er bei der EM ein Schlüsselspieler. Unter den drei Kreisläufern sei Wislander nach wie vor der beste, habe aber insbesondere durch den in Kiel gut spielenden Marcus Ahlm größere Konkurrenz erhalten. Ahlm sei nun ein wesentlich besserer Spieler als noch vor einigen Jahren. Zudem solle Robert Arrhenius hinten die Reihen schließen.
  • Sebastian Seiferts (Aftonbladet: ***) Wechsel zurück nach Kolding sei richtig gewesen, da er sich dort auf der Spielmacherposition im Wechsel mit dem dänischen Nationalspieler Bo Spellerberg besser entwickeln könne. Er scheint sich in Dänemark wohler als in der Bundesliga zu fühlen, wo er einen Teil der Zeit auf der Bank verbracht habe. Seine Formkurve weise nach oben und gute Einsätze in der dänischen Liga sowie der Champions League könnten ihm in Slowenien Spielanteile bescheren.
  • Jonas Larholm (Aftonbladet: ****) biete eine klare Vorstellung nach der anderen und besitze die Qualitäten zu einem Star von internationaler Klasse. Mit ansteigender Formkurve und gereift wie nur wenige könne er nun in der Nationalmannschaft beweisen, als Spielmacher fungieren zu können. Vieles an Sävehofs ausgezeichneter Situation sei ihm zu verdanken.
  • Joacim Ernstssons (Aftonbladet: ****) jüngste Entwicklung sei enorm und weise direkt nach oben. Im U21-Team habe er Akzente gesetzt und für RIK national wie international zahlreiche Tore geworfen. Aber nicht nur bei RIK, sondern auch in der Elitserien gehöre er zu den besten Akteuren. Neben seinem ausgeprägten Torriecher zeichne sich der potentielle Joker im Nationalteam durch unvorhersehbare Spielzüge aus, berichtet "Aftonbladet". Bengt Johansson bezeichnet ihn gegenüber sportal.nu als schwer ausrechenbaren Spieler, bei dem es stets zur Sache gehe und der in die Lücken treffe.
  • Kim Andersson (Aftonbladet: ***) verfüge als momentan Zweiter der Torschützenliste der Elitserien über einen unglaublich guten Wurf. Der "Mann mit dem goldenen Arm" habe zudem sein Abwehrverhalten verbessert und sei ein Grund für die gute Plazierung seines Noch-Klubs Sävehof. Bislang international oft in der Zuschauerrolle, deute für die EM bei ihm vieles auf eine anspruchsvolle Rolle auf Halbrechts hin. Diese könne die Chance zu seinem Durchbruch auf höchstem internationalen Niveau bieten.
  • Staffan Olsson (Aftonbladet: ***) habe bei Hammarby zunächst Schwierigkeiten gehabt, zu seiner Form zu finden und zuviel Verantwortung übernommen. Er sei aber auf dem richtigen Weg, gerade in den letzten Spielen. Bei solch einem Turnier müsse man immer mit ihm rechnen.
(Von Dr. Oliver Schulz)

Der Fahrplan der Schweden vor der EM

  • 2. - 9. Januar: Trainingslager in Tunesien mit Spielen gegen Tunesien, Frankreich und Tschechien
  • 10. - 11. Januar: Freie Zeit
  • 12. - 13. Januar: Trainingslager in Halmstad mit Spiel gegen Ägypten in Ljungby
  • 14. Januar: "Bengans Überraschung" in Malmö
  • 15. - 17. Januar: Vierländerturnier mit Spielen gegen Ägypten (15. Jan. in Helsingborg), Island (16. Jan. in Malmö) und Dänemark (17. Jan. in Farum)
  • 18. - 19. Januar: Freie Zeit
  • 20. Januar: Abreise nach Slowenien


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