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04.08.2004 Vorbereitung

Kieler Nachrichten: Die Beine wollen nicht aufstehen

Über die Leiden des jungen W.

Aus den Kieler Nachrichten vom 04.08.2004:

Varel-Obenstrohe - Neun Tage Trainingslager. Für die Handball-Profis des THW Kiel eine intensive Zeit zwischen Spaß und Schmerzen. Wie der Sportler diese Tage erlebt? Antworten darauf gibt Linksaußen Adrian Wagner - die Leiden des jungen W.
Zwei Wecker, zwei Handys, die allesamt auf 6.30 Uhr programmiert sind und der Weckruf im Hotel - ich gehe auf Nummer sicher. Keiner von uns will sich die Blöße geben, morgens zu spät zu kommen. Gerade zu Saisonbeginn ist das besonders peinlich, außerdem müsste ich kräftig in die Mannschaftskasse einzahlen.

Meine Beine schmerzen. Sie wollen nicht aufstehen. Nach dem Krafttraining der letzten Tage tut mir auch mein Oberkörper weh. Kurze Sprints, die liegen mir. Doch eine Stunde Laufen um den Mühlenteich, das ist nicht meine Welt. Besonders nicht um diese Zeit. Aufstehen wird zur Kopfsache. Eigentlich ist das ganze Trainingslager Kopfsache. Ich habe es schon einmal überstanden und weiß, dass ich danach fitter bin. Wir hatten zwar sechs Wochen Urlaub, doch immer unseren Fitnessplan von Pitti (Co-Trainer Klaus-Dieter Petersen, Anm. d. Red.) im Gepäck. Schon drei Wochen vor dem Trainingsauftakt spukte mir schon wieder der Mühlenteich im Kopf herum. Keiner wollte unvorbereitet hierher kommen, also liefen wir auch im Urlaub. Aber heute ist Dienstag und das "Bergfest" steht noch aus. Noch nicht einmal die Hälfte ist um. Da ist das Aufstehen doppelt schwer. Also quäle ich mich um diesen Teich. Morgens um kurz vor sieben. Runde um Runde. Gestern waren es zehn Kilometer, heute schon zwölf und morgen werden es noch mehr sein. Jeder muss sein eigenes Tempo, seine eigenen Grenzen finden. Und so viel ist klar: An das persönliche Limit gehen hier alle.

Um kurz nach acht gibt es Frühstück, und wer nicht schnell genug ist, dem bleiben nur fünf Minuten für Duschen und Umziehen. Frühstück. Endlich. Jetzt habe ich auch richtig Kohldampf. Zehn Minuten, mehr brauche ich nicht. Die Zeit ist knapp und ich will mich noch ein bisschen hinlegen. Schlafen kann ich nicht. Ich habe Angst, das Krafttraining zu verpennen. Mein Zimmerkollege Johan Petersson kann immer schlafen, ich nicht. Zehn Uhr, Krafttraining. Ich fühle mich wie gerädert. Augen zu und durch. Erst nach dem Mittagessen kann ich durchatmen. Frei bis um fünf. Johan schläft schon wieder. Ich will mich nicht hinlegen, danach fühle ich mich nur noch kaputter. Also suche ich nach offenen Türen. Nach Kameraden, mit denen ich reden oder fernsehen kann. Kaffee um vier, anschließend Taktiktraining. Darauf freue ich mich am meisten, obwohl es uns alle frustriert, wie schlecht wir nach der Sommerpause Bälle werfen. Da klappt nichts. Trotzdem habe ich Spaß. Obwohl jetzt auch die Hände schmerzen. Von den vielen Würfen, vom Harz. Zwei Stunden, dann ist auch die dritte Einheit an diesem Tag vorbei. Ich hake die Übungen im Kopf ab. Wieder eine überstanden, wieder rückt das Ende ein Stück näher. Abends geht bei mir nicht mehr viel. Ein Anruf bei meiner Freundin Nici. Massage. Anschließend ein bisschen Wellness und eine Runde "Tour de France" - am PC. Im Moment fahre ich mit dem TMobile-Team durch Katar. Jan Ullrich hat Pause. Er ist außer Form. Das Spiel hilft, nicht an den nächsten Tag zu denken, denn da wird alles nur noch schlimmer.

(Von Adrian Wagner, aus den Kieler Nachrichten vom 04.08.2004)


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