Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 10.09.2004:
Neulich hat die TAZ ein besonders schönes Bild gefunden,
um die Arbeit von Bundestrainer Heiner Brand zu beschreiben.
Der Mann fügt ein Puzzle zusammen, hockt dabei daheim in
Gummersbach und fügt die Teile zum Ganzen zusammen.
Ulrich Strombach, Präsident des Deutschen Handball-Bundes,
war sich sicher gewesen, Deutschland im Jahr 2005 mit der
Handball-Weltmeisterschaft beglücken zu dürfen. Die Delegierten
in St. Petersburg gaben dem Mutterland der Sportart im November
2002 aber einen Korb. 2005 steigt die WM in der Wüste,
Tunesien ist vom 23. Januar bis zum 6. Februar Gastgeber
für die weitbesten Handballer.
Das Happy End folgte aber jetzt in Basel: Ausrichter der
Handball-WM 2007 ist - endlich - Deutschland. Gespannt wie
Pennäler, die auf die Ergebnisse der letzten Abiturprüfung warten,
liefen Ulrich Strombach und Peter Sichelschmidt vor der Tür des
Salons Regio im Baseler Hilton-Hotel auf und ab. Der Präsident
und sein Sportdirektor wussten zwar um die Klasse ihrer Vorarbeit,
doch ein "beklemmendes Gefühl" (Sichelschmidt) legte sich über die
Vorfreude, während der Rat des Weltverbandes IHF über die Vergabe
der Männer-Weltmeisterschaft 2007 entschied. Als sich die Tür
nach kurzer Zeit öffnete und man das deutsche Duo wieder hereinbat,
fiel der Stress endgültig ab:
Der DHB erhielt einstimmig den Zuschlag und beschert
Deutschland nur ein Jahr nach der Fußball-WM 2006 ein weiteres
hochklassiges Sportereignis. Nach 1938, 1958, 1961 und 1974 durfte
Deutschland zuletzt 1982 eine Männer-WM ausrichten und hatte
sich seitdem vergeblich bemüht.
Der jüngste und erfolgreiche Anlauf gestaltete sich vergleichsweise
leicht. Zum einen übertrug der außerordentliche IHF-Kongress im
Herbst vergangenen Jahres bereits die Vergabekompetenz auf den Rat,
zum anderen hatte Norwegen als einziger Mitbewerber kurzfristig
zurückgezogen und damit den Weg für den DHB freigemacht. Das
Budget der WM 2007 wird einen Umfang von bis zu acht Millionen
Euro haben, verbunden mit klaren finanziellen Zielen.
"Wir werden alles tun, um mit einem Plus aus dem Turnier zu kommen",
sagt Sportdirektor Sichelschmidt. Die Frauen-WM 1997, das bisher
letzte Großereignis unter der Regie des DHB, endete trotz hoher
Zuschauerzahlen mit einem Verlust von 750 000 Mark.
Lockte das Konzept für 2005 vor allem mit Spielen in den großen
Hallen und einem Finale vor 35000 Zuschauern in der Arena
AufSchalke, so soll die WM nun zum weltweiten Fernsehereignis
aufgebaut werden, das den Handballsport international endgültig in
der Ersten Liga etabliert. Die Rolle des Gastgebers geht naturgemäß
auch mit hohen Ansprüchen an das Abschneiden der eigenen Mannschaft
einher. Die sportlichen Perspektiven erscheinen Sichelschmidt
"sensationell, weil wir dann beste Möglichkeiten haben, uns direkt
für die Olympischen Spiele 2008 zu qualifizieren". Dafür reicht
bereits Platz sieben.
WM-GRUPPEN 2005
- Gruppe A: Dänemark, Frankreich, Tunesien, Griechenland,
Angola, Kanada
- Gruppe B:
Slowenien, Russland, Tschechien, Kuwait, Island, Algerien
- Gruppe C:
Kroatien (Titelverteidiger), Schweden, Spanien, Argentinien, Japan, Australien
- Gruppe D:
Deutschland, Serbien-Montenegro,
Norwegen, Ägypten, Brasilien, Katar
"Bis zur WM 2007 ist noch genug Zeit"
Bundestrainer Heiner Brand über die Zukunft der Nationalmannschaft
- Zebra-Journal:
-
Wie groß ist die Enttäuschung nach der
Finalniederlage bei der Olympiade gegen Kroatien?
- Heiner Brand:
-
Natürlich sind wir traurig. Vor allen Dingen, wenn man
sich bei der Siegerehrung überlegt, dass man da ganz oben
hätte stehen können. Aber mit ein bisschen Abstand werden wir
stolz auf unsere Leistung sein, zumal wir eine
Handball-Begeisterung in Deutschland ausgelöst haben.
- Zebra-Journal:
-
Was war ausschlaggebend für die Niederlage?
- Heiner Brand:
-
Wir haben zu viele Chancen vergeben. Außerdem hat uns der
verletzte Pascal Hens gefehlt. In Anbetracht dessen haben wir
das Beste aus unserer Situation gemacht. Es ist aber schon schade,
dass wir bei wichtigen Turnieren immer wieder vom Verletzungspech
gebeutelt werden.
- Zebra-Journal:
-
Einige Routiniers werden ihre Nationalmannschafts-Karriere beenden.
Kann die deutsche Mannschaft ihr Niveau halten?
- Heiner Brand:
-
Es beginnt eine neue Zeitrechnung, aber im Hinblick auf die WM 2007
im eigenen Land haben wir ja noch genug Zeit. Es gibt keinen Grund,
schwarz zu sehen. Ich werde mit neuem Elan an die Sache rangehen
und niemanden zum Weitermachen überreden.
- Zebra-Journal:
-
Kommt jetzt der große Umbruch? Und welche Spieler haben konkret
ihren Rücktritt verkündet?
- Heiner Brand:
-
Mir gegenüber hat noch kein einziger Spieler seinen Rücktritt erklärt.
Aber ich gehe davon aus, dass Zerbe,
Petersen, Schwarzer und wohl auch Kretzschmar
nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Beim Neuaufbau der Mannschaft
werden meine Maßnahmen auf die Weltmeisterschaft 2007 in Deutschland
zielen. Aber wir werden auch nicht die WM 2005 von Tunesien oder
die EM 2006 in der Schweiz aus den Augen verlieren.
- Zebra-Journal:
-
Wie sehen Sie die Zukunft des deutschen Handballs?
- Heiner Brand:
-
Wir sind auf einem guten Weg. Ich denke auch an die Junioren-Mannschaft,
die Gold bei der EM gewonnen hat. Einige Spieler- könnten den Sprung
schaffen. Außerdem: Der Neuaufbau trifft uns ja nicht unvorbereitet.
(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 10.09.2004)