Deutschland hat das
Finale des olympischen
Handballturniers verloren. Mit 24:26 (12:11) unterlag der Europameister
dem Weltmeister Kroatien - wie schon im
WM-Finale 2003,
als Deutschland gegen Kroatien mit 31:34 unterlag. Dennoch ein großes Kompliment
an das DHB-Team zum hart erkämpften Silber!
Deutschland kam nach kroatischer Führung (2:1, 6.) ab der 10. Minute
besser in die Partie und führte nach 16 Minuten sogar mit 8:5. Zum Ende
der ersten Halbzeit war die Partie dann ausgeglichen (10:10, 27.). Mit einer
12:11-Führung ging das Team von Heiner Brand in die Kabine.
Auch im zweiten Durchgang gelang den DHB-Herren wieder eine Drei-Tore-Führung
(14:13, 38.), doch Kroatien zeigte keine Nerven und brachte sich mit der
18:17-Führung (43.) wieder zurück ins Spiel. Beim 20:19 durch Frank von Behren
sah es noch einmal nach dem dritten Handball-Gold für Deutschland aus, dann aber
drehten die im Rückraum stärkeren Kroaten das Spiel zum 22:20 (55.) und
24:21 (57.).
THW-Manager Uwe Schwenker sagte gegenüber
Sport1:
"Ich hätte es den Jungs gegönnt, denn sie hatten schon
2003 im WM-Finale verletzungsbedingt viel
Pech. Der Olympiasieg war möglich, auch wenn die Kroaten unter dem Strich verdient Gold holen.
Sie waren über das Turnier hinweg betrachtet die beste Mannschaft. Im Angriff haben wir Gold
weggegeben, die Abwehr hat leidenschaftlich gekämpft. Dennoch: Auf dieses Silber kann die
Mannschaft stolz sein. Sie hat den Handball in Deutschland ein großes Stück vorangebracht.
Henning Fritz (ins Allstar-Team gewählt)
zeigte erneut eine starke Leistung,
Christian Zeitz traf einmal,
Klaus-Dieter Petersen organisierte einmal mehr
die deutsche Abwehr - ähnlich wie Davor Dominikovic auf
kroatischer Seite, der ebenfalls nur in der Defensive eingesetzt wurde.
Hier geht es zum ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten...
- Kroatien:
-
Losert (1.-16. und 50.-60., 9 Paraden),
Sola (16.-50., 9 Paraden);
Kaleb (3),
Balic,
Lackovic (3),
Zrnic,
Vori (3),
Dominikovic,
Dzomba (9/3),
Vukovic,
Goluza (1/1),
Sprem (3),
Spoljaric,
Metlicic (4);
Trainer: Cervar
- Deutschland:
-
Fritz (1.-58., 11 Paraden),
Ramota (58.-60, 0 Paraden);
Dragunski,
Kretzschmar (9),
Immel,
Schwarzer (3),
Petersen,
von Behren (1),
Zerbe (2),
Baur,
Zeitz (1),
Jansen,
Stephan (3/1),
Kehrmann (5);
Trainer: Brand
- Siebenmeter:
-
Kroatien: 6/4;
Deutschland: 2/1
- Zeitstrafen:
-
Kroatien: 2;
Deutschland: 5
- Schiedsrichter:
-
Hansson/Olsson (Schweden)
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 2:0 (4.), 2:1, 3:2, 3:3 (10.), 3:4, 5:4 (14.), 5:8 (16.),
7:8 (21.), 7:9, 9:9 (25.), 10:12, 11:12;
2. Hz.: 11:13, 12:13, 12:15, 13:16 (38.),
16:16 (40.), 16:17, 18:17 (43.), 18:19, 19:19, 19:20 (47.), 22:20 (55.),
22:21 (56.), 24:21 (57.), 24:22, 25:22, 25:23, 26:23, 26:24
- Zuschauer:
-
10750 (Helliniko Indoor Arena)
Aus den Kieler Nachrichten vom 30.08.2004:
Die Unsterblichkeit nur knapp verpasst
24:26 - Kroatien entriss DHB-Auswahl noch die Goldmedaille
Sie hatten die Hand schon fast am Gold und ließen es noch durch die Finger
gleiten. In der 36. Minute führten die deutschen Handballer mit 15:12, ehe
Kroatien das
Finale drehte. Mit 26:24 (11:12) gewann das Team vom Balkan gegen
die DHB-Auswahl, die sich im Bewusstsein, dass der Zweite der erste Verlierer
ist, noch nicht über Silber freuen konnte. Bronze gewannen die Russen, die am
Sonnabend im kleinen Finale Ungarn 28:26 besiegten.
"45 Minuten lang haben wir das Spiel kontrolliert, dann hatten die Kroaten die
größeren Reserven. Aber dennoch ist dieses Turnier unsere größte Leistung seit
zehn Jahren", fand Bundestrainer Heiner Brand versöhnliche Worte. Seine
Spieler trauerten dagegen der verpassten Chance ihres Lebens nach. "Wir haben
das Endspiel verloren. Was soll ich dazu sagen, das ist Scheiße", kommentierte
Kapitän Markus Baur. "Wir hätten uns unsterblich machen können", klagte
THW-Torhüter
Henning Fritz, der anschließend mit Christian Schwarzer ins
All-Star-Team des Turniers berufen wurde. "Aber wir haben zu viele Chancen vergeben.
Nur mit Glück kann man kein Endspiel gewinnen."
Dabei sah es lange danach aus. Der Europameister spielte konzentriert, führte
in der 16. Minute (8:5) erstmals mit drei Treffern, wurde aber immer wieder
von Zeitstrafen zurückgeworfen. Volker Zerbe sah beim Stand von 16:14 den
Knackpunkt. "Da haben wir es nicht verstanden, unsere Führung auszubauen",
sagte der lange Lemgoer nach seinem letzten Länderspiel.
Nachdem Nikas Kaleb den in der 55. Minute für
Fritz eingewechselten Christian
Ramota zum 24:21 bezwang, war die Partie entschieden. Abgezockter seien die
Kroaten gewesen, befand der Wallauer Jan-Olaf Immel, der ab der 41. Minute
den verletzten Kieler
Klaus-Dieter Petersen im Abwehrzentrum ersetzte. "Daran
lag's nicht, Immel hat gut gespielt", meinte
Petersen: "Ich konnte in den
Zweikämpfen nicht mehr gegenhalten." Heiner Brand erkannte dennoch im
Ausscheiden des Routiniers ein Mosaiksteinchen, das sich mit der ungleichen
Zeitstrafen-Verteilung in das Gesamtbild einfügte. "An den Schiedsrichtern
lag es aber nicht."
In der deutschen Kabine ging es anschließend "sehr, sehr ruhig" zu, wie Immel
berichtete. Da nutzten auch Volker Zerbes aufmunternde Worte wenig. "Diese
Mannschaft hat immer Herz bewiesen. Für mich war es toll, mitspielen zu
können." Dass das Europameister-Team nun auseinanderfallen wird, bereitet dem
36-Jährigen wenig Sorgen: "Ich habe keine Angst um die Zukunft des deutschen
Handballs, das Potential ist groß, wenn ich nur an Pascal Hens oder
Christian Zeitz denke."
Zeitz, der dritte Kieler
Silbermedaillengewinner, bestätigte das:
"Meine Zeit beginnt erst nach Olympia." Aber wann er wieder eine solche
Chance bekommt, wusste er auch nicht.
(Von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 30.08.2004)
Aus den Kieler Nachrichten vom 30.08.2004:
Stimmen zum Finale
- THW-Trainer Noka Serdarusic:
Ich habe alle Daumen gedrückt und auf Deutschland gewettet, aber - wenn der
Rückraum nicht da ist, kann man kein Gold gewinnen. Die deutsche Mannschaft
blieb unter ihrem Niveau, keiner brachte seine volle Leistung. Schade, der
Olympiasieg hätte unserer Sportart sehr gut zu Gesicht gestanden.
- THW-Kapitän Stefan Lövgren:
Ich habe meinen deutschen Kollegen die Daumen gedrückt und das Gold so
herbeigewünscht. Letztlich hat Kroatien aber verdient gewonnen. Deutschland
darf nach dem Turnierverlauf sehr, sehr stolz über Silber sein. Ich kenne das
Gefühl in der Kabine nach Olympia-Niederlagen, ich habe zwei Medaillen dieser
Farbe in meinem Schrank. Für mich war es nicht besonders lustig, nur Zuschauer
zu sein, deswegen habe ich meistens andere Sportarten geguckt.
- THW-Rechtsaußen Johan Pettersson:
Das ganze Spiel über hatte ich Bauchschmerzen. Deutschland hatte es in der
Hand, aber Kleinigkeiten entscheiden so ein Spiel. Ich kenne es, kein Gold zu
gewinnen. Aber schon eine Stunde nach dem Spiel freut man sich auch über
Silber.
- Adrian Wagner, THW-Linksaußen:
Als Europameister waren wir leicht favorisiert, aber in der Chancenauswertung
hatten wir über das gesamte Turnier hinweg Probleme.
Henning Fritz hat in
allen Spielen zuvor sensationell gehalten, vielleicht hat das die Schwächen im
Angriff auch übertüncht. Peking 2008 ist ein neuer Anlauf. Ich hoffe, dann
selbst dabei zu sein. Nichts ist schwerer als eine Olympiade nur im Fernsehen
verfolgen zu dürfen.
- Holstein Kiels Fußball-Verteidiger Jan Sandmann:
Unsere Mannschaft hat sich zum Schluss die Butter vom Brot nehmen lassen. Für
Henning Fritz
tut es mir besonders Leid. Wir kennen uns aus gemeinsamen
Sportler-Tagen in Magdeburg. Für
Henning wäre es sicher das Größte gewesen,
seine überragende Leistung mit Gold zu krönen. Vielleicht ist ein Trost, dass
er die Möglichkeit hat, diesen Erfolg in vier Jahren nachzuholen.
- Holsteins Torwart Simon Henzler:
Die Feldspieler können sich bei
Henning Fritz bedanken, dass er das Spiel so
lange offen hielt.
- THW-Manager Uwe Schwenker:
Es war mehr drin, aber die Angriffsleistungen haben nicht gereicht. Wenn man
ganz fair ist, muss man auch sagen: Mit Kroatien hat die beste Mannschaft von
Athen gewonnen. Für den deutschen Handball ist dennoch viel Positives
rübergekommen.
- Altoberbürgermeister Norbert Gansel:
Ein großes Spiel der deutschen Mannschaft. Dass es zu Gold nicht reichte, war
Pech, wie man das bei dem Leistungsdruck im Sport leider haben kann. Meine
Glückwünsche zur Silbermedaille, vor allem Glückwünsche an die drei Spieler
vom THW Kiel.
- Stadtpräsident Arne Wulff:
Einfach schade, dass es nicht Gold geworden ist, zumal ich den Eindruck hatte,
dass nicht die eindeutig bessere Mannschaft gewonnen hat. Doch Silber ist
Silber, und ich freue mich, dass die Kieler Spieler unter den Leistungsträgern
waren und maßgeblich zu diesem Erfolg beigetragen haben.
- Sportamtsleiterin Birgit Lucht:
Es war ein tolles, spannendes Spiel, und bis zum Anbruch der letzten zehn
Minuten habe ich gedacht, dass wir es packen. Dann war ich natürlich
enttäuscht, aber jetzt freue ich mich, dass es Silber geworden ist. Vor allem
Henning Fritz hat viel dazu beigetragen.
(Aus den Kieler Nachrichten vom 30.08.2004)