Aus dem THW Kiel-Newsletter:
Der THW hat sich in der Spitzengruppe der Bundesliga festgesetzt. Auch der
Start in die Pokalwettbewerbe ist überaus erfolgreich gelungen. Nach dem
souveränen Champions-League-Auftakt stellte sich Trainer
Noka Serdarusic den
Fragen der ZEBRA-Redaktion, analysierte den bisherigen Saisonverlauf und
wagte einen Ausblick auf die kommenden Aufgaben.
- Zebra:
-
Noka,
mit 12:4-Punkten aus den ersten acht Spielen befindet sich Deine
Mannschaft auf Tuchfühlung zur Tabellenspitze der Handball-Bundesliga. Damit
kann man zufrieden sein, oder?
- Noka Serdarusic:
-
Mit den bisherigen Leistungen bin ich im Großen und Ganzen auch zufrieden.
Dies war vor dem Saisonstart so nicht unbedingt zu erwarten, denn
schließlich standen den drei Abgängen nur zwei Neuverpflichtungen,
Henrik Lundström und
Frode Hagen, gegenüber. Dadurch ist
der THW nicht unbedingt
stärker geworden. Hinzu kommt, dass wir mit
Roman Pungartnik einen
Langzeitverletzten in unseren Reihen haben,
Stefan Lövgren an einer
chronischen Adduktorenzerrung leidet und
"Pitti" Petersen momentan auch nur
als "Standby-Spieler" zur Verfügung steht. Bei so einer dünnen Personaldecke
frage ich mich oft, ob das reichen wird. Das bedrückt mich, denn eigentlich
ist das zu wenig.
Wenn ich auf unsere bisherigen Spiele mit den entsprechenden Gegner
zurückblicke, hätten wir uns vor dem Beginn der neuen Serie über 12:4-Punkte
gefreut. Aber wir haben zwei Minuspunkte zuviel auf dem Konto. Die
Niederlage in Göppingen war -
wie natürlich jede Niederlage - völlig
unnötig. Wir hatten dort viel Pech, hätten aber gewinnen oder zumindest
einen Punkt holen müssen. Solche Spiele gibt es nun einmal immer wieder. Der
Gegner erwischt einen Tag, an dem alles klappt. Die eigene Mannschaft
erlaubt sich dann gerade im Überzahlspiel entscheidende Fehler und kassiert
obendrein unnötige und unberechtigte Zeitstrafen. So eine Niederlage bleibt
dann auch lange in den Köpfen der Mannschaft hängen.
- Zebra:
-
Im
DHB-Pokal ist der THW immer noch auf dem
Weg zum Final Four und in der
Champions League
wurde der schwedische Meister aus Sävehof förmlich aus der
Halle gefegt. Wie ist das bisherige Abschneiden in den Pokalwettbewerben zu
bewerten?
- Noka Serdarusic:
-
Über die Pokalwettbewerbe läßt sich zum jetzigen Zeitpunkt wenig sagen.
Im DHB-Pokal
wartet mit Emsdetten sicherlich eine lösbare Aufgabe auf uns,
so dass wir das Achtelfinale erreichen sollten.
Die Champions League
hat gerade erst angefangen. Ich hatte von meiner
Mannschaft erwartet, dass sie in Island gewinnt. Das soll nicht überheblich
klingen, aber wir wollen unbedingt als Gruppenerster die nächste Runde
erreichen. Da müssen solche Spiele einfach gewonnen werden. Ebenso sind
Heimsiege in den Gruppenspielen Pflicht. Dabei mache ich mir aber
Riesengedanken um die Gesundheit von
Stefan Lövgren, der gegen die Schweden
schon nach wenigen Minuten ausgeschieden ist. Bisher hat es ja gereicht bzw.
Stefan hat sich "durchgebissen".
Ich stelle mir aber sehr oft die Frage, was
wir ohne Stefan machen.
- Zebra:
-
Du hast die beiden Neuverpflichtungen schon kurz erwähnt. Werden die
Neuzugänge Henrik Lundström und
Frode Hagen den Erwartungen gerecht?
- Noka Serdarusic:
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Alle Neuzugänge brauchen normalerweise Zeit.
Henrik Lundström
hatte in der Vorbereitung leider leichte
Verletzungsprobleme. Es steckt noch mehr in ihm drin, als er bisher gezeigt
hat. Das kommt aber mit der Zeit. Da bin ich mir ganz sicher. Mit ihm bin
ich zufrieden.
Und auch Frode Hagen
erfüllt die in ihn gesetzten Erwartungen. Von Anfang an
hat er sehr gut gespielt. Er schöpft seine Möglichkeiten voll aus und ist
ein Kämpfertyp mit einem unbändigen Willen. Solche Spieler mit dieser
Einstellung braucht jeder Verein, der ganz oben mitspielen will.
- Zebra:
-
Mit Kim Andersson
steht bereits ein Neuzugang für die kommende Saison fest.
Nun gab Kim Andersson
mit IK Sävehof seine Visitenkarte in der Ostseehalle
ab. Warum hat sich der THW die Dienste des jungen Schweden gesichert und wie
bewertest Du seine
Leistung im Champions-League-Spiel gegen den THW?
- Noka Serdarusic:
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Kim Andersson
war vor etwas über zwei Jahren in Europa bzw. auf der Welt ein
großes Talent auf der halbrechten Position. Jeder Verein, wirklich jeder,
wollte ihn unter Vertrag nehmen.
Ich denke, dass es für seine Weiterentwicklung besser gewesen wäre, wenn er
schon früher zum THW gekommen wäre - und nicht erst 2005. Das Potenzial von
Kim ist zweifelsfrei vorhanden, aber wir werden sehr viel mit ihm arbeiten
müssen.
In seiner momentanen Verfassung wird er
Christian Zeitz nicht aus der
Startformation verdrängen können.
Aber die vorhandene Wurf- und Sprungkraft ist sicherlich ausbaufähig.
Außerdem passen die Bewegungsabläufe und die gesamte Koordination gut zur
Körpergröße von fast 2 Metern. Man merkt hier die technisch orientierte
Ausbildung der schwedischen Handballschule.
Sein erstes "Heimspiel" in der Ostseehalle war sicherlich von einer gewissen
Nervosität geprägt. Aber sein Aggressivverhalten im Angriff muss unbedingt
verbessert werden, um eine wesentlich größere Torgefährlichkeit
auszustrahlen.
- Zebra:
-
Die harten "englischen Wochen" sind sehr kräftezehrend und stellen eine
große Belastung für die Spieler dar.
Wird diese Terminhatz - verbunden mit dem kleinen Kader des THW - für
Probleme sorgen?
- Noka Serdarusic:
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Eines ist doch klar: Wir sind einfach schlechter bestückt als beispielsweise
Gummersbach oder Flensburg.
Diese Vereine haben mit der Vielzahl von Rückraumspielern einen besseren und
größeren Kader - und damit wesentlich mehr Möglichkeiten, um mögliche
Ausfälle kompensieren zu können.
Deshalb sehe ich alles verhalten. Wenn Verletzungen unseren Kader
dezimieren, bekommen wir große Probleme.
Jetzt ist schon festzustellen, wie verunsichert die Mannschaft durch die
Verletzung von Stefan Lövgren auftritt.
Stefan ist das Herzstück des THW!
Ohne Stefan läuft es eben nicht -
die Nervosität bei seinen
Mannschaftskameraden setzt sofort ein.
- Zebra:
-
In solchen Phasen braucht der THW dann ganz besonderes die Unterstützung von
den Rängen...
- Noka Serdarusic:
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Sicher! Die Halle muss aber in allen Spielen von der ersten bis zur letzten
Minute "kochen". Wir erleben das bei unseren Auswärtsbegegnungen oft genug,
wie frenetische Zuschauer auf das Spiel einwirken können. Schiedsrichter und
Gastmannschaft werden so stark unter Druck gesetzt, dass so ein Publikum
mindestens für zwei bis drei Tore gut ist. Das ist doch der ganz
entscheidende Grund dafür, dass es einige Mannschaften gibt, die total
heimstark und auswärts relativ ungefährlich sind. Solche Teams werden nur
von ihren Fans getragen. Die Zuschauer müssen genauso "heiß" wie die
Mannschaft sein und ihr Team nach vorne treiben. Und wir wollen immer
gewinnen!
- Zebra:
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Ist wieder mit einer besonders starken Rückrunde des THW zu rechnen?
- Noka Serdarusic:
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Wenn wir von weiteren Verletzungssorgen verschont bleiben, erwarte ich das.
Wir haben wie in den Jahren zuvor gut trainiert und hart gearbeitet. Das
straffe Trainingsprogramm wird dafür sorgen, dass wir auch noch im letzten
Spiel der Saison 120% geben können. Dies erreichen wir durch eine enorme
Disziplin und durch eine gut abgestimmte Mischung aus Regeneration und
hartem Training.
Bei uns gibt es kein Weinen. Nichts sagen und alles geben - das sind die
Prinzipien, um volle Leistung für seinen Club zu bringen.
- Zebra:
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Was erwartest Du von der Saison? Wie groß sind die Chancen auf die
Meisterschaft?
- Noka Serdarusic:
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Ich bin nur Trainer und nicht Hellseher - ich wage keine Prognose.
Für mich steht nach den ersten Spieltagen fest, dass es bis zum Schluß
spannend bleiben wird. Die Entscheidung um den Titel wird an den letzten
beiden Spieltagen fallen. Der THW bleibt an den eigentlichen Favoriten dran
und keiner wird uns enteilen.
- Zebra:
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Der THW stellt für das Länderspiel Deutschland gegen Schweden in Kiel sehr
viele Spieler ab. Ein Problem?
- Noka Serdarusic:
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Da mache ich mir nicht so viele Gedanken. Größere Reisestrapazen bleiben
unseren Spielern ja erspart.
Zudem werden unsere angeschlagenen Schweden
Stefan Lövgren und
Johan Pettersson
nicht an diesem Spiel teilnehmen bzw. nicht so große Spielanteile
haben.
Meine Jungs haben nach dem Sävehof-Spiel frei. Die Nationalteams werden am
Tag vor dem Länderspiel nur ein leichtes Training mit Regeneration und
Taktik absolvieren. So haben die Nationalspieler quasi zwei Tage Ruhe.
Außerdem hat
Uwe Schwenker
das Spiel so organisiert, dass es ein lockeres
und leichtes Spiel wird.
- Zebra:
-
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei den anstehenden Aufgaben.
(Das Gespräch führte Björn Goos, aus dem THW Kiel-Newsletter)