Aus den Kieler Nachrichten vom 11.11.2005:
Kiel - Mit neun Feldtoren hatte
Kim Andersson seinen
Anteil daran, dass der Handball-Bundesligist THW Kiel am Mittwoch den TuS N-Lübbecke
mit 32:27 besiegte (siehe
Spielbericht). Zeit, ein gutes Spiel
zu feiern, hatte der 23-Jährige nicht. Gestern Vormittag stemmte der Schwede im
Fitnesscenter wieder Hanteln, dann paukte er in einer Sprachschule deutsche Klassiker
wie "Flughafen" oder "Bordkarte". Neu war nur, dass er in der Stadt erstmals auf seine
Leistung angesprochen wurde. Bisher konnte sich
Andersson
unerkannt durch Kiel bewegen.
Im Juli wechselte der Linkshänder von IK Sävehof nach Kiel. Ohne ein Wort Deutsch im
Gepäck, aber mit einigen Pfunden zu viel auf den Rippen. "Damals war ich ein bisschen
nervös, ob das hier klappen wird", sagt
Andersson heute.
Und er sagt es in fließendem Deutsch. Vier Jahre lang spielte er für den schwedischen
Meister. Im letzten verlor er seine Form. "Wir haben nur selten gegen Top-Teams gespielt.
Darunter hat meine Motivation gelitten." Für den Junioren-Weltmeister gab es in der Heimat
keine Ziele mehr. Sein Trikot mit der Nummer drei wird in Sävehof nicht mehr vergeben.
Eine solche Ehre wurde bei diesem Klub noch keinem Spieler zuteil.
Kim Andersson schon. Im zarten Alter von 23 Jahren. "Nach Kiel
zu gehen, war der richtige Schritt", sagt der Zwei-Meter-Hüne, der sich mit Freundin
Sandra Persson (22) längst an der Förde eingelebt hat.
Und auch auf dem Feld sieht er klar. "Im rechten Rückraum ist
Christian Zeitz die Nummer eins", sagt
Andersson. "Aber ich will um diesen Platz kämpfen." Der 81-fache
Nationalspieler weiß, dass der Weg dorthin lang sein wird. "Ich habe zwar gegen Nettelstedt
neun Tore geworfen", meint Andersson. "Aber ich hatte das Gefühl,
dafür 25 Chancen gebraucht zu haben." Mit offenen Augen blickt er auch auf seine Schwächen in
der Deckungsarbeit. "Ich habe Angst, in der Abwehr Fehler zu machen und bin deshalb zu nervös."
Ungewohnt sei zudem die Aufgabe, beim THW für die leichten Tore aus dem Rückraum zu sorgen.
"Ich sehe mich gar nicht in erster Linie als ein Schütze." Für Sävehof warf
Andersson zwar 700 Tore. Aber auch als Passgeber lag er in den
Statistiken stets ganz vorne. "Wenn es allerdings gewünscht ist, dass ich bei jeder Chance
werfe, dann mache ich das. Daran habe ich auch meinen Spaß."
Dass sein Landsmann den THW Kiel bereichern würde, hat Stefan Lövgren
nie angezweifelt. "Eine Leistung wie gegen Nettelstedt hat die ganze Zeit in ihm gesteckt", weiß
der THW-Kapitän. "Am Anfang ist vieles auf ihn eingestürzt. Das musste er erst einmal sortieren."
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 11.11.2005)