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06.05.2006 Mannschaft

Kieler Nachrichten: Bei Hagens zieht die Wehmut ein

Norweger auf seiner Abschiedstour heute in Wilhelmshaven

Aus den Kieler Nachrichten vom 06.05.2006:

Kiel - Wilhelmshaven, Nordhorn, Magdeburg. Dreimal muss der THW Kiel in der laufenden Saison, die am 3. Juni mit dem Heimspiel gegen den VfL Gummersbach endet, noch reisen. Den Anfang machen die Zebras, die ihre letzten neun Bundesligaspiele gewannen, heute beim Wilhelmshavener HV (19.30 Uhr, Nordfrost-Arena). Nach dem Kreuzbandriss von Viktor Szilagyi rückt nun mit Frode Hagen ein Spieler in die Verantwortung, der in dieser Saison zumeist auf der Ersatzbank saß.
In der letzten Spielzeit war der Norweger mit 139 Toren nicht nur viertbester Schütze der Kieler in der Bundesliga. "Mr. Zuverlässig" war bei 33 von 34 Punktspielen dabei und stets ein Musterbeispiel für bedingungslosen Einsatz. Nach der Verpflichtung des jungen Franzosen Nikola Karabatic (22) rückte der 31-Jährige ins zweite Glied. "Natürlich will ich immer spielen", meint Hagen. "Aber ich habe vollstes Verständnis dafür, dass Nikola spielt. Er ist einer, der eine ganze Mannschaft tragen kann."

Seine Aufgabe sehe er darin, dem Team zu helfen. Wenn nicht auf dem Platz, dann durch eine positive Ausstrahlung abseits des Spielfeldes. "Ich muss aber immer bereit dafür sein, dass ich einmal gebraucht werde. Ich darf den Biss nicht verlieren", sagt der 168-fache Nationalspieler, der zuletzt beim 32:23-Sieg gegen Großwallstadt am Mittwoch zum Einsatz kam. Besonders in den ersten Minuten gelang ihm kaum etwas. "Ich wollte mehr zeigen, als ich im Moment kann", weiß Hagen. "Deshalb habe ich viel verballert."

Wichtig sei aber, sich nicht zu viele Gedanken zu machen. Auch wenn es nicht wunschgemäß läuft, wäre es falsch, das eigene Spiel umzustellen. Zögern, statt den direkten Weg zum Tor zu wählen. Seinen Weg. Zwei Gegenspieler wie Kletten am Trikot, den Ball in der rechten Hand, der Blick wild entschlossen - so machte Hagen dem THW in der letzten Saison die Bahn zum elften Meistertitel frei. "Gegen Großwallstadt hat mir Noka eine Halbzeit geschenkt", meint er. "Vielleicht zahlt sich das gegen Wilhelmshaven schon aus."

Am 5. Juni, zwei Tage nach dem Saisonfinale, wird der gelernte Kaufmann in seine Heimatstadt Drammen zurückkehren. Mit seiner Frau Helle, einer Juristin, und den Söhnen Henrik und Christoffer. Neun Jahre nachdem Hagen sein Kinderzimmer verließ, um bei der SG Flensburg seine Europatour über Nordhorn, Barcelona und Kiel zu beginnen. "Wir sind uns zwar sicher, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben", sagt Hagen. "Aber so langsam überkommt uns Wehmut. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, dass wir in vier Wochen Kiel verlassen werden. Wir hatten hier zwei tolle Jahre." Beim THW seine Karriere beenden zu dürfen, sei für ihn eine besondere Ehre.

Frode Hagen hat bei Drammen HK, der Klub, mit dem er 1997 Meister wurde, einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieben. Aus ihm wird damit ein Handballer "mit einem norwegischen Durchschnittsgehalt" und ein Vater, für den dann endlich die Familie die erste Geige spielt.

Doch in seinen letzten sieben Spielen für den THW Kiel will er noch einmal alles daran setzen, den Titel an die Förde zu holen. Gegen den Wilhelmshavener HV haben die Zebras zwar noch nie verloren. Dennoch erwartet Hagen erheblichen Widerstand des Tabellen-15., der am Mittwoch in Gummersbach (26:29) knapp eine Sensation verpasste. "Wir sind die Gejagten und alle Gegner haben nur ein Ziel - sie wollen uns schlagen." Während Kiel durch den Ausfall von Szilagyi geschockt wurde, musste auch der WHV eine Hiobsbotschaft verkraften: Nationalspieler Jan-Henrik Behrends fällt nach einem Mittelfußbruch bis zum Saisonende aus. Ein herber Rückschlag für den zweitschlechtesten Angriff der Liga (724 Tore/Kiel 985).

Was Hagen noch zu Wilhelmshaven einfällt? "Auf dem Weg dahin fahren wir am Mühlenteich vorbei." In Varel-Obenstrohe, wo der THW sich stets mit einem knochenharten Trainingslager auf die Saison vorbereitet. Wenn der Klub ihn einladen würde, käme er gerne noch einmal nach Varel. Mit der Angel im Gepäck, um statt morgendlicher Joggingrunde mit seinem Ex-Trainer Noka Serdarusic gemütlich Fische aus dem Mühlenteich zu ziehen.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 06.05.2006)


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