17.05.2006 | Mannschaft |
Viktor Szilagyi: "Kurz daran gedacht, meine Karriere zu beenden" |
Mit einem Eisbeutel auf dem Knie saß der 27-Jährige anschließend auf der Ersatzbank. Die Schuhe zugebunden, die Finger noch getapt. "Ich hatte mit dem Spiel noch nicht abgeschlossen", sagt Szilagyi, der erst in der Kabine die Wahrheit erfuhr. Die Tage danach erlebte er in einer Zwischenwelt. Auf der Couch, während vor der Tür in seinem Wohnort Altenholz endlich die Sonne schien. Nicht in der Lage, sich ein Glas Wasser zu holen. Mit einer Schiene um das Knie, die er jeden Tag enger schnallen musste, weil die Muskeln schwanden.
"Da habe ich kurz daran gedacht, meine Karriere zu beenden", meint der österreichische Nationalspieler. In diesen Tagen seien ihm die Mannschaftskameraden eine große Hilfe gewesen, die ihn in der Klinik und zu Hause besucht haben. "Außerdem habe ich dauernd telefoniert." Beispielsweise mit Oleg Velyky, dem ehemaligen Gefährten aus Essener Zeiten. Der gebürtige Ukrainer, inzwischen deutscher Staatsbürger und Nationalspieler bei der SG Kronau, hatte kürzlich das gleiche Schicksal erlitten. "Sein erster Gedanke war, in die Ukraine zurück zu kehren", erinnert sich Szilagyi. "Inzwischen hat er seine Krise überwunden. Das macht auch mir Mut."
Szilagyi vor dem Mare Klinikum in Kronshagen. |
Seine Verletzung ist nicht nur ein schwerer Schlag für den THW. Auch seiner Nationalmannschaft, die sich im Juni in zwei Playoff-Spielen gegen Slowenien für die WM 2007 qualifizieren will, fehlt nun das Gehirn. "Unser Spiel war ganz auf mich zugeschnitten. In dieser kurzen Zeit wird es sehr schwer, alles umzustellen."
Mit kleinen Schritten möchte Szilagyi, der für das Reha-Programm den Urlaub mit Freunden in Kroatien absagte, zurückkehren. Zur Party auf dem Rathausplatz will er ohne Krücken kommen. Er freut sich auf den Tag, an dem er Fahrrad fahren und hinter dem Steuer seines Auto sitzen darf. Wenn er der Verletzung eine positive Seite abgewinnen kann, dann die, dass sie ihn erst am Saisonende traf. "Ich weiß, dass ich meinen Teil zur Meisterschaft beigetragen habe. Das hilft." Gut sei auch gewesen, dass er beim letzten Sieg (37:31) gegen Flensburg noch mitspielen und erleben durfte, wie eine ganze Halle "Deutscher Meister wird nur der THW" sang. Eine schöne Erinnerung, die ihn ablenkt, wenn er sich auf der Couch wieder einmal zu viele Gedanken macht.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 17.05.2006)
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