17.11.2006 | Mannschaft |
Im Grunde hatte Serdarusic also schlechte Laune. Aufs Gemüt geschlagen war ihm die ungewöhnliche Verletzungsserie mit Vid Kavticnik, Lars Krogh Jeppesen, Nikola Karabatic und Viktor Szilagyi. Ohne linken Rückraum kann normalerweise auch ein Spitzenteam nur vom rechten Weg abkommen. Dass das gegen Kronau nicht geschah, lag zum einen an Jeppesen. Die lädierte Rippe ließ er sich dick bandagieren, um in der Deckung gut gepolstert den Prellbock zu geben. "Einen großen Baustein", nannte der starke Linksaußen Dominik Klein das Engagement des dänischen Nationalspielers.
Ein anderer Baustein kam in Gestalt von Tobias Karlsson daher. Am Sonntag hatte der Schwede noch mit Hammarby IF in der Champions League gegen GC Kozina verloren. Am selben Abend telefonierte Noka Serdarusic mit Karlssons Trainer, dem früheren Kieler Rückraum-As Staffan Olsson. Einen ähnlichen Hilferuf hatte Manager Uwe Schwenker parallel nach Norwegen gesandt, doch vom interessierten Ex-Zebra Frode Hagen beziehungsweise dessen Klub Drammen eine Absage erhalten.
Also buchte Schwenker am Montag einfach ein Flugticket für Karlsson und wurde sich mit Olsson über eine sofortige Freigabe einig ("Großen Dank an Staffan"). Da der schwedische Handball-Verband und Bundesliga-Spielleiter Uwe Stemberg alle bürokratischen Hürden in Rekordzeit aus dem Weg räumten, stand der 25 Jahre alte Rückraumspieler am Mittwochabend auf der Platte. Auch für die Fans, die nach dem ersten Treffer des fünffachen schwedischen Nationalspielers in der vierten Minute noch leichte Probleme mit dem neuen Namen hatten, kam alles ziemlich schnell.
"Die ganze Angelegenheit ist für mich eine große Überraschung", gab Tobias Karlsson zu, "das geschah alles so plötzlich, dass ich gar keine Zeit hatte, nervös zu sein." Zugute kam dem siebten Schweden in der Zebra-Herde das Mitwirken seiner Landsleute. "Das hat mir natürlich sehr geholfen", meinte der fünffache Torschütze, der nur einmal, am Dienstag, mit seinen Kollegen trainiert hatte. Dominik Klein bezeichnete die unproblematische Integration des Neuen, der vor zwei Jahren schon mal mit dem THW während der gnadenlosen Saisonvorbereitung in Varel-Obenstrohe einschlägige Bekanntschaft geschlossen hatte, als "genial": "Mehr als ein paar Spielzüge konnten wir mit ihm ja nicht üben." Rechtsaußen Christian Zeitz hatte mit Karlsson vorher nur Floskeln ausgetauscht: "Hallo und wie geht's, mehr habe ich noch nicht mit ihm gesprochen."
Das wird sich ändern wie Serdarusics Laune. Karlsson, den laut Stefan Lövgren ein "unangenehmer Wackler" auszeichnet, hat nun zumindest bis zum Saisonende Zeit, die deutsche Sprache und den deutschen Handball kennenzulernen. Und suchen müssen wird ihn der THW wohl auch nicht mehr. Am Mittwoch hatte Schwenker eine Weile nach dem Neuen gefahndet, im gebuchten Kieler Hotel war Karlsson nie angekommen. Gefunden wurde er schließlich bei Kim Andersson. Dort hatte er die Nacht verbracht.
(von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 17.11.2006)
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