Tobias Karlsson ist ab sofort für den THW aktiv. © Foto-Montage

Den Zebras kam bei diesem Blitztransfer der gute Kontakt zu Hammarbys Coach Staffan Olsson zu Gute. Olsson, der mit dem Transfer auf einen seiner Stammspieler verzichten muss, sagte mit einem weinenden und einem lachenden Auge: "Das ist eine super Chance für 'Tobbe', bei einem der weltbesten Klubs zu spielen".

Karlsson, 1,96 Meter groß und 102 Kilogramm schwer, wurde im Oktober erstmals von Schwedens Nationalcoach Ingemar Linnell in das Trekroner-Team berufen und erzielte 14 Tore in fünf Worldcup-Spielen (siehe Bericht). Er überzeugte bei seinen Einsätzen nicht nur als Torschütze, sondern gab mit einer insgesamt sehr guten Leistung nachdrücklich seine Visitenkarte bei Linnell ab, der ihn auch prompt wieder für die beiden kommenden Testspiele in Deutschland nominierte (siehe Bericht). Zudem kann Karlsson Champions League-Erfahrung vorweisen - in den sechs Spielen der Gruppe G erzielte er immerhin 12 Tore.

Tobias Karlsson war im Finale um die schwedische Meisterschaft viermal erfolgreich. © alltomhandboll.nu

"Tobbe" lernte sein Handball-Einmaleins bei Hästö IF. Nach seinem Wechsel zum norwegischen Klub Stavanger Handball wurde er dort norwegischer Vizemeister. 2003 wechselte er dann nach Stockholm zu "Bajen", wie der schwedische Kultklub Hammarby von seinen Fans liebevoll genannt wird. 2006 gelang Karlsson dann unter dem Trainerduo Staffan Olsson und Magnus "Nollan" Grahn der große Wurf: Vor mehr als 12000 Zuschauern im Scandinavium von Göteborg schlug Hammarby die favorisierten Sävehofer im Endspiel um die schwedische Meisterschaft mit 34:31 (15:14) - und Tobias Karlsson war mit vier Toren am überraschenden Erfolg beteiligt (siehe ausführlicher Spielbericht).

In den vergangenen zwei Elitserien-Spielzeiten erzielte der Diplomkaufmann in 47 Spielen 146 Tore. In dieser Saison hat der Rechtshänder bisher 11 Tore in 7 Spielen erzielt.

Völlig neu dürften die Zebras und ihr Trainer für Karlsson, der am gestrigen Dienstag erstmals mittrainierte, nicht sein: Karlsson nahm im Sommer 2005 zusammen mit seinem Hammarby-Teamkollegen Lukas Karlsson und Thomas "Foppa" Forsberg bereits am traditionellen THW-Trainingslager in Varel/Obenstrohe (siehe Bericht) teil.

Hier geht es zu seinem Spielerporträt...

Lesen Sie auch das Kurzinterview mit Tobias Karlsson nach seinem ersten Bundesligaspiel.

 

Aktualisierung vom 16.11.

In der Pressekonferenz nach dem 37:32-Sieg gegen Kronau/Östringen äußerte sich Manager Uwe Schwenker zu den Hintergründen und dem Zustandekommen des Blitztransfers:

Tobias Karlsson hat bei uns einen Vertrag bis 30.06.2007 unterschrieben. Sonntag waren Noka und ich sehr nachdenklich mit Blick auf das Spiel gegen Kronau, haben noch bis tief in die Nacht zusammengesessen. Wir haben dann mit Frode Hagen telefoniert, der seine grundsätzliche Bereitschaft, uns zu helfen, signalisierte. Sein Verein Drammen HK hat uns dann verständlicherweise einen Strich durch die Rechung gemacht, sie wollen mit Frode und Glen Solberg noch etwas erreichen, sodass Frode uns Montag Mittag absagte. Montag Abend habe ich dann mit Staffan Olsson telefoniert, dass ich einen Flug für Dienstag Morgen um 9 Uhr gebucht habe und er Tobias Karlsson unbedingt in diesen Flieger setzen solle - schließlich sollte Tobias um 14.30 Uhr bereits mit der Mannschaft trainieren. Bei diesem Transfer half uns einmal mehr das gute Verhältnis, was wir zu ehemaligen Spielern haben, denn Staffan zeigte sich sofort bereit, uns mit Karlsson zu helfen. Gestern habe ich aus Wien, wo ich zur Champions League-Auslosung weilte, gemeinsam mit der Geschäftsstelle und dem Spielleiter Uwe Stemberg alles geregelt, so dass Karlssons Spielberechtigung gestern Abend vorlag.
Unser einziges Problem: Wir hatten ein Zimmer im Maritim-Hotel für ihn gebucht, heute Mittag riefen die Mitarbeiter des Hotels an, ob Herr Karlsson denn bald käme. Der erste Schrecken löste sich schnell auf, Kim Andersson hatte Karlsson nach dem Training mit zu sich nach Hause genommen...

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 16.11.2006:

Tobias Karlsson: Schnellster THW-Transfer aller Zeiten

Tobias Karlsson ist ab sofort für den THW aktiv. © Hammarby

Kiel - Am Dienstag schob THW-Manager Uwe Schwenker die Möglichkeit einer kurzfristigen Notverpflichtung für den durch Verletzungen verwaisten Platz im linken Rückraum noch ins Reich von Spekulationen. "Ich habe kaum Hoffnung." Gestern Abend rieben sich die Zuschauer in der Ostseehalle verwundert die Augen. Beim Einlaufen steckte ein Mann im Zebra-Trikot, den niemand kannte. Wenig später feierte Kiels schnellster Eiltransfer aller Zeiten seine Premiere im THW-Team gegen Kronau.

Die Daten des Last-Minute-Transfers: Name: Tobias Karlsson, Größe: 1,97 m, Alter: 25, Position: Halblinks, Herkunft: Hammarby IF, aktueller schwedischer Meister mit Trainer Staffan Olsson, Ex-Zebra.

Mit dem Namen Staffan Olsson, von 1996 bis 2003 Säule im Spiel des deutschen Handball-Rekordmeisters, erklärt sich der Wechsel. Olsson war spontan bereit, nach dem Ausscheiden aus der Champions League auf seinen torgefährlichen Rückraumspieler für den Rest der Saison zu verzichten. "Staffan hat Tobias Karlsson den Wechsel empfohlen, dafür sind wir ihm sehr dankbar", sagt Uwe Schwenker, der angefragt hatte, nachdem "Wunschkandidat Frode Hagen am Montag die Freigabe von seinem Klub Drammen HK verweigert worden war. Da Hammarby, der schwedische Verband und auch die Handball-Bundesliga (HBL) die Spielberechtigung zügig vorantrieben, erschien Karlsson am Dienstag erstmals zum THW-Training, gestern Abend stand er im Rampenlicht der Ostseehalle. "Das phantastische Publikum hat mir sehr geholfen", strahlte Karlsson mit einer Flasche Sekt unter dem Arm für seine gemeinsame Wahl mit Dominik Klein zum wertvollsten Kieler Spieler.

"Tobias hat sich in jüngster Vergangenheit in den Vordergrund gespielt und den Sprung ins Nationalteam geschafft", so Schwenker. Dort habe er sich mit den THW-Schweden einspielen können. "Das erleichtert die Integration ins THW-Team, auch wegen der Sprache." Karlsson unterschrieb einen Vertrag bis zum 30. Juni 2007, ist allerdings nicht für die Champions League spielberechtigt.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 16.11.2006)

 

2. Aktualisierung vom 16.11.

Aus www.handball-world.com:

Tobias Karlsson: Innerhalb von 48 Stunden in die große Handballwelt

Auf der Suche nach einem Spieler, der die große Lücke in linken Kieler Rückraum füllen könnte, wurde der THW Kiel in Schwedens Hauptstadt fündig. Der 25-jährige Tobias Karlsson wurde in einem Blitztransfer bei Hammarby IF losgeist und wurde bei seinem ersten Einsatz für den THW am gestrigen Mittwoch direkt zum "Spieler des Tages" gewählt (siehe Spielbericht).

Am Sonntag bemühte sich der THW noch um eine Rückkehr des Norwegers Frode Hagen. "Sonntag waren Noka und ich sehr nachdenklich mit Blick auf das Spiel gegen Kronau, haben noch bis tief in die Nacht zusammengesessen", sagte Uwe Schwenker. "Wir haben dann mit Frode Hagen telefoniert, der seine grundsätzliche Bereitschaft, uns zu helfen, signalisierte." Doch sein Klub Drammen HK hat in dieser Saison zusammen mit Glen Solberg noch einiges vor und erteilte dem Vorhaben eine Absage.

Am Montag Mittag trudelte die Absage aus Norwegen ein. "Montag Abend habe ich dann mit Staffan Olsson telefoniert, dass ich einen Flug für Dienstag Morgen um 9 Uhr gebucht habe und er Tobias Karlsson unbedingt in diesen Flieger setzen solle", schildert Kiels Manager den Ablauf des Blitztransfers. Der Ex-Kieler, der mittlerweile Trainer beim schwedischen Meister Hammarby IF ist, zeigte sich gegenüber seinem alten Arbeitgeber sofort hilfsbereit. "Das ist für unsere jungen Spieler eine Riesenchance", sagte der Schwede, "Tobias kann nun bei einem der weltbesten Klubs einen großen Schritt nach vorne machen."

Während Uwe Schwenker am Dienstag telefonisch aus Wien, wo er zur Champions League Auslosung weilte, alle Formalitäten zusammen mit HBL-Spielleiter Uwe Stemberg regelte, tauchte Tobias Karlsson pünktlich zum Nachmittagstraining in Kiel auf.

"Als Staffan mich gefragt hat, musste ich erst mit meinem Arbeitgeber reden", sagte Karlsson, der wie alle schwedischen Handballer einem Teilzeit-Beruf nachgeht. Sein Arbeitgeber, ein Sponsor des Hauptstadt-Klubs, legte ihm keine Steine in den Weg und stellte ihn bis zum 30. Juni 2007 frei.

Alles war geregelt, die Spielberechtigung lag vor. Nervös wurde Kiels Manager am Mittwoch nachmittag dann aber doch noch einmal. "Wir hatten ein Zimmer im Maritim-Hotel für ihn gebucht, am Mittag riefen die Mitarbeiter des Hotels an, ob Herr Karlsson denn bald käme. Der erste Schrecken löste sich schnell auf, Kim Andersson hatte Karlsson nach dem Training mit zu sich nach Hause genommen."

Vor seinem ersten Auftritt im THW-Trikot wurde dann auch Karlsson nervös. "Ich habe die Nacht nach den ganzen Strapazen gut geschlafen, aber als ich dann in der Ostseehalle auf den Einlauf wartete, wurde ich sehr nervös", gestand der 25-jährige Rechtshänder auf englisch. "In Schweden spielen wir vor durchschnittlich 1.500 Zuschauern, da sind über 10.000 schon sehr aufregend". Und wie gefällt ihm die Ostseehalle? "Sehr gut", schießt es auf deutsch aus ihm heraus.

Mit seinem ersten Spiel kann Tobias Karlsson ebenfalls zufrieden sein. Fünf Tore machte der Rechtshänder, der nach dem Spiel gegen Kronau zum "Spieler des Tages" gewählt wurde. Und die Zuschauer waren sich einig: An dem werde man in Kiel noch viel Freude haben.

Das sah auch der in Sachen öffentliches Lob sehr zurückhaltende Noka Serdarusic so. "Er kam von seinem Champions League-Spiel mit Hammarby in Kozina zurück, übernachtete dann in Schweden, um Dienstag früh gleich nach Kiel zu kommen. Gestern im Training und heute hatte er großes Nervenflattern, wenn sich das legt, bin ich mir sicher, dass er uns in den nächsten Spielen noch mehr helfen wird", sagte der Trainer-Fuchs gestern nach dem Sieg über Kronau/Östringen.

Allerdings wird Karlsson dem THW nicht in der Champions League helfen können, da er bereits mit Hammarby in der Gruppenphase aktiv war. Doch bis zum Achtelfinal-Hinspiel gegen Chambery am 4. Dezember hofft man in Kiel auf die Rückkehr von Jeppesen, der bereits gestern trotz kaum verheilter Rippenbrüche wieder besonders in der Abwehr ackerte. Und auch Viktor Szilagyi, der in dieser Woche wieder ins Mannschaftstraining einsteigen will, plant erste Kurzeinsätze für Anfang Dezember.

(Von Olaf Nolden, © www.handball-world.com)