Von Erik Eggers, aus der "Handball-Woche" 15/2007:
Ein wenig Ungläubigkeit ist immer noch dabei. Die Art und Weise, wie der Weltmeistertitel vor gut zwei
Monaten zustande kam, in seinem erst 40. Länderspiel, das kann
Dominik Klein jedenfalls manchmal selbst
kaum fassen. "Neulich", erzählt der Linksaußen vom THW Kiel, "habe ich gemeinsam mit Toto noch einmal
das
Halbfinale gegen Frankreich angeschaut". Über diese spektakulären 80 Minuten mit einer Dramaturgie,
die sich keiner hätte ausdenken können, "haben wir alle zwei Minuten den Kopf geschüttelt", berichtet
Klein, der in der Verlängerung für seinen entkräfteten Kumpel
Jansen im Angriff gespielt hatte. Vor
allem eine Szene ist Millionen Zuschauern noch in Erinnerung: Dieser von Baur eingeleitete Kempa-Trick
zum 23:23, den
Klein in den rechten Giebel des französischen Tor geschmettert und damit die Kölnarena
zum Beben gebracht hatte.
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Die Handball-Woche.
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Unheimliche Spielfreude
Am Samstag, gegen Portugal in Mannheim, versuchten Baur und
Klein eine Doublette, aber der Keeper
vereitelte das Kunststück. Und dennoch begeisterte
Klein, der sich die Spielzeit mit
Jansen und
Gensheimer teilte, mit seinen raketenartigen Tempogegenstößen und Trickwürfen die Zuschauer. "Er strahlt
eine unheimliche Spielfreude aus", sagte Bundestrainer Brand danach, "man merkt, wie viel Spaß er am
Handball hat". Überhaupt habe sich
Klein "sicherlich sehr gut entwickelt und sehr stabil geworden".
Speziell beim Tempogegenstoß und als Spitze einer 5:1-Deckung habe er sich verbessert. "Er hat von
Noka Serdarusic viel gelernt", sagt Brand. Allein bei Würfen von Linksaußen sieht Brand "noch Nachholbedarf".
Über seine Defizite ist sich
Klein, der im Juni 2005 in Tel Aviv debütierte, im Klaren. "Ich muss noch
an meiner Wurfeffektivität von außen arbeiten", sagt er, "und in der Abwehr will ich irgendwann auch auf
der Halbposition decken". Derzeit mache es ihm aber auch "viel Spaß, da vorn zu decken".
Dass ihn der WM-Triumph nicht aus der Bahn wirft, haben die letzten Monate gezeigt. Da ist der
"Benjamin" des Weltmeisters ist zwar oft gefeiert worden, er hat viele Autogrammwünsche erfüllt und
viele Interviews gegeben. Aber abgesehen vom ersten Ligaspiel nach der WM gegen HSV, als er einen
schwarzen Tag erwischte, hat Klein, noch selbstbewusster geworden, seinen hohen Leistungsstand
mindestens konserviert. Die Aussage seines Clubtrainers aus dem Herbst, er stecke manchmal mit "zwei
Fingern in der Steckdose", hat er sich dabei zu Herzen genommen. Mittlerweile ist er viel abgeklärter
vor dem Tor, verzögert auch mal einen Wurf - zu sehen etwa beim Auswärtsspiel in der Kölnarena, als
seine Tempogegenstöße den VfL Gummersbach förmlich zerstörten. In der Champions League kassierte er nach
dem Halbfinalrückspiel gegen Pamplona gar ein Lob vom besten Handballer der Welt. "You are fucking
fast", sagte Ivano Balic zu Klein, der ihn über lange Zeit eng beschattet hatte, "du bist verdammt
schnell" - was Klein sehr freute: "Ein besseres Kompliment gibt es nicht."
Ausruhen werde er sich nicht auf der Vergangenheit, bekräftigt er. Da ist zunächst das Final Four ("da
war ich schon im letzten Jahr eingeladen, das ist eine tolle Atmosphäre"), danach kommen die Champions
League-Endspiele gegen Flensburg, und im Mai will er, dessen Vertrag in Kiel noch bis 2009 läuft, zum
ersten Mal Deutscher Meister werden. "Wir sind mit dem THW schließlich erst auf der Zielgeraden und noch
nicht am Ende", sagt Klein. Nicht unwahrscheinlich also, dass er schon in so jungen Jahren die
erfolgreichste Saison seines Karriere spielt.
(Von Erik Eggers, aus der "Handball-Woche" 15/2007)