04.03.2008 | Mannschaft |
Christian Zeitz hat wieder eine Chance vertan. Seit Wochen sucht der introvertierte THW-Star vergeblich seine Form und die eigene Zufriedenheit. Teilnahmslos hockt "Zeitzi" auf der Auswechselbank. Leerer Blick, eingezogene Schultern. Beim Schlusspfiff eilt er an den Autogrammjägern vorbei Richtung Kabinengänge. Kein Kontakt, keine Kommentare. Aber Zeitz muss nicht reden, die Körpersprache des 143-fachen Nationalspielers verrät alles. Zeitz wirkt hilf- orientierungsund mutlos, der Liebling der jugendlichen Fans kommt nach einer Serie von Verletzungen nicht mehr auf die Beine.
Die Malaise begann im Herbst mit einer Hüftoperation, es folgten eine Nach-OP, Schulterschmerzen. Den "alten" Zeitz suchte man schon vor der Europameisterschaft vergeblich. So flog er nur halb fit nach Norwegen, die EM geriet zum Flop. Zeitz wirkte angeschlagen, geriet in die Schlagzeilen des Boulevards und musste sich via TV von seinem ehemaligen Mitspieler Stefan Kretzschmar anhören, dass er dick geworden sei.
Das Ende der EM ist wie eine Erlösung, der Mann mit der linken Klebe setzt auf Ruhe und Besserung beim Heimatklub. Doch das Pech bleibt ihm treu: Zeitz bringt neue Verletzungsprobleme mit nach Hause: die Wurfhand ist kaputt. Das Durchstarten mit Hilfe seines väterlichen Freundes Noka Serdarusic misslingt. "Ich weiß nicht, was mit ihm los ist", klagt der Meistercoach und wirkt erstmals ratlos.
Selbst die Homepage des Internet-Fans Zeitz verwaist. Die letzte Eintragung stammt vom 9. Januar. "Gesundes Neues!" wünscht er seinen Anhängern und schreibt: "Mit dem Start ins neue Jahr will ich mit dem THW die Tabellenführung zurück erobern." Das ist längst geschehen. Zeitz selbst trug nur wenig dazu bei. Kleine Krisen begleiteten ihn immer. Das liegt an seiner Auffassung von Handball, dem Unberechenbaren, das seinem Spiel beiwohnt. Zeitz übt den Tanz auf dem Vulkan, er wandelt oft auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn. Das polarisiert, die Fans lieben ihn oder winken ab.
Jetzt winken sehr viele ab. Unterstützung erfährt er vom eigenen Team. Natürlich. Beim THW-Tanz auf drei Hochzeiten wird jede Hand gebraucht. "Zeitzi wird wieder kommen, diese Täler hat er immer gehabt und gemeistert", macht Kapitän Stefan Lövgren Mut. Lövgren sagt aber auch: "Er muss ja nicht immer wilde Sachen machen." Am Donnerstag gegen US Ivry bekommt Zeitz seine nächste Chance. Vermutlich. Die Wünsche seines Kapitäns nimmt er dann mit in die Halle: "Christian braucht ein Erfolgserlebnis. Dann klappt wieder alles wie von selbst."
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 04.03.2008)
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