Aus den Kieler Nachrichten vom 25.08.2009:

Die neueste Wasserstandsmeldung zur Verpflichtung von "Air France" war gestern auf der Homepage von Chambery HB abzulesen. Der französische Vizemeister nahm dort Abschied von seinem Superstar, der zwei Jahre zuvor vom Bundesligisten VfL Gummersbach in die Heimat zurückgekehrt war. "Wir bedanken uns für das, was Daniel für den Club geleistet hat", wird Präsident Alain Poncet zitiert, der dem Rückraumspieler ein "wunderschönes Abenteuer" in Kiel wünscht und ihm verspricht, dass er "Teil der Familie bleiben wird".

Beim THW soll der Wunschspieler von Alfred Gislason einen Vier-Jahres-Vertrag unterzeichnen. Über das Gehalt und die Ablöse vereinbarten beide Clubs Stillschweigen. "Die Summen, die zuletzt gehandelt wurden, sind unrealistisch", meint Ong. Spekuliert wurde mit einem Netto-Monatsgehalt von 35.000 Euro und einer Ablöse von 1,5 Millionen Euro. Zuletzt hatte Thorsten Storm, Manager der ebenfalls stark an Narcisse interessierten Rhein-Neckar Löwen, erklärt, sein Club hätte sich die Dienste des Welt- und Europameisters 1,3 Millionen Euro Ablöse und ein Netto-Monatsgehalt von 32 000 Euro kosten lassen. Summen, die Derad immer wieder als "Wahnsinn" bezeichnet hatte. "Es kann auch nicht sein, dass ein Spieler zu einem bestimmten Club wechseln will, sein Verein ihn aber meistbietend verkaufen möchte. Handballer sind doch keine Ware."

Angeblich hat der THW Kiel den Transfer mit einem neuen Ablösemodell eingefädelt, das im Fußball an der Tagesordnung ist. Demnach kassiert Chambery HB jetzt rund 600 000 Euro und wird an künftigen Erfolgen der "Zebras" beteiligt. Ong sagte zu dem "good deal" lediglich, dass die Betroffenen "good money" verdienen würden. "Jetzt ist jeder glücklich."

Derad wollte sich zu Zahlen nicht äußern, betonte aber, dass, egal, um welches Ablösemodell es sich handeln würde, unter dem Strich "niemals 1,5 Millionen Euro stehen werden".

Ong, der kürzlich die THW-Stars Nikola Karabatic und Vid Kavticnik für 1,5 Millionen Euro nach Montpellier vermittelte, bestätigte intensive Verhandlungen zwischen den Vereinen. "Die Verantwortlichen von Chambery haben wie Katzen um das Geld gekämpft."

Der Club war in große finanzielle Schwierigkeiten geraten, nachdem der Hauptsponsor abgesprungen war. Deshalb musste Chambery vor dem Narcisse-Transfer bereits Rückraumspieler Jure Natek (27) ziehen lassen. Mit dem 130-fachen slowenischen Nationalspieler war auch die letzte Hoffnung verflogen, den Rückstand zu dem in der französischen Liga übermächtigen Team aus Montpellier verkürzen zu können. Narcisse, der 2001 mit Chambery seinen bislang einzigen Titel mit einer Clubmannschaft gewonnen hatte, sah keine Perspektive mehr. "Er wollte unbedingt nach Kiel, deshalb mussten die Vereine eine Lösung finden", sagt Bhakti Ong, der zuversichtlich ist, dass Narcisse mit seiner Familie bereits in dieser Woche nach Kiel fliegen wird, um sich hier ein Haus zu suchen. In den Transferverhandlungen könnte sich zu Gunsten der Kieler ausgewirkt haben, dass Chambery bereits drei neue Spieler unter Vertrag genommen hat und dringend auf Einnahmen angewiesen ist.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass Narcisse bereits morgen bei der Saisonpressekonferenz des THW vorgestellt wird und am Sonntag beim "Unser-Norden Cup" erstmals in der Kieler Arena als "Zebra" einlaufen wird. Eine der drei Gastmannschaften kennt er nur zu gut: Montpellier mit Karabatic und Kavticnik.

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 25.08.2009)