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15.12.2009 Verein / Interview

"Handball-World": Uli Derad vor den Derbys: "Es knistert"

Von Frank Schneller, © 2009 www.handball-world.com:

Uli Derad: "In Kiel weiß man, wie man große Siege erringt."
Klicken Sie zum Vergrößern! Uli Derad: "In Kiel weiß man, wie man große Siege erringt."

Seit dem Sommer ist Uli Derad Manager des THW Kiel. Duelle in der Vorrunde der Champions League gegen den FC Barcelona standen bereits auf dem Programm und somit große Handballfeste, aber in dieser Woche hält der Terminkalender gleich zwei richtungsweisende Partien für den Meister und Pokalsieger bereit: Zunächst heißt es auswärts "Alles oder Nichts" im Pokal gegen den alten Rivalen Flensburg (siehe Vorbericht), danach geht es ins richtungsweisende Duell der Meisterschaft gegen den neuen Hauptkonkurrenten, den HSV.
"Natürlich verspüre ich eine gewisse Anspannung, ein Kribbeln", erklärt Uli Derad im Interview, das Frank Schneller für handball-world.com führte. "Mir geht es da ähnlich wie der Mannschaft und Trainer Alfred Gislason. Wir alle freuen uns auf diese Spiele", so Derad weiter, der auch über die bevorstehenden Partien hinaus blickt.
Handball-World:
Herr Derad, Ihnen als neuer Geschäftsführer des THW Kiel steht sportlich die erste wirkliche Woche der Wahrheit bevor: Das schwere Pokalspiel in Flensburg und der Bundesligagipfel gegen den HSV. Wie gehen Sie persönlich damit um?
Uli Derad:
Zu sagen 'ganz locker' wäre aufgesetzt und nicht authentisch. Natürlich verspüre ich eine gewisse Anspannung, ein Kribbeln. Am besten zu beschreiben ist das wohl mit Vorfreude. Mir geht es da ähnlich wie der Mannschaft und Trainer Alfred Gislason. Wir alle freuen uns auf diese Spiele.
Handball-World:
Der THW kann aber viel verlieren in dieser Woche ...
Uli Derad:
Das ist absolut nicht die Kieler Herangehensweise an solche Aufgaben. Wir können viel gewinnen. Und in Kiel weiß man, wie man große Siege erringt. Für solche Partien spielen unsere Jungs doch überhaupt erst Handball. Das sind die Spiele, auf die sie hinfiebern. Die sind heiß. Es knistert.
Handball-World:
Ist der verletzungsbedingte Ausfall von Daniel Narcisse ein Handicap, das am Ende den Ausschlag geben könnte?
Uli Derad:
Daniels Ausfall schmerzt, keine Frage. Er ist ein Ausnahmekönner. Aber auch damit wird in Kiel auf ganz besondere Art und Weise umgegangen. Es ist ja ohnehin nicht zu ändern. Der Ausfall von Leistungsträgern war nie und wird kein Thema sein im Kreise der Mannschaft. So etwas galt noch nie als Alibi. Natürlich fehlt uns eine wichtige Option, aber die anderen Spieler rücken aufgrund dessen eben noch enger zusammen. Einige haben mir gesagt: "In solchen Situationen haben wir schon oft ganz besondere Leistungen abgeliefert."
Handball-World:
Nach dem Motto 'jetzt erst recht' ...
Uli Derad:
Wobei dieses 'jetzt erst recht' in Kiel sehr, sehr glaubwürdig klingt. Ich bin daher ganz optimistisch, dass wir uns richtig gut präsentieren werden. Ich hoffe auf eine 'Kieler Woche' im Dezember.
Handball-World:
Der HSV kommt mit dem angeblich vormals auch vom THW umworbenen Duvnjak, der groß eingeschlagen hat nach seinem Wechsel in die Bundesliga. Neidisch?
Uli Derad:
Nein. Neid ist mir erstens persönlich fremd und zweitens gewiss kein Leitmotiv beim THW. Warum sollten wir auf irgendwas oder irgendwen neidisch sein? Fakt ist: Duvnjak ist ein Riesentalent, ein großartiger Spieler - wie übrigens alle Jungs beim HSV. Das steht außer Frage. Aber wir sind froh über unsere eigenen Spieler und dass diese bei uns sind.
Handball-World:
Wie steht es mit dem 'Sieger-Gen' des THW. Ist das auch ohne Nikola Karabatic und Stefan Lövgren noch vorhanden?
Uli Derad:
Ja. Ist es. Auch wenn die genannten Spieler natürlich große Siegertypen waren bzw. sind. Ich habe aber großes Vertrauen in unser Team und unseren Trainer. Deswegen stelle ich mich natürlich trotzdem nicht hin und sage 'wir fegen Flensburg und Hamburg von der Platte' - Respekt muss man schon haben. Flensburg hat den Heimvorteil - auch wenn den unsere Jungs zuletzt zweimal zunichte machten, worauf sie erneut ziemlich heiß sind - und die Hamburger haben inzwischen einen Kader beieinander, mit dem sie erfolgreich sein müssen. Nicht müssten - müssen!
Handball-World:
Schieben Sie die Favoritenrolle von sich?
Uli Derad:
Man muss differenzieren - und das tue ich dann tatsächlich auch sehr unaufgeregt. Schauen wir auf die Ausgangslage: Mit dem Potential, über das der HSV verfügt, muss er uns in unserem ersten Jahr nach Lövgren und Karabatic doch eigentlich packen, sonst müssten sie sich irgendwann mal überlegen, unser ganzes Team zu kaufen. Im Ernst, ich sehe das so: In Flensburg sind wir am Mittwoch trotz der Auswärtssituation Favorit, auch wenn wir mit einem packenden Derby rechnen und nicht noch mal mit solch einem Durchmarsch wie beim Punktspiel. Der Druck am Sonntag aber liegt auf dem HSV.
Handball-World:
Fällt im Spiel gegen den HSV eine Vorentscheidung in der Meisterschaft?
Uli Derad:
Nein. Keineswegs.
Handball-World:
Glauben Sie, dass es in der Liga beim Zweikampf Kiel/Hamburg bleibt?
Uli Derad:
Ja, das vermute ich, auch wenn die Rhein-Neckar Löwen natürlich ebenfalls einen Kader beisammen haben, mit dem sie noch mal eingreifen könnten, wenn der HSV oder wir noch woanders Punkte lassen. Aber darauf schauen wir letztlich sowieso nicht. Wir konzentrieren uns auf uns. Groß kalkuliert, wer, wann, wie gegen wen, wurde beim THW ja noch nie. Die Mannschaft mag sich nominell verändert haben, die Lust auf Siege und Titel aber ist unverändert.
(von Frank Schneller, © 2009 www.handball-world.com)


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