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30.12.2009 Mannschaft

ZEBRA: Igor Anic: Ein Spieler wird erwachsen

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "ZEBRA", von living sports:

Igor Anic.
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Die kommende Saisonhälfte könnte seine letzte in Kiel sein. Für Igor Anic beginnt mit der Handballpause nach dem heutigen Spiel eine wichtige Phase in seinem Leben. Bleibt er beim THW Kiel, oder wechselt er, gemeinsam mit Freundin Anja und Hund Tyson, zu seinem anderen Verein der Bundesliga?
Handballhalbzeit - "dies ist die Zeit, in der verhandelt wird", so bezeichnet sie Anic. Ab Sommer 2010 spielt Milutin Dragicevic, serbischer Kreisläufer bei BSV Bjerringbro-Silkeborg, im schwarz-weißen Dress des THW Kiel. Zählt man nun eins und drei zusammen, gäbe es dann mit Marcus Ahlm, Igor Anic, Milutin Dragicevic und Hendrik Pekeler insgesamt vier etatmäßige Kreisläufer an der Förde. "Alfred und Uli sind mit meiner Leistung zufrieden, ich bin jedoch noch ein junger Spieler und hinter Marcus, der als Kreismann einfach unschlagbar ist, ist es für mich schwer, Spielpraxis zu sammeln", so Anic, dessen Weiterentwicklung in den vergangenen Jahren vielleicht langsamer vonstatten gegangen ist, als es sich viele gewünscht haben: "Seitdem Alfred Gislason aber mein Trainer in Kiel ist, habe ich mehr Spielanteile bekommen und eine Menge an Selbstvertrauen getankt", blickt Anic zurück. Er habe jemanden gebraucht, der ihm nach einem Spiel oder nach einer Trainingseinheit erklären kann, wo die Fehler liegen, jemanden, der mit ihm spricht und der ihm das Gefühl gibt, kein hoffnungsloser Fall, der auf der Bank sitzen bleibt, zu sein. "All dies habe ich in Alfred gefunden. Das war wichtig für mich, wichtig für den THW Kiel und wichtig für meine Zukunft", sagt der Franzose.

Die Situation, in der er nun sei, sei sicherlich nicht einfach. Vor einiger Zeit wurde Dragicevic verpflichtet, in einer Zeit, in der Anic noch längst nicht so weit war, wie er heute ist. Dass dies jedoch womöglich seinen Abschied aus Kiel bedeuten könnte, macht ihn traurig, eröffnet jedoch auch neue Chancen. "Ich möchte in Kiel bleiben. Die drei Jahre, in denen ich nun beim THW spiele, waren tolle Jahre", so der 22-Jährige. Käme es jedoch zu der Entscheidung, dass er den Verein verlasse, so würde er auch daraus das Beste machen; da ist er sich sicher. "Ich weiß, dass ich, um mich noch weiter zu entwickeln, mehr spielen muss", sieht er die Situation realistisch.

In die große weite Welt zieht es den zwei-Meter-Mann indes nicht. Wenn er denn wechseln müsse, betont Anic, dann würde er gerne in der Bundesliga bleiben. Nirgendwo anders sei das Niveau so hoch, nirgendwo anders könne man so guten Handball vor meist ausverkauften Rängen spielen. Das klingt wie eine Liebeserklärung sowohl an seinen jetzigen Verein, als auch an die TOYOTA Handball-Bundesliga. Es geht ihm gut in Kiel und in Deutschland. "Am Anfang hatte ich sicherlich Probleme mit der Sprache und einer neuen Umgebung", so Anic, der diese Startschwierigkeiten heute bei seiner Freundin Anja Polanec wiederfindet. "Sie ist gebürtige Slowenin und wohnt seit August in Kiel", erzählt er begeistert von seiner Lebensgefährtin. Seit einigen Monaten lerne sie die deutsche Sprache in der Schule und habe inzwischen ein paar Freundinnen gefunden, leicht sei so ein Neustart in einem fremden Land jedoch nicht.

Sieht man die beiden heute zusammen, so sehen sie beinahe aus wie eine Kleinfamilie. Zusammen mit Hund Tyson gehen Igor und Anja häufig in der Kieler Innenstadt bummeln und erkunden die Kiellinie bei einem Spaziergang. "Wir haben uns im Spätsommer eine französische Bulldogge gekauft, da Anja - auch wegen der vielen Auswärtsfahrten - nicht so viel allein sein wollte", erzählt der Kreisläufer. Früher habe er zuhause bei seinen Eltern aber auch schon einen Hund gehabt. "Wir hatten einen Husky, so einen Hund jedoch hier in Kiel einer Wohnung zu halten, geht nicht", ist sich Anic seiner Verantwortung für das neue Familienmitglied bewusst. Beide, Igor Anic und seine Freundin, üben, wie es ist, Verantwortung für ein Lebewesen zu übernehmen. "Aber auch wenn ich noch so glücklich momentan bin, ein Kind ist nun wahrlich noch kein Thema." Dafür müsse man noch reifer im Kopf seinen, gibt der 22-Jährige zu. "Manchmal fühle ich mich doch selbst noch wie ein Kind." Ein Kind allerdings, das so langsam erwachsen wird. Sowohl persönlich als auch sportlich.

Am 2. Januar 2010 wartet als Lohn für die letzten harten Trainingsjahre zum zweiten Mal das Nationalmannschaftsteam Frankreichs auf Anic. "Es ist für mich eine große Ehre, dass ich zum erweiterten Kreis der Nationalmannschaft gehören darf und somit in ein paar Tagen mit in die Vorbereitung auf die EM einsteigen kann", freut er sich. Dass dafür ein wohlverdienter Urlaub hinfällig ist, interessiert ihn eher weniger. "Gewiss wäre es auch schön gewesen, mal ein paar Tage entspannen zu können", gibt er zu. Es sei jedoch der Traum von vielen Handballern, und auch von ihm, in der Nationalmannschaft für ihr Land spielen zu können, und deshalb werde er keine Sekunde an Urlaub, sondern nur an die nächste Trainingseinheit denken. Dass nun in den nächsten Stunden nicht viel Ruhe im Hause Anic einkehren wird, liegt dabei auf der Hand. Koffer werden gepackt, und das neue Jahr soll begossen werden. Schon seit einer Woche weilt sein Bruder in Kiel. Gemeinsam mit Anja und dem Bruder feierte Igor Anic das Weihnachtsfest - der Silvesterabend soll nun ebenso ruhig und besinnlich werden. Ruhig soll es ausklingen, das Jahr 2009, und doch umso imposanter und aufregender soll 2010 beginnen.

ZEBRA:
Mit Alfred Gislason kam für Sie das Glück. Was ist er für ein Typ?
Igor Anic:
Alfred ist ein offener Mensch, er lacht viel und hat Spaß an seiner Arbeit. Er hilft besonders jungen Spielern, Vertrauen in sich zu haben, sie brauchen Erfahrung, die ein Trainer wie Alfred ihnen leicht vermitteln kann. Ich kannte ihn vorher ja nicht persönlich, nur als Trainer von anderen Vereinen. Ich bin froh, dass ich ihn als Trainer habe.
ZEBRA:
Was sind Ihre Aufgaben als Kreisläufer?
Igor Anic:
Kreisläufer haben eine schwierige Position. Sie kommen später groß raus als Spieler auf anderen Positionen, sie müssen eine gewisse Masse haben und sich am Kreis lange bewähren und Erfahrungen sammeln. In meinen Augen ist es eine spezielle Position. Das Publikum sieht oft gar nicht, was ein Kreisläufer macht. Die Feinheiten, das Stellen einer Sperre oder die Tatsache, dass man zwei Gegenspieler auf sich zieht, entgehen den Zuschauern meistens.
ZEBRA:
Im Sommer kommt Milutin Dragicevic und nimmt Ihnen Ihre Position.
Igor Anic:
Ach, so denke ich nicht. Ich bin auch nicht sauer auf ihn. Wieso auch? Er ist ein guter Spieler, er kann nichts dafür, dass wir dann ab Sommer zu viert auf einer Position wären. Noka dachte damals, dass ich mich nicht so entwickeln würde, wie ich es nun getan habe. Nun müssen wir schauen, wie wir alle mit der Situation umgehen in der Zukunft.
ZEBRA:
Sie haben eine Menge Zuwachs bekommen - Freundin, Hund.
Igor Anic:
Ja, wir sind wie eine kleine Familie geworden. Es ist alles sehr schnell gegangen. Vieles ist neu für mich. Zwei Jahre habe ich alleine in Kiel gelebt. Nun komme ich nach Hause und bin nicht mehr alleine. Es hilft mir, dass Anja da ist und mir Halt gibt. Und auch Tyson, unser Hund, ist eine wahre Bereicherung für uns.
ZEBRA:
Sie sehen auch viel glücklicher aus.
Igor Anic:
Ich glaube man sieht an vielem, dass es mir viel besser geht. Ich habe ein Foto von mir von vor einem Jahr gesehen. Da habe ich 115 Kilo gewogen und war unglücklich. Das ist nicht mit heute zu vergleichen. Heute habe ich meiner Meinung nach ein anderes Auftreten.
(Von Annika Stöllger, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "ZEBRA", von living sports)


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