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22.10.2010 International

Marko Vujin dritter serbischer Weltklassespieler beim THW Kiel

Von Dr. Oliver Schulz:

Marko Vujin wechselt zur Saison 2012/13  zum THW Kiel.
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Vor 13 Jahren landete der THW Kiel mit der Verpflichtung des 25-jährigen Nenad Perunicic den Transfercoup schlechthin. Mittlerweile ist fast ein Jahrzehnt vergangen, seit der gebürtige Montenegriner den deutschen Rekordmeister wieder verlassen hat. Nach langen Jahren schwedischer Prägung wurde der edle Kader des Champions-League-Siegers in letzter Zeit durch die beiden serbischen Weltklassespieler Momir Ilic und Milutin Dragicevic weiter aufgewertet. Marko Vujin, einer der besten Halbrechten Europas, stammt als neuestes Juwel des THW ebenfalls aus dem Land im Herzen des Balkans und ist im selben Alter wie einst Perunicic.
In der Vergangenheit trumpfte Ligakonkurrent Hamburg mit der Verpflichtung eines bärenstarken kroatischen Trios auf: zwei Rückraumspieler, Lackovic und Duvnjak, sowie Kreisläufer Vori prägen seitdem das Spiel der Hanseaten. Knapp 100 Kilometer nördlich steht Rekordmeister Kiel bald ein serbisches Dreigestirn vom Feinsten zur Verfügung. Schnalzten die Fans zunächst bei der Verpflichtung des "Bombers vom Berg Bukulja", Momir Ilic, mit der Zunge, konnten sie sich zu Saisonbeginn über den Dienstantritt von "Herkules" Milutin Dragicevic freuen. Im Sommer 2012 wird mit Marko Vujin das Pendant Ilics auf der anderen Halbposition zur Zebraherde stoßen.
Dreifacher serbischer Dynamit für Kiel
Bei allen dreien dürfte die Aussicht, sich unter Meistertrainer Alfred Gislason weiterzuentwickeln, die Entscheidung pro Kiel noch einfacher gemacht haben. Sie verließen zunächst Serbien und setzten ihre Karriere im angrenzenden Ausland auf dem Balkan fort, bevor es sie in die Bundesliga zog. So gelangte Ilic über die Station Velenje nach Gummersbach, wo er bereits unter Gislasons Anleitung spielte. Dragicevic entwickelte sich im rumänischen Constanta, reifte dann in Bjerringbro, bevor er schließlich nach Kiel kam. Vujin zog es als Jungspund nach Ungarn, wo er bei Dunaferr Erfahrung sammelte, bevor ihn Abonnementsmeister Veszprem verpflichtete. Von dort hätte ihn Gislason um ein Haar nach Gummersbach geholt - wie schon Ilic 2006. Der Linkshänder entschied sich jedoch, in unmittelbarer Nähe des Balatons zu bleiben.
Erste Schritte in Backa Palanka
Der am 7. Dezember 1984 geborene Vujin begann in seiner Heimatstadt Backa Palanka, aus der auch Zarko Sesum und Dragan Sudzum stammen, als Zwölfjähriger mit dem Handballspielen. Bis 2003 trug er dort das Trikot von RK Sintelon, der seit der Saison 2007/08 unter dem Namen RK Tarkett fimiert. In dieser Handballschmiede der Provinz Vojvodina spielte Vujin mit einer ganzen Reihe von Landsleuten zusammen, die später ihr Können in ganz Europa bewiesen, wie etwa Danijel Saric, Danijel Andjelkovic, Drasko Mrvaljevic, Ratko Nikolic, Nikola Kojic, Zarko Sesum, Dragan Sudzum oder der junge Ljubomir Pavlovic, der in der Spielzeit 2002/03 für den THW Kiel auflief.

Im Verein aus dem Nordwesten des Landes nahe der kroatischen Grenze entwickelte sich der 1,99 Meter lange Schütze, dessen Nachname so ausgesprochen wird, wie man ihn schreibt, unter Trainer Jovica Elezovic. In der Saison 2002/03 sammelte er erste Erfahrungen im EHF-Cup. In Runde 4 scheiterte Sintelon an Dunaferr SE. Zwei Niederlagen, die dem verheißungsvollen Jungspund jedoch nur wenig später als Karrieresprungbrett dienen sollten.

Mit 18 Jahren nach Ungarn
Nach der Schulausbildung verließ Vujin im Sommer 2003 nämlich die Heimat Richtung Norden, um seine noch junge Karriere im benachbarten Ungarn fortzusetzen. Der 18-Jährige war dem Trainer von Dunaferr SE, Imre Vilmos, beim Kräftemessen im EHF-Cup aufgefallen und erhielt daraufhin in Dunaujvaros einen Vertrag. Sein Mitspieler aus Sintelon, Nikola Milosevic, stand ebenfalls auf der Wunschliste des neuen Arbeitgebers. Titel blieben Vujin hier versagt, wohl aber wurde er in der Spielzeit 2005/06 mit 210/38 Treffern aus 28 Partien Torschützenkönig der ungarischen Liga.

Am 15. Oktober 2003 trug er erstmals das Nationaltrikot seines Landes, als es gegen Nachbar Rumänien antrat. Mittlerweile hat Vujin mehr als 45 Länderspiele für Serbien bestritten, dabei an die 200 Tore geworfen und ist aus der Auswahl längst nicht mehr wegzudenken. Im August 2005 gewann der Linkshänder bei der Junioren-WM in Ungarn die Silbermedaille und wurde ins Allstar-Team gewählt. Nach dem Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis kamen im Frühjahr 2008 Gerüchte über ein mögliches Engagement Vujins für Ungarn auf, bis heute tritt der Star allerdings für Serbien an.

In Veszprem zum Weltklassespieler gereift
Nach drei Spielzeiten am Donauufer ging Vujins Reise 2006 gerade einmal 100 Kilometer schnurstracks Richtung Westen, nach Veszprem, nordwestlich des Plattensees. Hier entwickelte er sich unter Zdravko Zovko und später unter Lajos Mocsai zu einem der besten Halbrechten Europas. Schon bei Dunaferr trug er das Trikot mit der Nummer 14. Zu Beginn hatte er mit dem vier Jahre älteren Kiril Lazarov auf seiner Position einen Topspieler vor der Nase. Doch Vujin schaute sich vom Mazedonier Einiges ab, und aus Rivalen wurden angeblich Freunde. Spätestens seit Lazarovs Wechsel zu RK Zagreb im Sommer 2007 ist Vujin die unbestrittene Nummer Eins im rechten Rückraum Veszprems.

Beim Serienmeister ließen auch Titel nicht lange auf sich warten. National stand Veszprem in Meisterschaft und Pokal seit Vujins Ankunft jeweils drei Mal ganz oben. Am Ende der Spielzeit 2008/09 wurde der Serbe als bester Halbrechter ins Allstar-Team der ungarischen Liga gewählt. 2008 gewann der Verein zudem den Europapokal der Pokalsieger gegen die Rhein-Neckar Löwen. In der Spielzeit 2008/09 erzielte der wurfgewaltige Serbe in der Champions League 89 Tore für den Spitzenklub und belegte damit hinter Jicha und Lazarov Rang 3 der Torschützenliste.

Sesum - Nenadic - Vujin einst verheißungsvolles Rückraumtrio Serbiens
Zu dieser Zeit ruhten auf dem jungen Rückraumtrio Zarko Sesum - Petar Nenadic - Marko Vujin besonders große Hoffnungen des serbischen Handballs. Der umworbene Mittelmann Nenadic entschied sich schließlich für Barcelona, wechselte über Algeciras später nach Szeged und nahm vor wenigen Wochen ein Angebot im dänischen Holstebro an. Zarko Sesum wählte von Sintelon den direkten Weg nach Veszprem und steht mittlerweile in Diensten der Rhein-Neckar Löwen.
Beinahe von Veszprem nach Gummersbach
Im Herbst 2007 traf der VfL Gummersbach in der Gruppenphase der Champions League auf Veszprem. In beiden Begegnungen netzte Vujin insgesamt elfmal ein. Bereits im Januar 2008 berichteten serbische Portale über einen angeblichen Wechsel des Schützen zu den Blau-Weißen zum Sommer 2009. Weiterentwicklung in der Bundesliga gab der junge Linkshänder wenig später als treibende Kraft für seine Entscheidung an.

Obwohl der Serbe bereits 2008 einen Vertrag mit den Oberbergischen unterzeichnet haben soll, blieb er dennoch am Plattensee: im Frühsommer 2009 verlängerte der Star dort seinen auslaufenden Vertrag um drei Jahre. Der Gewinn der Königsklasse mit dem weiter verstärkten Team unter Mocsais Regie galt dabei als das große Ziel. In dieser Zeit soll auch Ciudad Real Interesse an den Diensten des Torjägers bekundet haben. Nach dem Wechsel Lazarovs Richtung Zagreb blieb den Magyaren somit der Verlust eines weiteren Ausnahme-Halbrechten erspart.

Knieverletzung zügig überwunden
Im Rahmen des "Pannon-Cup" in Balatonfüred - nur einen Katzensprung von Veszprem entfernt - zog sich Vujin im Spiel Serbien gegen Ungarn Ende Oktober 2009 eine Verletzung am rechten Knie zu. Die Behandlung wurde vom renommierten Kniespezialisten Prof. Laszlo Hangody in Budapest durchgeführt. Eine MRT hatte einen Riss des vorderen Kreuzbandes inklusive Knorpelschaden offenbart. Zudem soll ein serbischer Spezialist, der die Partie vor dem Fernseher verfolgte, spontan seine Hilfe bei der anschließenden Reha zugesagt haben. Man ging von einer drei- bis viermonatigen Zwangspause aus.

Die Genesung verlief überraschend schnell, kostete Vujin allerdings zu Jahresbeginn die Teilnahme an der EM in Österreich. Bereits Mitte März diesen Jahres nahm der Linkshänder das Training wieder auf und stand drei Wochen später in der Königsklasse gegen Constanta wieder auf der Platte.

Mitte Mai kamen erste Gerüchte auf, Vujin werde Ungarn vielleicht Richtung Bundesliga verlassen. Veszprem betonte daraufhin die Unverkäuflichkeit seines Stars und verwies auf Carlos Perez, der - früher ebenfalls stark umworben - den Magyaren bis heute die Treue hält. Nach Zarko Sesum verliert der traditionell serbisch geprägte Spitzenklub 2012 mit Vujin seinen zweiten Protagonisten.

"Es gibt keinen besseren Klub auf der Welt als Kiel. Ich freue mich, dass ich mit Ilic und Dragicevic zusammenspielen werde", ließ der Halbrechte gegenüber dem serbischen Portal sportske.net keinen Zweifel daran, dass sein Weg nirgendwo anders hinführen konnte als nur an die Kieler Förde. Dobrodosli u Kilu, Marko!

(Dr. Oliver Schulz)


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