20.01.2012 | EM 2012 |
Patrick Wiencek wird im Sommer ein "Zebra". |
Ehrlich erzählt er eine Geschichte, die für einen Handballer in Deutschland ungewöhnlich ist. Als Quereinsteiger war er vor drei Jahren von Martin Heuberger ins Junioren-Team berufen worden und prompt Weltmeister geworden. Bis dato war er kaum aufgefallen. Als C-Jugendlicher hatte er sich aus der Niederrhein-Auswahl abgemeldet. Handball, Auswahl, Schule - ihm sei einfach alles zu viel geworden.
Vor vier Jahren verpflichtete ihn der TuSEM Essen, doch eingesetzt wurde der Anlagenmechaniker beim Oberligisten TV Jahn Hiesfeld. Eine Nominierung für die deutsche A-Nationalmannschaft, in der er am 1. Dezember 2009 gegen Weißrussland sein Debüt geben sollte, war noch eine Fata Morgana.
Dann stürzte Essen in die Insolvenz, die Arrivierten flüchteten und Wiencek rückte nach. Er sollte helfen, den Traditionsclub zu retten. Und er half. So gut, dass der VfL Gummersbach sich für ihn erwärmte und nun der THW. Wiencek wird außergewöhnliches Talent nachgesagt. Er würde, so sein einstiger VfL-Kollege Adrian Wagner, in der Deckung immer richtig stehen. Dass er im Mittelblock nicht nur steht, trug ihm den Spitznamen "Bam Bam" ein. Jenes Kerlchen aus der Serie "Familie Feuerstein", das sich mit einer Riesenkeule durch die Steinzeit prügelt. "Wahrscheinlich heiße ich so, weil ich in der Abwehr draufhaue", sagt der 22-Jährige.
Wiencek hat stürmische Zeiten erlebt. So schickte ihn VfL-Trainer Sead Hasanefendic aus der Trainingshalle nach Hause, als er erfuhr, dass Wiencek nach Kiel wechseln würde. Und nicht nur das - er suspendierte ihn für drei Monate. "Den ersten Ärger kann ich verstehen", sagt Wiencek. "Die Suspendierung fand ich übertrieben." Sicher, es wäre ein Fehler gewesen, dem THW zuzusagen, ohne mit den VfL-Verantwortlichen gesprochen zu haben. "Aber an der Situation hätte sich nichts geändert. Ich wäre sowieso nach Kiel gegangen."
Die ungewollte Freizeit hatte der Formel-1-Fan genutzt, um seinen in Duisburg-Walsum lebenden Eltern bei Renovierungsarbeiten zu helfen. Mit Konsequenzen: Die Bohrmaschine spielte verrückt und verdrehte seine Hand derart, dass er sie sich brach. "Das war unglücklich", sagt Wiencek und wirkt dabei so, als würde er seinem Vater, der Maurer ist, jederzeit wieder auf dem Bau helfen.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 20.01.2012)
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