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17./18.01.2012 - Letzte Aktualisierung: 18.01.2012 EM 2012

Deutschland gewinnt Krimi gegen Mazedonien

Update #1 KN-Bericht und Stimmen ergänzt ...

Vom 15. bis 29. Januar 2012 findet die EM 2012 in Serbien statt.
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Was für ein Handball-Krimi! Die deutsche Nationalmannschaft hat mit einem 24:23 (12:12)-Erfolg gegen Mazedonien einen wichtigen Schritt Richtung Hauptrunde bei der Europameisterschaft in Serbien gemacht. In einer hitzigen und bis in die Schlusssekunden dramatischen Partie setzte Uwe Gensheimer den entscheidenden Treffer, während Kiril Lazarov mit seinem letzten Wurf nur die Unterkante der Latte traf.
Im Vergleich zum Auftaktspiel gegen Tschechien hatte Bundestrainer Martin Heuberger seine Startformation umgestellt: Kapitän Pascal Hens blieb die ganze Partie über auf der Bank, für ihn begann der Flensburger Kaufmann. Und im Tor musste Silvio Heinevetter den Platz für Carsten Lichtlein räumen - zwei Wechsel, sie sich auszahlen sollten.

Denn die deutsche Mannschaft startete stark: Die 6:0-Abwehr, aus der Kaufmann gegen Mazedoniens Superstar Kiril Lazarov energisch rausrückte, stand in der Anfangsphase sehr sicher, Kaufmann, Glandorf und Groetzki per Gegenstoß sorgten für eine 3:0-Führung. Jedoch stellte sich schnell heraus, dass man einen Lazarov nicht vollends ausschalten kann. Der Linkshänder setzte einen Doppelschlag, und als Stoilov vom Kreis zum 3:3 vollendete, begann die Partie von neuem. Es konnte sich keine Mannschaft mehr in der Folgezeit absetzen, die Führung wechselte hin und her. Während von den Rängen allerlei Gegenstände auf das Spielfeld prasselten, entwickelte sich ein intensives Spiel mit vielen technischen Fehlern, Zeitstrafen und drei Protagonisten: Lars Kaufmann nutzte seine Chance und setzte vier Treffer im ersten Durchgang. Kiril Lazarov glänzte auf der Gegenseite als Torschütze und Passgeber. Und Carsten Lichtlein hielt mit einigen tollen Reflexen seine Mannschaft im Spiel, die Ende des ersten Durchgangs durch Pfahl und einen pfiffigen Treffer Theuerkaufs, der einen Pass des mazedonischen Torhüters abfing, mit 11:9 in Front lag, bis zum Seitenwechsel aber wieder den Ausgleich hinnehmen musste.

Auch in der zweiten Halbzeit schickte die deutsche Mannschaft die mehreren hundert Fans im Kieler Handballbahnhof durch ein Wechselbad der Gefühle. Das DHB-Team überstand dabei eine prekäre Situation, als Mazedonien sich auf 17:15 (40.) absetzen konnte, ging in der 50. Minute durch einen Doppelschlag durch Christophersen und Sprenger in Unterzahl mit 20:19 in Führung und verlor nur Sekunden später Oliver Roggisch, der nach seiner dritten Zeitstrafe auf der Tribüne Platz nehmen musste.

Mazedonien legte in der Schlussphase weiter vor, die Deutschen - nun mit Heinevetter im Tor und Patrick Wiencek am Kreis - glichen aus. Mit seinem zweiten Treffer schaffte der zukünftige Kieler Kreisläüfer den Ausgleich zum 23:23, 70 Sekunden vor Schluss erzielte Gensheimer von außen die deutsche Führung. Mazedonien bekam eine letzte Chance, Kiril Lazarov übernahm einmal mehr die Verantwortung - doch sein Ball knallte an die Unterkante der Latte, auf die Torlinie und dann aus dem Tor. Der Rest war Jubel bei der deutschen Mannschaft, die damit weiter alle Chancen hat, die Hauptrunde und auch die Olympia-Qualifikation zu erreichen. Am Donnerstag um 18.15 Uhr steht das letzte Vorrundenspiel gegen Schweden um die THW-Spieler Kim Andersson, Henrik Lundström und Andreas Palicka an. Auch dieses Spiel wird auf einer Großbildleinwand im Kieler Hauptbahnhof übertragen, zu Gast ist dann Christian Zeitz.

(Sascha Krokowski)

 

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

Stimmen zum Spiel:

Bundestrainer Martin Heuberger gegenüber den KN:
Kompliment an die Mannschaft. Das war eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Tschechien-Spiel. Viele Dinge, die wir uns vorgenommen haben, konnten wir umsetzen.
DHB-Spieler Christian Sprenger gegenüber den KN:
Uns hatten ja nach dem ersten Spiel schon wieder alle abgeschrieben. Wir wollten zeigen, dass das ein bisschen früh war. Wir haben uns heute als Mannschaft präsentiert. Aber: Jetzt müssen wir auch gegen Schweden gewinnen.
DHB-Spieler Dominik Klein gegenüber den KN:
Wir wussten, was uns erwartet und freuen uns darüber, in dieser Hölle ins Turnier gefunden zu haben. Ein schönes Gefühl, diese Halle am Ende leise gespielt zu haben. Ich persönlich konnte leider nicht so viel zum Erfolg beitragen, bin aber weiter an der Seitenlinie auf und ab gerannt, um meine Kollegen zu unterstützen.
DHB-Spieler Lars Kaufmann gegenüber den KN:
Wir haben gezeigt, dass in uns noch ein Funke glimmt. Den wollen wir unbedingt am Leben erhalten. Uns ist der erste Schritt gelungen, um im Turnier zu bleiben. Und das wollen wir. Die Kritik, die an uns geübt wurde, war teilweise berechtigt. Wir haben versucht, sie nicht zu sehr an uns herankommen zu lassen.

Gruppe B, 2. Spieltag: 17.01.12, Di., 18.15: Mazedonien - Deutschland: 23:24 (12:12)

Mazedonien:
Ristovski (2 Paraden), Angelov (10 Paraden); Manaskov (2), Stoilov (6), Alushovski (1), K. Lazarov (7/2), Mitkov, Jonovski, Angelovski (2), Temelkov, Mirkulovski (1), Markoski, Mojsoski (n.e.), Mojsovski (4), Dimovski (n.e.), F. Lazarov; Trainer: Sundovski
Flagge GER Deutschland:
Heinevetter (54.-60. und bei einem Siebenmeter, 3/1 Paraden), Lichtlein (1.-54., 8/1 Paraden); Hens (n.e.), Gensheimer (3/1), Roggisch, Klein, Pfahl (2), Wiencek (2), Theuerkauf (3), Glandorf (2), Christophersen (2), Groetzki (1), Sprenger (2), Kaufmann (6), Haaß (1); Trainer: Heuberger
Schiedsrichter:
Hlynur Leifsson / Anton Palsson (Island)
Zeitstrafen:
Mazedonien: 4 (2x Jonovski, Temelkov, Markoski);
Deutschland: 7 (3x Roggisch, 2x Kaufmann, Klein, Haaß)
Rote Karten:
Deutschland: Roggisch (50., dritte Zeitstrafe)
Siebenmeter:
Mazedonien: 4/2 (Lichtlein und Heinevetter parieren Lazarov);
Deutschland: 1/1
Spielfilm:
1. Hz.: 0:3 (4.), 3:3 (7.), 3:4, 4:4, 4:5, 5:5, 5:6 (13.), 7:6, 7:7, 8:7 (17.), 8:9, 9:9, 9:11 (26.), 11:11, 11:12, 12:12;
2. Hz.: 12:13, 14:13, 14:15 (37.), 17:15 (40.), 17:17, 18:17 (45.), 18:18, 19:18, 19:20 (50.), 21:20, 21:21, 22:21 (55.), 22:22, 23:22, 23:24.
Zuschauer:
4.000 (ausverkauft) (Sportski Centar Cair, Nis (SRB)))

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 18.01.2012:

Kühle Köpfe in kochender Halle

Deutsche Handballer trotzen dem Hexenkessel in Nis und besiegen Mazedonien mit 24:23 (12:12)
Nis. Als Uwe Gensheimer in der letzten Minute in den Kreis sprang, hielten im deutschen Team alle die Luft an. Es stand 23:23 (12:12) in einem außergewöhnlichen Handball-Krimi gegen Mazedonien. Im zweiten Vorrundenspiel der EM, das sich gestern Abend für Gensheimer & Co aber schon wie ein Finale anfühlte. Der Linksaußen sprang, traf und ließ die Deutschen davon träumen, doch noch die Hauptrunde in Belgrad zu erreichen.

In neutraler Umgebung wäre Mazedonien chancenlos gewesen. Auch gegen diese deutsche Mannschaft, die auf der Suche nach sich selbst zuletzt so ratlos wirkte. Aber die "Hala Cair" war von Neutralität weit entfernt. Mehr als 3500 mazedonische Fans hatten sie in einen Hexenkessel verwandelt. Und offenbar die Tage in Nis genutzt, um eine Fremdsprache zu lernen. "Deutschland, auf Wiedersehen" - skandierten sie vor dem Anpfiff und unterbrachen den Song nur zweimal. Einmal, um die Deutschen beim Einlaufen gnadenlos auszupfeifen. Ein zweites Mal, als der Gegner vorgestellt werden sollte. Lediglich an den grüßenden Händen war zu erkennen, wer an der Reihe war. Tragisch war es nicht. Die Mazedonier wollten es nicht wissen, und den sieben deutschen Fans waren sie bereits bekannt.

Pfeifen und singen können die Gelb-Roten gut, das Werfen von Feuerzeugen müssen sie noch üben. So hagelten sie eher wahllos auf das Feld, verfehlten zumeist die Objekte ihrer Wut, die sie bereits bespuckt hatten. Nach zehn Minuten endete der Regen. Vielleicht, weil ihnen bewusst geworden war, dass sie sich so das Rauchen unnötig erschwerten. Vielleicht, weil sie das Flehen ihrer Idole erhört hatten, die einen Spielabbruch fürchteten. Vielleicht, weil sich herumgesprochen hatte, dass Staatspräsident Gjorge Ivanov überraschend angereist war. Ein Gast, der die besondere Bedeutung dieses Spiels für den kleinen Balkan-Staat unterstrich.

Nach dem enttäuschenden Auftakt gegen die Tschechen (24:27) hatte Bundestrainer Martin Heuberger seinen Kader durchgerüttelt. Silvio Heinevetter, als Nummer eins nach Serbien gereist, musste das Tor für Carsten Lichtlein räumen. Außerdem wurde Kapitän Pascal Hens, im ersten Gruppenspiel ein Fremdkörper, durch Lars Kaufmann ersetzt, der die löchrige Abwehr abdichten sollte. Zwei schlaue Schachzüge.

Die größte Veränderung hatte aber keinen Namen. Die Heuberger-Schützlinge zeigten einen völlig anderen Geist als zuletzt. Obwohl das Thermometer in der kochenden Halle von Minute zu Minute stieg, bewahrten sie kühle Köpfe. Auf der Bank wurde mitgefiebert, angefeuert - es zementierte sich der Eindruck, dass sich diesmal eine Mannschaft dagegen wehren wollte, das Gespött der internationalen Handballszene zu werden.

Sie steckten die Rote Karte für Abwehrchef Oliver Roggisch (50.) weg, ließen sich von Rückständen in der Schlussphase nicht beirren. Zu Helden wurden schließlich zwei Spieler, die dafür nur Minuten brauchten: Heinevetter, der nach einem gehaltenen Siebenmeter gegen Kiril Lazarov im Tor verbleiben durfte. Und Patrick Wiencek, der mit Bärenruhe zum 21:21 (53.) und 23:23 (58.) traf. Den Rest besorgte Gensheimer.

Gegen Schweden reicht den Deutschen morgen (18.15 Uhr/ARD) ein Remis, um die Hauptrunde zu erreichen. Nach dem gestrigen 33:29-Erfolg der Skandinavier gegen die Tschechen könnten sie bei einem Sieg sogar noch mit vier Punkten abreisen. Mehr geht nicht.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 18.01.2012)


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