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17.01.2012 EM 2012

Kieler Nachrichten: Demokratie untauglich für Prügelknaben

Heute Auswärtsspiel für das DHB-Team

Aus den Kieler Nachrichten vom 17.01.2012:

Vom 15. bis 29. Januar 2012 findet die EM 2012 in Serbien statt.
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Nis. Eigentlich findet die EM-Vorrunde mit der deutschen Mannschaft im serbischen Nis statt. Tatsächlich wird sie heute (18.15 Uhr/ARD) das Gefühl haben, in Skopje spielen zu müssen. Mehr als 3000 heißblütige mazedonische Fans werden ihre Mannschaft nach vorne peitschen und die "Hala Cair" in eine Handball-Hölle verwandeln.
"Das wird ein Auswärtsspiel", sagte der Flensburger Holger Glandorf, dem nach der bitteren Auftaktniederlage gegen Tschechien (24:27) anzumerken war, dass nun sogar der krasse Außenseiter Mazedonien für die völlig verunsicherten Deutschen eine Nummer zu groß sein könnte. Einmal hatten sich Glandorf & Co am Sonntag als Team präsentiert. Es geschah zwölf Sekunden vor dem Abpfiff, als Tschechen-Trainer Martin Liptak trotz einer Drei-Tore-Führung eine Auszeit nahm. Eine unsportliche Geste, die auf der deutschen Bank für Aufbruchstimmung sorgte. Offenbar konsterniert hatten die meisten Ersatzspieler zuvor die Hilflosigkeit ihrer Kollegen auf dem Feld verfolgt, Gesten der Unterstützung waren selten.

Daniel Kubes vom THW Kiel für diese Verirrung bei den Bundesliga-Kollegen entschuldigte, ging völlig unter.

Warum es den Deutschen in den 59 Minuten und 48 Sekunden zuvor nicht gelungen war, eine Einheit zu werden, hatte viele Gründe. Einer war der Fehler, den Filip-Jicha-Express mit einer 5:1-Deckung stoppen zu wollen. "Das war keine gute Idee", befand Torhüter Silvio Heinevetter, der hilflos miterleben musste, wie durchschnittlich begabte Tschechen gegen die Scheunentor-Verteidigung Tor um Tor warfen.

Wenn dem Team um Kapitän Pascal Hens derzeit etwas nicht passieren darf, dann ein schneller Rückstand. Das Selbstbewusstsein ist völlig verschüttet, es fehlt die Zuversicht, gemeinsam etwas erreichen zu können. Aber woher sollte sie kommen? Heuberger ist es bislang nicht gelungen, die Mannschaft auf ihre Stärken zu reduzieren. Sein Ansatz, als Demokrat zu führen, ist ein ehrenwerter. Für ein Team wie das französische ist es der richtige, schließlich ist hier das Selbstvertrauen zu Hause. Doch die Deutschen, die in den beiden vergangenen Turnieren nur Prügelknaben waren, benötigen klare Ansagen und eine Struktur.

Spätestens bei den abschließenden Tests gegen Ungarn (7./8. Januar) hätte es ein Kern-Team geben sollen, ein Rückgrat. Stattdessen ist die totale Rotation zum Alltag geworden. Ein Beispiel: Heuberger benennt Sven-Sören Christophersen als möglichen Spielmacher, lässt ihn im letzten Test aber zuschauen. Dann streicht er mit Martin Strobel überraschend einen seiner Mittelmänner und Christophersen, bei den Füchsen Berlin im linken Rückraum beheimatet, muss gegen die Tschechen bei einem Sechs-Tore-Rückstand den Taktstock übernehmen. Was nicht klappen konnte, klappte auch nicht.

Der Wille ist den Deutschen nicht abzusprechen und die Kritik des TV-Experten Stefan Kretzschmar unberechtigt. Er hatte ihnen vorgeworfen, nur widerwillig für die Nationalmannschaft spielen zu wollen. Tatsächlich arbeiteten sie im Vorfeld hart dafür, endlich den Lichtschalter zu finden. Nicht ausgeschlossen, dass dies in der Hitze des Mazedonien-Spiels gelingen wird, in dem Heuberger keine Trickwürfe sehen will: "Man muss dem Torhüter auch mal den Scheitel ziehen. Die Tschechen haben es uns vorgemacht, die sind mit dem Ball ins Tor gesprungen." Wahrscheinlicher ist aber, dass mit einer weiteren Niederlage bereits der Sprung in die Hauptrunde verpasst wird. Dann, wenn Schweden anschließend gegen Tschechien gewinnt.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 17.01.2012)


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