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14.01.2012 EM 2012 / Interview

KN-Interview mit Filip Jicha: "Unmenschliches leisten"

Filip Jicha ist die zentrale Figur beim ersten deutschen EM-Gruppengegner Tschechien

Aus den Kieler Nachrichten vom 14.01.2012:

Filip Jicha: "Gewinnen wir gegen Tschechien, könnte es ein gutes Turnier werden."
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Kiel. Morgen Nachmittag trifft die deutsche Handball-Nationalmannschaft in Nis im ersten EM-Vorrundenspiel auf Tschechien (17.20 Uhr, ZDF), deren Star ein Kieler ist: Welthandballer Filip Jicha. Der 29-Jährige sprach mit unserer Zeitung über sein Team und den gemeinsamen Traum, erstmals die Olympischen Spiele als Teilnehmer zu erleben.
Mit dem Rückraum-Weltstar des THW Kiel sprach Wolf Paarmann.
Kieler Nachrichten:
Herr Jicha, mit dem 28:25-Sieg gegen Gummersbach haben Sie mit dem THW Kiel einen neuen Startrekord aufgestellt. Die Punkte 35 und 36 mussten Sie sich allerdings hart erarbeiten...
Filip Jicha:
Das stimmt. Ich persönlich mag es auch nicht, am Zweiten Weihnachtsfeiertag zu spielen und beneide die Kollegen aus Spanien und Frankreich, in deren Ligen bereits vor Weihnachten nicht mehr gespielt wird. Aber ich wollte alles dafür tun, dass wir als Mannschaft nicht mit einem schlechten Gefühl auseinander gehen. Und das ist uns ja auch gelungen.
Kieler Nachrichten:
Hatten Sie schon Zeit, den 36:0- Punkte-Start zu feiern?
Filip Jicha:
Nein, ich habe ich noch nicht einmal richtig realisiert, was wir da eigentlich geleistet haben. Aber: Wir haben noch nichts gewonnen, auch eine solche Halbserie macht nicht satt.
Kieler Nachrichten:
Die Kameradschaft im tschechischen Team gilt als außergewöhnlich. Können Sie das bestätigen?
Filip Jicha:
Ja. Wir sind ein Haufen Freunde. Und als solche haben wir den gemeinsamen Traum, uns für Olympia zu qualifizieren. Schaffen wir das nicht, werden nach der EM einige aufhören und die gemeinsame Zeit, die wir sehr genießen, wäre dann vorbei - das wollen wir verhindern. Olympia, das wäre für mich mit dem Champions-League-Sieg in Köln vergleichbar. London wäre meine große Chance, 2016 werde ich mich wohl nur noch als Golfer qualifizieren können.
Kieler Nachrichten:
Als die Tschechen bei der Europameisterschaft 2010 in Österreich überraschend Achter wurden, feierte ein ganzes Land mit Ihnen. Wie erleben Sie derzeit die Unterstützung aus der Heimat?
Filip Jicha:
Das ist schwer zu sagen. Wir bereiten uns seit Montag in Serbien vor, es bleiben mir nur die persönlichen Kontakte, um festzustellen, ob zu Hause das Fieber steigt. Ist das ein Maßstab, dann denke ich, dass wir wieder eine ähnliche Euphoriewelle auslösen könnten, die Quoten waren damals unglaublich. Eigentlich führen Handballer in Tschechien hinter Fußball und Eishockey aber ein verstecktes Leben.
Kieler Nachrichten:
In Österreich war der Kader der Tschechen zu klein, um letztlich ein noch besseres Turnier zu spielen. Hat sich daran etwas geändert?
Filip Jicha:
Ja. Mit Pavel Horak (linker Rückraum, d. Red.) aus Göppingen haben wir einen Spieler dabei, der damals verletzt gewesen ist. Er ist eine große Entlastung für mich und hat die Klasse, bei diesem Turnier unser stärkster Spieler zu werden. Mit Martin Liptak haben wir zudem genau den richtigen Trainer. Er ist eine große Persönlichkeit und beeindruckt mich, weil er uns viel Vertrauen schenkt und viel Verantwortung überträgt. Wir haben einen guten Geist in der Mannschaft, von der ich glaube, dass sie die stärkste ist, die wir je hatten.
Kieler Nachrichten:
Über die Auslosung der Gruppe B, in der auch noch Mazedonien und Schweden spielen, haben sich alle vier Nationen gefreut. Welche Rolle trauen Sie den Tschechen zu?
Filip Jicha:
Die Gegner sind leichter als bei der EM 2010, da hießen sie Frankreich, Spanien und Ungarn. Alles ist möglich. Wir können alle drei Spiele verlieren, sie aber auch alle drei gewinnen. Wir sind aber nicht so stark, dass wir einen Gegner locker schlagen werden, wir müssen immer an unser Limit gehen. Um eines der beiden Tickets für ein Olympia-Qualifikationsturnier zu bekommen, müssen wir Glück haben und alle Unmenschliches leisten. Unser erstes Ziel ist es, die Hauptrunde zu erreichen. Alles andere wäre eine riesige Enttäuschung für mich.
Kieler Nachrichten:
Ist die Partie gegen Deutschland schon ein Endspiel um eines der beiden Quali-Tickets?
Filip Jicha:
Nein. Ich würde mir wünschen, dass es am Ende für uns und die Deutschen ein Ticket geben wird. Aber für jeden Sportler ist das erste Spiel besonders wichtig. Jeder wünscht sich einen guten Anfang. Die Deutschen sind, von der Papierform, sicher besser als wir und Mazedonien. Aber sie haben diesmal keinen Heimvorteil. Der war ein riesiges Plus, als sie 2007 Weltmeister geworden sind. So war dieses Märchen möglich. Aber: Ich bewundere die Deutschen dafür, wie sie mit dem Druck der Medien umgehen. Im Gegensatz zu uns ist der, den sie aushalten müssen, riesig.
Kieler Nachrichten:
Freuen Sie sich schon darauf, in Serbien zehn THW-Kollegen zu treffen?
Filip Jicha:
Klar. Es wäre eine schöne Sache, mit ihnen gemeinsam bei diesem Turnier anzutreten. Ich denke, wir hätten eine gute Chance, es zu gewinnen.
(Das Gespräch führte Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 14.01.2012)


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