Aus den Kieler Nachrichten vom 25.05.2012:
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Der THW will in Köln wieder jubeln!
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- Kieler Nachrichten:
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Herr Jicha, 2011 hat der THW das
Final4 verpasst. In der Meisterschaft hat die Mannschaft auf die
Enttäuschung des Vorjahres mit
der besten Saison aller Zeiten
reagiert. Kann in Köln Ähnliches
passieren, spielt der THW die
Konkurrenten an die Wand?
- Filip Jicha:
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Nein, in Köln erleben wir eine
ganz andere Situation. Das Final4 ist ein Turnier auf sehr hohem Niveau. In der Bundesliga
muss man sich durch eine lange
Saison kämpfen, während in
Köln nur zwei Spiele an einem
Wochenende entscheiden. Die
Tagesform gibt den Ausschlag.
Ich erwarte ganz enge Spiele,
Favoriten gibt es nicht. Ob
Kiel, Kopenhagen, Berlin oder
Madrid - da kann jeder jeden
schlagen, man kann ganz
schnell verlieren und alles ist
vorbei.
- Kieler Nachrichten:
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Seit wann spukt das Final4 in den
Köpfen der Spieler, hat es Ihre
Konzentration in Bundesligaspielen behindert?
- Filip Jicha:
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Beschäftigt haben wir uns seit
dem Rückspielsieg über Zagreb damit, praktisch seit feststeht, dass wir dabei sind. Beschäftigt habe ich mich aber in
erster Linie mit organisatorischen Dingen. Meine Eltern
und Freunde kommen aus
Tschechien nach Köln. Ich habe mich um Karten und Unterkünfte gekümmert. Ansonsten
war es mehr die Freude auf das
Turnier. Richtig heiß sind wir
erst geworden, als Alfred
(THW-Trainer Gislason, d.
Red.) uns die ersten Videos der
gegnerischen Mannschaften in
dieser Woche vorgeführt hat.
Seitdem ist das Gefühl anders,
das Fieber gestiegen. Wir freuen uns sehr. Es ist total schön,
dabei zu sein, es wird das Highlight der Saison.
- Kieler Nachrichten:
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Den Halbfinalgegner Berlin hat
Ihr Team in den vergangenen fünf
Spielen zum Teil klar beherrscht,
ein Hinweis auch für morgen?
- Filip Jicha:
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Ganz sicher nicht. Berlin hat
sich extrem gut entwickelt, der
Viertelfinalsieg im Final4 über
Hamburg belegt das. Was in
der Bundesliga war, zählt
nicht. Wenn wir bestehen wollen, geht das nur, wenn jeder
Spieler 100 Prozent auf die
Platte bringt.
- Kieler Nachrichten:
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Und die anderen Gegner, Madrid
oder Kopenhagen. Wie schätzen
Sie diese Mannschaften ein?
- Filip Jicha:
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Erstmal bin ich gespannt auf
das Halbfinale zwischen diesen beiden. Das ist ein ganz
spezielles Spiel, in dem alles
passieren kann. Madrid halte
ich in taktischer Hinsicht für
sehr stark. Was der Trainer
(Talant Duschebajew, d. Red.)
ausgeheckt hat, das setzen seine Spieler oft eins zu eins um.
Können wir diese Stärke aushebeln, ist es schon die halbe
Miete. Über Kopenhagen wissen wir seit den beiden Spielen
in der Vorrunde sehr viel. Eine
ganz starke Mannschaft. Aber
die Siege aus der Vergangenheit zählen morgen nicht mehr.
Alles fängt bei Null an. Alle
spielen auf Augenhöhe.
- Kieler Nachrichten:
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Seit 2010 wird die Champions
League bei einem Final4 entschieden, also ohne Hin- und
Rückspiel. Was halten Sie von
dem neuen Modus?
- Filip Jicha:
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Eine super Sache, meine Beurteilung kann natürlich davon
beeinflusst sein, dass wir beim
ersten Mal gewonnen haben.
Aber diese beiden großartigen
Handballtage machen den Zuschauern Spaß, den Spielern,
eben allen, die beteiligt sind. In
Köln wird Handball gelebt, das
ist total spannend und pusht
auch die Sportart enorm. Es
geht um alles oder nichts, da
entstehen so viele Emotionen,
das will man als Spieler immer
und immer wieder erleben.
- Kieler Nachrichten:
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Mit Ihrem Heimatland Tschechien haben Sie bei großen Turnieren kaum die Chance, Titel zu
gewinnen. Ist es daher ein besonderer Ansporn, im Vereinstrikot noch mehr zu geben, um international feiern zu dürfen?
- Filip Jicha:
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Ich spiele gerne für Tschechien,
obwohl ich weiß, dass wir
nichts Großes gewinnen werden. Allerdings war ich sehr
traurig, dass wir die Olympia-Quali nicht geschafft haben.
Trotzdem würde ich nie meine
eigene Nationalität gegen eine
andere tauschen, um im Nationaltrikot Erfolg zu haben.
Aber es stimmt: Die tollen Siege im Verein kann ich deswegen sehr genießen. Zu 100 Prozent, das ist für mich aber auch
ausreichend.
- Kieler Nachrichten:
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Am Donnerstag nach dem Final4
folgt das Bundesligaspiel in Hildesheim. Sollte der Coup in der
Champions League gelingen,
fällt die Feier dann klein aus, um
die Null in der Tabelle zu retten?
- Filip Jicha:
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Der Mannschaft ist die Champions League total wichtig.
Solche Tage erlebst du ganz
selten. Wir würden richtig feiern. Allerdings kenne ich meine Mannschaft: Die fährt nach
Hildesheim, um auch dort unter allen Umständen zu gewinnen. Wir hassen es zu verlieren.
(Das Gespräch führte Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 08.05.2012)