Schuhgröße 42 - mit den kleinsten Füßen der Zebra-Herde
bewegt sich
Niclas Ekberg künftig im THW-Trikot
über die Platte. Dabei sind die Fußstapfen, in die der 23-Jährige Rechtsaußen an der
Förde tritt, groß:
Max Wislander,
Staffan Olsson,
Stefan Lövgren, Johan Pettersson oder
Marcus Ahlm prägten das
schwedische Bild des THW Kiel. "Es ist eine Ehre für mich, das schwarz-weiße Trikot zu tragen. Und ich
möchte meine eigenen Spuren in Kiel hinterlassen."
Niclas Ekberg weiß, was
er will - und das sind Erfolge in Schwarz-Weiß: "Ich möchte endlich meinen ersten internationalen Titel
gewinnen."
Denn der fehlt noch in der kometenhaften Karriere des Schweden, die beim
olympischen Handballturnier
mit dem Gewinn der Silbermedaille und der Auszeichnung als bester Torschütze einen weiteren Höhepunkt
erlebte. "Aber ganz oben auf einem internationalen Treppchen zu stehen, dieses Gefühl kenne ich
noch nicht. Und das möchte ich mit dem THW erleben." Per E-Mail hatte ihn sein Ex-Club
AG Kopenhagen in London mit der Nachrichte überrascht, dass er nach seiner Rückkehr in die
dänische Hauptstadt ohne Club dastehen würde. "Das war ein Schock", gibt
Ekberg
unumwunden zu. "Aber wer weiß, wofür es gut war. Jetzt spiele ich dort, wo ich immer spielen wollte.
In dieser unglaublichen Arena, in dieser unglaublichen Atmosphäre, die es nirgendwo sonst auf der Welt
gibt. Das ist ein großer Schritt in meiner Karriere."
Gesucht: Ein Haus mit Platz für Nathalie und den "Westi"
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Locker im Gespräch: Seinen ersten Interview-Termin mit den Kieler Nachrichten
meisterte Niclas Ekberg souverän.
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Es habe Anfragen von einigen weiteren Clubs gegeben, sagt der 23-Jährige.
"Aber Kiel hat sofort sein Interesse bekundet, der THW hat am meisten um mich
geworben und mir das beste sportliche Paket angeboten." Gerächt habe sich indes, dass
er in der Schule Spanisch als zweite Fremdsprache gewählt hatte, erklärt
Niclas Ekberg
in bestem Englisch: "Das war wohl die falsche Wahl. Die größte Handballkultur gibt es eben
in Deutschland." Zügig werde er mit den beiden weiteren Neuzugängen
Marko Vujin und
Rene Toft Hansen Deutsch pauken. "Dann kann ich mich schneller einleben."
Wenn er in Kiel ein Haus mit kleinem Garten gefunden habe, ziehe auch seine
Lebensgefährtin an die Förde. "Bis dahin passt Nathalie in meiner Heimat Ystad
auf unseren Westhighland-Terrier auf." Der THW unterstütze ihn bei der Suche nach einem
Haus oder einer Doppelhaushälfte genauso wie in allen anderen Dingen. "Der Club hilft mir viel,
alles ist arrangiert, das war ein tolles Willkommen." Er habe zuvor bereits gehört, dass die
THW-Mitarbeiter alle Probleme der Spieler lösten. "Das jetzt live zu erleben, ist klasse."
"Hartes Training ist Kieler Kultur"
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"Das steht mir gut": Niclas Ekberg freut sich auf seinen ersten
Auftritt im Zebra-Dress.
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In den Tagen bis zur Reise nach Kiel, Betreuer
Harald Stenzel hatte
Ekberg aus Ystand an die Förde begleitet, habe er sich mit einem individuellen
Lauftraining und einer Einheit bei seinem Heimatclub fitgehalten. "Ich wollte wieder ein bisschen
Ballgefühl gewinnen." Deshalb trainiert der Rechtsaußen bis zur Rückkehr der "Zebras" aus Doha auch
mit den Nachwuchsmannschaften des THW: "Hartes Training ist Kieler Kultur. Jeder weiß das - ich auch!"
Die DKB Handball-Bundesliga sei die härteste Liga der Welt. "Ich habe viele Spiele im Fernsehen gesehen:
In Deutschland kann jeder jeden schlagen. Und das ist gut so, denn es macht einfach mehr Spaß, für seinen
Erfolg hart zu kämpfen." Weil die Bundesliga so anstrengend sei, sieht er auch kein
Problem mit der Doppel-Weltklassebesetzung auf Rechtsaußen: "Wer lange auf einem hohen Level spielen
möchte, kann nicht 60 Minuten Vollgas geben. Da ist es gut, dass man sich mit einem
Christian Sprenger
die Position teilt. Und für meine Entwicklung ist es klasse, dass ich endlich um Spielzeit
kämpfen muss." Seine Spezialität, sagt der Schwede, sei der Siebenmeter. "Ich hoffe, viele
Strafwürfe werfen zu dürfen. Ich liebe diesen Kampf. Mann gegen Mann, keiner stört."
Hohe Ziele
Seine Ziele hat
Ekberg für seine erste Saison in Kiel hoch angesetzt: "Ich hoffe,
wir gewinnen alles." Bei der Eingewöhnung helfen könnten auch seine beiden ehemaligen Mannschaftskameraden, weiß
der Schwede: "
Goggi Sigurdsson öffnet schnell sein Herz für seine Mitspieler, und
mit
Toft bin nicht nur ich befreundet. Unsere Freundinnen treffen sich ebenfalls
regelmäßig." Bei drei Besuchen, jedes Mal wollte
Ekberg ein Spiel des THW Kiel
sehen, habe er die Stadt ein wenig kennen gelernt. "Das ist wie in meiner Heimat: Hier scheint jeder
jeden zu kennen. Das finde ich schön." In Kopenhagen habe er hingegen anonymer gelebt: "Wenn Du nicht
Mikkel Hansen bist, spricht Dich dort keiner auf der Straße an." Hat der Kieler Neuzugang überhaupt eine
Schwäche?
Niclas Ekberg lacht. "Ich bin ein Computer-Nerd und spiele
viel Playstation in meiner Freizeit." Aber auch das Golfspielen habe er für sich entdeckt. Und sportlich? "Man kann immer
schneller laufen, höher springen und härter werfen. In großen Spielen wird man besser - und die
werde ich in Kiel oft haben." Välkommen till Kiel,
Niclas Ekberg!
(Christian Robohm)
Aus den Kieler Nachrichten vom 30.08.2012:
Niclas Ekberg: Mit einem Lächeln in Kiel
Neuer THW-Rechtsaußen wartet auf seine Mannschaft und die Heimpremiere: "Ich werde es genießen"
Kiel. Per E-Mail habe er vom Aus seines Arbeitgebers AG
Kopenhagen erfahren. Während der Olympischen Spiele in London.
"Das war ein Schock", sagt Niclas Ekberg,
die Last-Minute-Verpflichtung
vom THW Kiel. Plötzlich sei diese großartige Mannschaft
auseinandergerissen worden, "und über Nacht war
ich arbeitslos." Nach dem ersten Schreck habe sich dann
aber bald alles gefügt. Sein Berater, Martin Schmidt, habe
die Dinge in die Hand genommen.
"Er hat viel geregelt, ich durfte mich voll auf Olympia
konzentrieren", erinnert sich der 23-Jährige. "Und jetzt bin
ich in Kiel. Mit einem Lächeln
im Gesicht."
Niclas Ekberg, der in London
mit Schweden Silber gewann, zudem bester Turnier-Torschützenkönig wurde, hat
beim THW einen Dreijahresvertrag bis 2015 unterschrieben,
teilt sich die Rechtsaußenposition künftig mit Christian Sprenger.
"Er macht unseren Kader noch ein paar Prozent stärker", sagt Manager
Klaus Elwardt über den
Neuzugang. Ekbergs Stärken
haben sich rumgesprochen in Europa. Er glänzt mit großem
Wurfrepertoire, ist ein sicherer Siebenmeterschütze, und
er erzielt viele Tore über den schnellen Gegenstoß. "Auf
den kleinsten Füßen, seit ich zurückdenken kann", bemerkt
Sabine Holdorf-Schust
mit einem Schmunzeln. Schuhgröße acht trägt Ekberg.
"Langsam bin ich trotzdem nicht."
Nach dem Aus in Kopenhagen habe es viele Angebote gegeben,
"aber für mich war der THW die Nummer eins. Ein
Traum geht in Erfüllung", erklärt er. Seit Dienstag erkundet
Ekberg seine neue Wahlheimat,
wartet auf die Rückkehr seiner künftigen Mitspieler
vom Super Globe aus Katar und regelt private Dinge.
Das größte Problem sei die Wohnung. Der Schwede sucht
ein Reihenhaus in Kiel oder Umgebung, das er mit Freundin
Nathalie (23) und seinem weißen Westhighland-Terrier
Tito beziehen möchte.
Deutsch lernen steht ebenfalls weit oben auf der Agenda. "In
der Schule habe ich Spanisch gewählt, ich bemühe mich, die
Sprache schnell zu sprechen." Und die Fitness? "Ich bin
zufrieden." Nach London habe er die Beine ein paar Tage
baumeln lassen. "Danach habe ich allein gearbeitet. Hart.
Und bei meinem ehemaligen Club IF Ystad mittrainiert."
Eine gute Fitness sei nämlich Grundvoraussetzung, erklärt
Ekberg. "Ist der Körper im
Gleichgewicht, ist er auch gut gegen Verletzungen geschützt."
Deswegen freue er sich auf die bekannt harten
Einheiten von Alfred Gislason.
"Ich habe viel davon gehört."
Integrationsprobleme befürchtet er nicht, auch nicht für seine Freundin, die gerne
Fußball spiele, zur Zeit aber einen Kreuzbandriss auskuriere.
"Nathalie wird sich in Kiel einen neuen Club suchen."
Private Freunde haben die beiden Neu-Kieler gleich
mitgebracht: Rene Toft Hansen und
Gudjon Valur Sigurdsson,
zwei andere THW-Neuzugänge,
mit denen Ekberg in Kopenhagen zusammenspielte. "Prima Typen,
und die Frauen sind ebenfalls
befreundet." Erst einmal aber freut sich Kiels neuer Rechtsaußen
auf den 12. September, das erste Heimspiel gegen
GWD Minden. "Die Atmosphäre in der Sparkassen-Arena ist einmalig. Meine Premiere
werde ich genießen."
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 30.08.2012)