19.03.2013 | Mannschaft |
Niclas Ekberg. |
Sicher, er hätte einige Varianten parat, sagt Ekberg, der mit seiner linken Hand den Ball schneller ziehen kann als Lucky Luke den Colt. "Aber letztlich entscheide ich spontan." Alles eine Sache der Nerven, wer zuerst die Karten auf den Tisch legt, der hat verloren. Ekberg arbeitet daran, sich einen Status wie der Däne Anders Eggert (SG Flensburg-Handewitt) zu verdienen, der Siebenmeter mit einer atemberaubenden Sicherheit verwandelt. "Bei ihm ist es schon so, dass der Torhüter unter dem Druck steht, sich etwas Besonderes einfallen lassen zu müssen." Soweit sei es bei ihm noch nicht. Allerdings - spätestens seit dem 36:32-Sieg in Minden, bei dem er alle sechs Strafwürfe verwandelte, ist Ekberg auf dem Weg, sich auch in der Bundesliga einen guten Namen zu machen. "Ein Siebenmeter muss immer ein Tor sein. Wenn ich bei zehn Versuchen neunmal treffe, ist das okay. Mehr aber auch nicht." Im Nationaltrikot ist Ekberg längst eine Bank. Als die Schweden bei der Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land Vierter wurden, verwandelte er von 20 Siebenmetern 18. Bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr war er mit 50 Toren bester Werfer der Silber-Jungs. Siebenmeter? 17 von 21.
Ekberg, im Sommer von der insolventen AG Kopenhagen gekommen, legt im Training keine nennenswerten Sonderschichten an der Linie ein, mit den Eigenheiten seiner Gegenüber beschäftigt er sich nicht. Ein Arpad Sterbik, der Hüne des FC Barcelona, ist für ihn lediglich "ein großer Torhüter". Einer, der die Lücken eben kleiner macht als andere. Wirklich kniffelig sei allerdings der Berliner Silvio Heinevetter. "Der bewegt sich manchmal so verrückt. Da weiß er selbst nicht, was er macht."
Als 17-Jähriger warf er die ersten Siebenmeter und seiner Mutter Inger Olsson verdankt er, dass er nun dieses Ritual besitzt. "Sie hat mich gefragt, warum ich den Ball immer viermal auftippe. Mir war das gar nicht aufgefallen", sagt Ekberg. "Aber als es mir klar geworden ist, habe ich es nicht mehr geändert."
Der Linkshänder lebt mit Freundin Nathalie Lundgren in einem gemütlichen
Häuschen in Achterwehr und spricht bereits fließend Deutsch. "In der
Schule hatte ich mit Sprachen immer große Schwierigkeiten", sagt
Ekberg. "Aber wenn ich sie dann höre, geht
es ganz schnell." Innerhalb von zwei Wochen eignete er sich Dänisch an,
als er von IFK Ystad nach Kopenhagen wechselte. In Kiel kam der 77-malige
Nationalspieler mit einem Wortschatz an, der sich auf "Hallo" und
"Tschüs" beschränkte. Diese Zeiten sind lange vorbei. Ekberg
ist auf dem besten Weg, in Kiel in die großen Fußspuren seines Landsmanns
Johan Petersson zu treten, der in vier
THW-Jahren 1097 Tore erzielte. 309 davon per Strafwurf.
Er ist ein riesiges Talent mit einem unglaublichen Repertoire an Würfen. Um ein kompletter Spieler zu werden, muss er in der Deckung zulegen. Ein Abwehrexperte ist er noch nicht.
Er ist ein genialer Handballer, der noch lange in Kiel spielen wird. Ich bin mir sicher, dass er in zwei, drei Jahren der beste Außen der Welt sein wird.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 19.03.2013)
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