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27.08.2012 Mannschaft

Zebra-Journal: Vujin sucht seine zweite Hälfte

In Ungarn gelangweilt: Tormaschine will an der Förde das Abwehrspiel erlernen

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 25.08.2012:

Eigentlich sollte Marko Vujin bei Kim Andersson und Christian Zeitz ein Jahr in die Lehre gegen können. Nach dem Abschied des Schweden wird die Schonzeit für den serbischen Torjäger verkürzt.
Klicken Sie zum Vergrößern! Eigentlich sollte Marko Vujin bei Kim Andersson und Christian Zeitz ein Jahr in die Lehre gegen können. Nach dem Abschied des Schweden wird die Schonzeit für den serbischen Torjäger verkürzt.
Sein Englisch sei nicht so gut, sagte Marko Vujin - und sprach es fließend. Sein Ungarisch wäre dagegen perfekt, das würde er sprechen wie Serbisch. Letzteres ist seine Muttersprache, Ungarisch spricht er im Dienst, spielte der 27-Jährige doch fünf Jahre für Serienmeister MKB Veszprem. Im Sommer wechselte er zum THW Kiel, bei dem er bis 2016 unterschrieb.
Deshalb paukte der Linkshänder, der in Kiel die Rückennummer "41" tragen wird, seit Monaten Sprache Nummer vier. "Wie geht es Dir?" Die Begrüßungsformel sitzt schon. "Wenn ich nach Kiel komme, will ich die Kollegen verstehen können." Der 27-Jährige weiß, dass Deutsch die Amtssprache in dem Sieben-Nationen-Team ist. "Für mich war es ein Traum, ein Angebot vom THW bekommen zu haben. Das ist der beste Club der Welt."

Als 18-Jähriger wechselte er zum ungarischen Erstligisten Dunaferr. Die ersten Monate seien hart gewesen, sagte Vujin. "Aber ich bin deshalb ein guter Hausmann geworden." Waschen, kochen, aufräumen - das würde er alles beherrschen. Weil ihm auch die Würfe aus dem rechten Rückraum gut gelangen, wurde er Torschützenkönig und für MKB Veszprem interessant. Im ersten Jahr stand er im Schatten des Superstars Kiril Lazarov, aber als der Mazedonier nach Zagreb ging, war der Weg frei. Veszprem sei der richtige Schritt gewesen, so Vujin. Es sei aber auch richtig, jetzt einen weiteren zu machen. Der ungarische Handball langweilte ihn. "Wir haben zuletzt drei Jahre lang keinen Punkt abgegeben und im Verein ist alles auf die Champions League ausgerichtet." Weil dem so war, setzte Trainer Lajos Mocsai ihn nur im Angriff ein. Der 1,99 Meter große Serbe sollte frisch sein, um die leichten Tore zu werfen. Aus THW-Sicht ist er damit nur ein halber Spieler.

Eine Wurfmaschine, die nicht decken kann, hilft dem Rekordmeister nicht weiter. Das weiß auch Vujin, der mit Mocsai schließlich einen Kompromiss erzielen konnte. Nach der EM im eigenen Land, die für Vujin und seine Landsleute mit der umjubelten Silbermedaille endete, durfte er in der ungarischen Liga in den Spielen gegen die "schwächeren Teams" in der Deckung aushelfen. Ein Anfang für Vujin, der noch nie decken musste, das aber unbedingt erlernen will. "Ich weiß, dass ich das können muss, und werde richtig Gas geben", sagt Vujin, den Freundin Bojana (24), eine Wirtschaftsstudentin, nach Kiel begleiten wird.

Bei der Europameisterschaft war er aber auch als Angriffsspieler lange der Buhmann der serbischen Medien. Gegen Deutschland (21:21) wurde er, der bei sechs Würfen torlos blieb, gar zum "Flop des Spiels" gekürt. Das war er auch schon gegen die Slowakei, dem letzten Vorrundengegner. "Meine Leistung sollte am Ende des Turniers bewertet werden", sagte Vujin ungerührt und ließ Taten folgen. Beim 24:21-Sieg gegen die Schweden, der letztlich den Weg ins EM-Halbfinale und zu den Olympischen Spielen ebnen sollte, beendete er mit fünf Toren seine Flaute und wurde zum besten Spieler der Serben gewählt. Der sanfte Riese ist neben Kapitän Momir Ilic die Lebensversicherung einer Mannschaft, die nur begrenzte Alternativen hat. Ilic hatte sich schon vor dem Schweden-Spiel zuversichtlich gegeben, dass er wieder ins Turnier finden würde. Daran, dass Vujin eine Verstärkung für den THW sein wird, hat Ilic sowieso keine Zweifel. "Mit seinen Qualitäten passt er zu uns. Als Spieler. Und als Mensch."

Das Los wollte es so, dass Vujin in der Gruppenphase der Champions League mit seinem neuen Club gegen den ehemaligen antreten wird. Vor fünf Jahren erlebte er dieses Duell in Diensten von Veszprem und behielt keine guten Erinnerungen daran. Nicht nur, weil die Ungarn (39:36 in Veszprem, 32:39 in Kiel) ausschieden - Vujin blieb in beiden Spielen ohne Tor. Eine Quote, die sich bei der Neuauflage kaum wiederholen dürfte, reifte er doch in den vergangenen Jahren zu einem der begehrtesten Linkshänder der Welt heran.

Das sagt Gislason:

Mit seiner Spielweise ist er eine Mischung aus Christian Zeitz und Kim Andersson. Er hat einen super Wurf, sieht aber auch den Nebenmann - im Angriff kann er alles. Für ihn wird die große Herausfoderung sein, auch das Abwehrspiel zu erlernen. In der ungarischen Liga wurde ihm schon als 18-Jähriger gesagt, dass er nur dafür zuständig ist, Tore zu werfen. Das wird in Kiel nicht reichen, er wird verschiedene Taktiken in der Abwehr beherrschen müssen. Mitte der Saison sollten die Abläufe sitzen, sonst haben wir alle ein riesiges Problem. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass er es schaffen wird. Ein Abwehrspieler zu werden, ist nicht in erster Linie eine Sache des Könnens, sondern eine des Wollens. Und ich bin mir sicher, dass er will.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 25.08.2012. Das Gespräch führte Wolf Paarmann)


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