- Kieler Nachrichten:
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Herr Serdarusic, wie beurteilen Sie die THW-Titelchancen
nach der Schlappe gegen Willstätt/Schutterwald?
- Noka Serdarusic:
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Natürlich hat uns das zurück geworfen. Verloren ist aber nichts,
die Spitze ist jetzt noch enger zusammen gerückt. Fünf Teams kämpfen Kopf
an Kopf um die Meisterschaft. Wichtig wird sein, dass wir bis zum Mai oben dran bleiben.
Dann folgt der Monat der Wahrheit mit den entscheidenden Spielen.
- Kieler Nachrichten:
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Mit Ege, Przybecki,
Jacobsen und
Scheffler haben Sie seit Wochen und Monaten Langzeitverletzte.
Dürfen Sie mit einem dieser Spieler noch in dieser Saison rechnen?
- Noka Serdarusic:
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Steinar Ege ist schon öfter beim Training dabei,
absolviert leichtes Lauftraining und hat auch schon wieder zwischen den Torpfosten gestanden.
Setzt sich die Entwicklung fort, rechne ich in vier bis fünf Wochen damit, dass er
wieder voll am Mannschaftstraining teilnehmen kann. Gleiches gilt für
Piotr Przybecki. Geht alles gut, könnte er bereits Ende April,
Anfang Mai seine ersten Spiele für den THW machen.
Christian Scheffler war nicht so schwer verletzt. Er dürfte in 14 Tagen
wieder im Team stehen. Mit
Nikolaj Jacobsen rechne ich dagegen erst wieder in der nächsten Saison.
Vermutlich kann er nicht vor Juni mit der vollen Belastung beginnen. Er soll nichts überstürzen.
- Kieler Nachrichten:
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Göppingen hat mit einer enorm aggressiven Abwehr vor Wochenfrist deutlich gegen Willstätt
gewonnen. Was müssen Sie im Vergleich zum Mittwoch verändern, um gegen Frisch Auf bestehen zu können?
- Noka Serdarusic:
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Unsere Art Handball zu spielen ist es, mit taktischen Mitteln und einem schnellen
Ball offensive Abwehrreihen zu bezwingen. Das ist gegen Willstätt nicht gelungen,
weil wir uns auf deren Spiel eingelassen haben und vor allem die Schiedsrichter die zum Teil
unfaire Gangart zugelassen haben.
- Kieler Nachrichten:
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Was werfen Sie Jutta Ehrmann und Susanne Künzig,
dem einzigen weiblichen Schiedsrichtergespann der Männer-Bundesliga, im Einzelnen vor?
- Noka Serdarusic:
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Ich bin der Meinung, dass wir bewusst verpfiffen worden sind. Aus meiner Sicht war es so
eine Art Racheakt gegen mich. Die Ursache liegt ein Jahr zurück bei unserer Niederlage in
Eisenach. Auf der anschließenden Pressekonferenz habe ich gesagt, um auswärts gewinnen
zu können, bräuchte man zwei Unparteiische im echten Wortsinn. Die hätten wir nicht gehabt.
Susanne Künzig hat sich nachher bei mir beschwert und mir unfaires Verhalten vorgeworfen.
Vielleicht kann man mir unterstellen, ich sei ein typischer männlicher Chauvinist.
Aber ich habe in meinem Leben oft die Erfahrung gemacht, dass Frauen es nie vergessen,
wenn sie angegriffen werden. Die Quittung habe ich jetzt bekommen. Im Spiel
ging es gleich mit einseitigen Entscheidungen gegen uns los. Als ich ruhig mit
ihr darüber sprechen wollte, fuhr sie mich mit den Worten an:
"Hau ab!" So etwas ist mir in meiner langen Karriere noch nie passiert. Als
ich mir diese Anrede verbeten habe, kassierte ich eine Zeitstrafe.
Auch unsere Betreuer wurden mit Sätzen wie "halt die Klappe" und anderen
derben Sprüchen abgewiesen. Weitere grobe Fehlentscheidungen sorgten dann für
totale Konfusion in meiner Mannschaft.
[Siehe auch Sonderbericht.]
- Kieler Nachrichten:
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Werden Sie etwas gegen diese Behandlung unternehmen?
- Noka Serdarusic:
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Sicher. Das ist eine Art, dich ich nicht dulden kann und werde. Ich
werde Video-Beweise vorlegen und auf faire Weise versuchen, beim Schiedsrichterwart zu erreichen,
dass dieses Gespann uns in Zukunft erspart bleibt. Mit anderen Schiedsrichtern, mit denen
es in der Hitze des Gefechts mal Probleme gegeben hatte, wurden die Dinge in einem
offenen Gespräch bereinigt. Das ist mit diesem Gespann nicht möglich. Ich hoffe,
dass sich unsere Wege nie mehr kreuzen.
- Kieler Nachrichten:
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Gab es nach der Schlappe gegen Willstätt Straftraining oder Seelenpflege für das Team?
- Noka Serdarusic:
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Wenn sie nicht gekämpft hätten, wäre eine entsprechende Reaktion gekommen.
Das war aber überhaupt nicht der Fall. Selten habe ich eine meiner Mannschaften erlebt,
die nach einem Spiel so niedergeschlagen war. Entgegen anderen Auswärts-Gepflogenheiten habe
ich nach dem Spiel sogar ein Bier genehmigt, das vorgesehene Vormittagstraining gestrichen
und erst am nächsten Morgen über das Erlebte gesprochen. Bei der Gelegenheit
habe ich dem Team auch die Umstände meiner Zeitstrafe erklärt und natürlich
darauf verwiesen, dass diese Aktion uns zurückgeworfen hat. Ansonsten haben wir die
Ereignisse abgehakt nach dem Motto: Das Leben geht weiter. Ich bin überzeugt, dass
wir mental gut für die Partie gegen Göppingen gerüstet sind.
(Aus den Kieler Nachrichten vom 9.3.2002, das Gespräch führte Reimer Plöhn)