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06.08.2004 Vorbereitung

Kieler Nachrichten: "Ich habe überall Schmerzen"

Olsson-Schützling Thomas Forsberg erlebt das Trainingslager des THW Kiel schlicht als Hölle

Aus den Kieler Nachrichten vom 06.08.2004:

Varel-Obenstrohe - Abends? "Erst lege ich mich hin und dann komme ich nicht mehr hoch." Für Thomas Forsberg ist das Trainingslager schlicht "the hell". Die Hölle. Der 23-Jährige ist einer von drei jungen Spielern, die Staffan Olsson von seinem Klub Hammarby IK mit nach Varel nahm.
"Die drei dachten, sie würden in Schweden gut trainieren. Da musste ich sie erst einmal vom Gegenteil überzeugen." Forsberg hatte sich den Ausflug nach Friesland ganz anders vorgestellt. "Morgens Joggen, danach ein bisschen Gym, abends Handball - das hörte sich nicht schlimm an." Schließlich trainiert der Torhüter des Stockholmer Klubs auch zu Hause sechsmal in der Woche. Er gilt als fleißig und als ein großes Talent. Forsberg durchlief alle Jugend-Nationalmannschaften und absolvierte mehr als 40 Länderspiele. Eigentlich war er guten Mutes nach Varel gefahren. "Am ersten Tag konnte ich noch mithalten. Danach hatte ich nur noch Schmerzen. Überall." Bei der ersten Laufeineinheit spielte er noch mit dem Gedanken, Stefan Lövgen zu überholen. "Aber ich dachte, das sei nicht erlaubt." Schließlich hätten einige Läufer hinter dem THW Kapitän um einiges frischer ausgesehen. Später hatte er nur noch das Ziel, nicht von dem 40-jährigen Olsson überholt zu werden. "Dafür wäre ich auf den Händen weiter gelaufen." Er beißt sich durch, quält sich wie seine beiden Kollegen Lukas und Tobias Karlsson von einer Übung zur nächsten.

Neulich bot ihnen Noka Serdarusic seinen Wagen an, um sich einmal die Gegend anzusehen. Vielleicht einen Ausflug nach Wilhelmshaven zu machen. Der THW-Trainer erntete nur ungläubige Blicke. Für einen Schritt zu viel fehlt schlicht die Kraft. "Die Jungs träumen davon, einmal im Ausland zu spielen", weiß Olsson. "Da sollten sie mal sehen, wie es hier abläuft." Wer als Schwede Karriere machen will, der muss die Heimat verlassen. Olsson schätzt, dass derzeit mehr als 70 Profis in Spanien und Deutschland ihr Geld verdienen. Viele junge Schweden wandern auch ins Nachbarland Dänemark ab. Dem Handballverband und den Vereinen in Schweden würden noch die professionellen Strukturen fehlen, um Spieler entsprechend zu bezahlen und somit die Landflucht zu vermeiden. "Für Stars wie Kim Andersson wird es nie reichen. Aber wir müssten Spieler halten können, die im Ausland in der zweiten Liga ihr Geld verdienen. Dann wäre auch die Qualität unserer Liga besser."

Ein Thomas Forsberg, der als Computerfachmann rund 2000 Euro im Monat bekommt, verdient sich bei Hammarby noch einmal 1000 Euro dazu. Ein durchschnittlicher Lohn. Manche, so Olsson, verdienen gar nichts. Der 359-fache Nationalspieler sieht den Handballsport in Schweden dennoch auf einem guten Weg. Mittlerweile hat auch das Fernsehen Interesse gezeigt. Demnächst wird es sonntags eine zweistündige Handballsendung geben, die auch über die Bundesliga informiert. Forsberg will aber nicht länger warten und denkt daran, nach dieser Saison seine Koffer zu packen. "Wenn ich nicht gut genug bin, kann ich nichts dafür. Wenn ich zu wenig trainiere, bin ich selbst schuld. Und so ein Camp wie hier, gibt es nur im Ausland."

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 06.08.2004)


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