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10.09.2004 Mannschaft

Zebra-Journal: THW Kiel sieht sich nur als Außenseiter

Erneute Pungartnik-Operation trübt die Zuversicht

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 10.09.2004:

Der THW Kiel startet mit ungewohnt leisen Tönen in die neue Bundesliga-Saison. Zwar ermöglichten neue Sponsoren erneut einen Etat um die Fünf-Millionen-Grenze herum. Doch das vergebliche Werben um die beiden Hamburger Nationalspieler Pascal Hens und Torsten Jansen hinterließ im sportlichen Konzept des zehnfachen Deutschen Meisters kurzfristige Lücken.
"Wir haben vor allem in der Defensivarbeit Qualität verloren", ordnet THW-Coach Noka Serdarusic sein Team derzeit hinter der Konkurrenz aus Flensburg, Magdeburg und Lemgo ein. Auch weil die Vorbereitung auf die neue Saison nicht optimal verlief. Ohne Athen-Fahrer Christian Zeitz mussten die Kieler alle Vorbereitungsspiele ohne Linkshänder im Rückraum absolvieren, da der Slowene Roman Pungartnik nach einer erneuten Knieoperation voraussichtlich bis November ausfällt. Zudem passte im Abwehrverband der Zebras im Jahr eins nach Klaus-Dieter Petersen wenig zusammen. Keine beruhigende Erkenntnis, dass der THW einen 35-jährigen Standby-Spieler benötigt, um aus einem Sieb eine Wand zu machen. Zudem schlugen alle Versuche fehl, kurzfristig Ersatz für Pungartnik zu finden. Der Schwede Kim Andersson, im nächsten Jahr Neuzugang des THW Kiel, wollte zwar ein Jahr früher an die Förde wechseln. Doch sein Verein IK Sävehof winkte ab. Dann sagte mit Staffan Olsson auch der zweite Wunschkandidat ab. Im Trainingslager des THW war der 40-Jährige mit drei Talenten seines schwedischen Klubs Hammarby IK zwar noch freiwillig dabei. Doch den ganzen Schritt zurück wollte Olsson nicht vollziehen. Als Lehrer an einem Handball-Gymnasium und Co-Trainer von Hammarby hat "der Alte" in seiner Heimat zu tiefe Wurzeln gegraben. "Ich muss jetzt endlich einmal erwachsen werden." Durch die Olympischen Spiele sei die Vorbereitung nicht optimal gewesen, beklagte Noka Serdarusic auch seine kurze Personaldecke. So sei es schwer möglich gewesen, spieltaktische Elemente zu trainieren. Zudem musste Martin Boquist den verwaisten Part im rechten Rückraum übernehmen. Eigentlich soll der Schwede nach einer schwachen ersten Saison nun endlich im linken Rückraum Fuß fassen. Trotz aller Klagelieger - der THW Kiel hat in der Vorbereitung auch gezeigt, dass in diesem Jahr wieder mit ihm zu rechnen ist.

Vorausgesetzt, der knapp bemessene Kader bleibt von weiteren Verletzungen verschont. Die beiden Neuen, Frode Hagen (FC Barcelona) und Henrik Lundström (Redbergslids Göteborg), haben ihren Weg ins Team schnell gefunden. Der Norweger Hagen ist ein nerven-starker Typ, der in Abwehr und Angriff seine Arbeit ohne Angst verrichtet. Dass er einen Ein-Jahres-Vertrag akzeptierte, spricht für sein Selbstbewusstsein und brachte ihm den Respekt des Trainers ein. Der Schwede Lundström ist ähnlich flink unterwegs wie Adrian Wagner und könnte so eine echte Entlastung für den Linksaußen werden, der in der letzten Saison durch die Verletzung von Nikolaj Jacobsen nur wenige Pausen bekam. Eine Schlüsselrolle im Angriff kommt dabei Christian Zeitz zu. Der Linkshänder ("Ich hatte in Athen vier Wochen schönen Urlaub") wurde von Heiner Brand während der Olympischen Spiele sehr stiefmütterlich behandelt. Entsprechend motiviert wird der 23-Jährige nun in die Saison starten, um den Bundestrainer eines Besseren zu belehren.

Mit Christoph Schindler (21), Dennis Klockmann (22) und Daniel Sommerfeld (18) holte sich der Vizemeister zudem drei Talente an Bord, die mit einem Zweitspielrecht für den TSV Altenholz ausgerüstet wurden. Damit schreibt der THW Kiel gemeinsam mit dem TSV Altenholz und dem Oberligisten SV Mönkeberg ein neues Kapitel. THW-Coach Noka Serdarusic und seine beiden ehemaligen Schüler Wolfgang Schwenke (Altenholz) und Martin Schmidt (Mönkeberg) wollen so eine Plattform schaffen, die Talente aus der Region an den Leistungssport heranführt. Spielen in Altenholz und trainieren mit den Stars des THW - diese Motivationspille soll den Nachwuchs anlocken. Für wen der Schritt in die Zweite Liga noch zu groß ist, der kann seine Runden erst einmal in Mönkeberg drehen. Ein Kandidat, der diesen Weg einschlagen könnte, ist der 19-jährige Linkshänder Christian Drecke, der zu Saisonbeginn vom TSV Ellerbek nach Altenholz wechselte. Als Ablöse bekam der Hamburger Regionalligist ein Freundschaftsspiel mit dem THW Kiel, der auch in Altenholz ohne Gage aufspielte. Den Erlös durfte der Zweitligist behalten, um damit Talenten unter die Arme zu greifen. "Wenn einer von 20 den Sprung zum THW schafft, macht diese Zusammenarbeit auch für Noka Sinn", weiß Wolfgang Schwenke, dem die Rolle als Talentschmied liegt. Bei den Ansprüchen des THW Kiel kann dieser Weg aber nur eine Nebenstrecke sein. Zusätzlich zu Kim Andersson sollen zur neuen Saison noch zwei "Wunschspieler" kommen.

Für den THW Kiel wäre das das ultimative Ende vom Umbruch. Einen Weg, bei dem auch die Sponsoren ihren langen Atem unter Beweis stellen wollen. Dann, so Serdarusic, brechen bei der traditionellen Jahrespressekonferenz andere Zeiten an. "Ich freue mich darauf, eines Tages nur mit meinem Kapitän hier zu sitzen. Ganz ohne Neuzugänge."

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 10.09.2004)


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