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04.01.2005 Interview

Kieler Nachrichten: Mit Selbstbewusstsein an die Spitze

THW-Vorrunden-Bilanz fällt positiv aus, aber Noka Serdarusic warnt vor "Tanz auf dem Seil"

Update #1 Kommentar der KN ergänzt

Aus den Kieler Nachrichten vom 04.01.2005:

THW-Trainer Noka Serdarusic
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Kiel - Ursprüngliches Saisonziel des Handball-Bundesligisten THW Kiel war Platz drei und das Erreichen der Champions-League-Qualifikation. Vor der WM-Pause blicken die Zebras aus der Vogelperspektive und als Halbzeitmeister auf die Konkurrenz, außerdem stehen sie im Europacup und DHB-Pokal in der Runde der letzten Acht. Die KN fragten bei Trainer Noka Serdarusic nach Gründen für den Erfolg nach. Mit THW-Trainer Noka Serdarusic sprach Reimer Plöhn.

Kieler Nachrichten:
Der THW hat sich in den Kreis der heißen Titelanwärter gespielt. Hatten Sie mit dieser Entwicklung gerechnet?
Noka Serdarusic:
Ehrlich, nein! Das konnte vor der Saison keiner erwarten. Aber die Mannschaft hat sich schnell gefunden und auch den wochenlangen Ausfall ihres Spielführers und Leitwolfs Stefan Lövgren glänzend weggesteckt.
Kieler Nachrichten:
Was zeichnet Ihr Team aus?
Noka Serdarusic:
Es glaubt an sich. Wir waren personell schon besser bestückt, hatten aber nie ein Team, das so selbstbewusst ist. Außerdem gab es keine Minute, in der die Spieler nicht wollten, selbst in den schlechten Spielen gegen Düsseldorf oder Schwerin. Und die Mannschaft ist pflegeleicht - auch außerhalb der Halle. Wie geduldig die Spieler auf Fan-Wünsche eingehen und mit den Kindern kommunizieren, ist beispielhaft. So auch nach dem Sieg in Essen. Alle Spieler und ich haben einen Brief von Michael Schwarnges, dem Betreuer und Vater der D-Jugend erhalten, die die Spieler zum Anpfiff begleitet hatten. Darin bedankt sich der Mann ausdrücklich für die liebevolle und einfühlsame Weise, wie meine Spieler mit seinen Kindern und weiteren hunderten Foto- und Autogrammwünschen umgegangen seien. Das habe er mit gestandenen Profisportlern noch nie erlebt. Er nannte es ein unvergessliches Erlebnis.
Kieler Nachrichten:
Jetzt führt der Weg direkt zur elften deutschen Meisterschaft?
Noka Serdarusic:
Nicht so forsch. Wir hatten mit unserer kurzen Personaldecke auch Glück. Zum Beispiel, dass außer Lövgren keine weiteren Leistungsträger im Rückraum ausgefallen sind. Wenn es dort künftig Verletzungen gibt, ist dass nicht zu kompensieren. Der Blick in die Zukunft ist vergleichbar mit einem gefährlichen Tanz auf dem Seil.
Kieler Nachrichten:
Wie zufrieden sind Sie mit den Neuzugängen?
Noka Serdarusic:
Frode Hagen hat voll überzeugt. Er ist kein Ästhet, sondern ein Handball-Handwerker, sehr robust, sehr engagiert. Diese Eigenschaften machen ihn stark, Frode ist ohne Zweifel eine prima Verstärkung für uns. Auf einem guten Weg befindet sich auch Linksaußen Henrik Lundström. Er hat öfter gezeigt, was er drauf hat, um dann wieder abzutauchen. Zuletzt wurde er konstanter. Deswegen hat er gegen Lemgo auch durchgespielt und sich mit einem super Spiel über 60 Minuten bedankt.
Kieler Nachrichten:
Mit Adrian Wagner hat der THW verlängert - weil Torsten Jansen vom HSV nicht zu haben war?
Noka Serdarusic:
Nein, Adrian hat alles, was man von einem Linksaußen erwartet. Er wird es wieder zeigen, die Formkrise kann nicht 100 Jahre anhalten. Jetzt hat er noch eineinhalb Jahre, um sein Können zu zeigen. Schafft er es nicht, dann ist es allerdings vorbei. Im Training gibt er jedenfalls alles. Übrigens kann ich den Namen HSV nicht mehr hören. Die Spieler interessieren mich nicht mehr, der Verein schon gar nicht. Was da passiert ist, ist doch ein Verbrechen gegen unseren Sport. Da kehrt die Nationalmannschaft aus Athen mit Silber zurück, hätte für einen Schub für mehrere Jahre sorgen können. Doch stattdessen wird nur noch über Klimek, Knast und Betrug geschrieben. Eine Riesensauerei.
Kieler Nachrichten:
Rechtsaußen Johan Petersson befindet sich in der Form seines Lebens. Er geht am Saisonende. Wie schwer wiegt dieser Verlust?
Noka Serdarusic:
Gleichwertig wird Johan nicht zu ersetzen sein. Wir müssen abwarten, was passiert. Aber im Großen und Ganzen steht die Mannschaft für die Zukunft. Kim Andersson, Nikola Karabatic und Pelle Linders werden ganz sicher die erhofften Verstärkungen werden. Gemeinsam mit dem jetzigen Kader besitzt diese Mannschaft eine sehr gute Perspektive.
(Aus den Kieler Nachrichten vom 04.01.2005, das Interview führte Reimer Plöhn.)

  Aus den Kieler Nachrichten vom 04.01.2005:

Angemerkt - Gegenentwurf

Zweifeln, mahnen, nicht nachlassen, wach halten. Alles Eigenschaften, die Noka Serdarusic, den Trainer des THW Kiel, seit jeher charakterisieren. Sie führten oft genug zum Erfolg - auch weil Serdarusic seinen Mannschaften fast immer diesen - seinen - Geist einflößen konnte. Das ist dem "ewigen THW-Coach" in seiner zwölften Amtszeit auch mit den Zebras 2004/ 2005 gelungen. Von der Papierform her mögen andere Bundesligamannschaften überlegen sein, an Quantität und Qualität. Teamgeist, Selbstbewusstsein und Siegeswillen haben die Kieler aber erneut dorthin geführt, wo sie nach eigenem Selbstverständnis hingehören: an die Spitze.

Der THW ist ein finanziell gesunder Klub, dafür sorgt ein seriöses und fachkundiges Umfeld. Als Zuschauerkrösus der Liga schwimmt die GmbH dennoch nicht in Geld. Manager Uwe Schwenker ordnet sich beim Etat Spielerausgaben im Vergleich mit der Bundesliga-Konkurrenz zwischen Platz drei und vier ein. Diesen Nachteil kompensierte das Tandem Schwenker/Serdarusic stets mit selektiver Spieler-Auswahl. Unsere Leute müssen sportlich, aber vor allem menschlich passen, lautet der Leitsatz. Ein wohltuender Gegenentwurf zum Fußball-Branchenführer Real Madrid, der sich mit einer Wursttruppe aus zusammengewürfelten Weltstars lächerlich macht.

Anders als Real rangiert der THW nach dem personellen Umbruch schon wieder in der Nähe der Weltspitze. Im Sommer 2005 erst, so lautet die offizielle Planung, soll das Team der Zukunft perfekt sein und neue, große Triumphe feiern. Titel am Wegesrande zu diesem Ziel wird es nicht liegen lassen.

(Ein Kommentar von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 04.01.2005)  


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