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15.06.2005 Presse / Bundesliga

handball-magazin: "Das Kontinuum THW Kiel"

Zum elften Mal haben die Zebras die Deutsche Meisterschaft gewonnen - Nun rüsten Schwenker und Serdarusic den Kader für das nächste Projekt - den Gewinn der Champions League

Aus dem handball-magazin 6/2005:

Der Luftraum über der Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins war am späten Abend noch über die Maßen belebt. Mit wippenden Flügeln donnerte die Emden über den Rathausplatz und ließ 20000 Kieler verzückt johlen. Wenig später landete die Chartermaschine in Holtenau. Der Schwede Stefan Lövgren nestelte bereits beim ersten Bodenkontakt unruhig an seinem Sicherheitsgurt, um den Vorteil des Flugzeugs zu nutzen: Oberhalb des Pilotensitzes verfügt der Typ Saab 2000 über eine Luke, durch die im letzten Jahr bereits der Fußballtrainer Thomas Schaaf mit der Fahne von Werder Bremen schaute. Ein Bild, das im ganzen Land zu sehen war, doch Lövgren setzte sich und den THW Kiel besser in Szene. Der Schwede präsentierte nicht nur eine riesige schwarz-weiße Fahne, sondern auch die Meisterschale, die nach einjährigen Aufenthalten in Lemgo und Flensburg wieder an die Kieler Förde zurückkehrte.
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Die triumphale Ankunft nach dem letzten Spiel in Düsseldorf (36:30) war Teil einer neuen Meistergeschichte, die vor allem von Statistikern geschrieben wurde: In der Liga überstand Kiel 27 Spiele in Folge und damit 235 Tage ohne Niederlage. Nach schlappem Start (8:4 Punkte) folgte eine 54:2-Punkte-Serie. Nur zwei Mal musste sich der THW geschlagen geben - in Göppingen (30:31) und in Flensburg (21:25). Beiden Widersachern gelang auch in der Ostseehalle ein Remis. Kiel trat so erfolgreich wie einst der TBV Lemgo auf. Vor zwei Jahren hatten sich die Ostwestfalen ebenfalls nur sechs Minuspunkte erlaubt. "Wir haben eine unglaubliche Saison gespielt", sagte der Norweger Frode Hagen. Als Maßstab muss man den TV Großwallstadt bemühen, der 1979 mit lediglich einem verlorenen Spiel und ein Jahr darauf mit zwei Niederlagen zu Meisterehren gelangte. 1957 begann Kiel eine imposante Sammlung, die mittlerweile auf elf Titel angewachsen ist. Rekordmeister Gummersbach ist nur noch einen Titel voraus.

Kiel ist das Kontinuum im deutschen Handball. Weil das kompliziert klingt, sagt man besser: das Bayern München des Handballs. "Es gibt ein paar Parallelen, die man ziehen könnte. Ich selbst habe den Vergleich nie gesucht, weil wir der THW Kiel sind", sagt Uwe Schwenker. Geschmeichelt fühlt sich der Geschäftsführer der THW Kiel Handball-Bundesliga GmbH & Co. KG trotzdem: "Ich empfinde das als Kompliment."

Auftakt der neuen Spielzeit in Flensburg

Der 46-Jährige, der seit 1993 gemeinsam mit dem Trainer Zvonimir Serdarusic die Geschicke des THW Kiel steuert, weiß mit derlei Lob umzugehen, schließlich musste er sich noch im Mai letzten Jahres fragen lassen, ob die Zebras weiter mit Flensburg mithalten könnten. Kurz zuvor hatte die SG den Kroaten Blazenko Lackovic verpflichtet und Kiel nicht nur sportlich geschlagen. "Ein Jahr später sind wir wieder Meister und haben offensichtlich eine sehr gute Perspektive", sagt Schwenker. "Es ist immer wieder eine Momentaufnahme."

Der ehemalige Nationalspieler, zu seiner aktiven Zeit als Mister Gegenstoß berühmt geworden, kennt die Gesetze der Medien. "Man wird uns wieder die Favoritenrolle zuschieben. Wir müssen damit leben, aber das tun wir gern", sagt Schwenker. "Ich erwarte eine schwere Saison." Bereits zum Auftakt der Spielzeit 2005/06 muss sich Kiel in der Campushalle mit dem Meisterschafts-Zweiten und Pokalsieger SG Flensburg-Handewitt messen. Die erneute Jagd auf Kiel hat begonnen. Schwenker weiß jedoch um die Coolness seiner Spieler, "das ist so ein THW-Gen".

Wer in Kiel spielt, lernt, erfolgreich zu sein. Vielleicht ist alles aber auch viel einfacher, vielleicht ist Kiel vor allem Mannschaftsgeist in Perfektion. "Jeder ist hier für den anderen da und kann auch in schwierigen Situationen kämpfen", erklärt Linkshänder Christian Zeitz. Schwenker spricht von einem kleinen, aber "ganz verschworenen Haufen" - zu klein, um die Champions League zu gewinnen, groß genug, um Meister zu werden. Mittlerweile bereitet sich der THW auf den nächsten Schritt vor: Für Pettersson (Schweden), Pungartnik (Hamburg), Preiß (Lemgo) und Boquist (Dänemark) kommen mindestens Karabatic (Montpellier/Frankreich), Kavticnik (Velenje/ Slowenien), Linders (Kolding/Dänemark) und Andersson (Sävehof/Schweden). Der Etat des Meisters wird dank neuer Sponsoren und höherer Dauerkartenpreise steigen. "Wir werden das im Wesentlichen in die Mannschaft investieren", sagt Schwenker. "Wir haben noch die Möglichkeit, einen weiteren Spieler zu verpflichten" Zu den Kandidaten zählt der noch in Leon beschäftigte Norweger Kristian Kjelling.

Es geht um Größe, damit die Chancen in allen Wettbewerben wachsen. "Hätten wir Barcelona im Viertelfinale der Champions League geschlagen, hätten wir gar keinen Titel gewonnen. Das wäre zu sehr an die Substanz der Mannschaft gegangen", glaubt Schwenker. Mit neuen Spielern könnte bald mehr möglich sein. "Wir haben erst angefangen", verspricht Hagen. "Wir haben ziemlich gute Möglichkeiten, alles zu erreichen".

(Von Tim Oliver Kalle, aus dem handball-magazin 6/2005)


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