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Die Schale ist zurück!
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Der THW Kiel hat den Sack zu gemacht und am Sonntag Nachmittag seinen elften Deutschen
Meistertitel errungen. Bei der HSG Düsseldorf zeigten sich die Zebras hoch
motiviert und ließen zu keinem Zeitpunkt Zweifel an ihren Titelambitionen aufkommen.
Auf dem Kieler Rathausplatz hatten sich mehr als 17000 Fans versammelt, um
dem Spiel, in dem der THW letztlich klar mit 36:30 (17:12) siegte, beizuwohnen.
Am Abend steigt die große Meistersause rund um den Rathausplatz, die Mannschaft
wird in einem Autokorso vom Kieler Flughafen in die Innenstadt fahren und gegen
19.45 Uhr mit der Meisterschale auf dem Balkon des Kieler Rathauses erwartet.
Begeistert gefeiert wurden die Kieler natürlich auch von den über 1000 mitgereisten Fans,
von denen 50 eine große Schrecksekunde zu überstehen hatten: ihr Bus hatte
auf der Hinfahrt einen Schaden, aber mit dem Ersatz ging es gerade noch rechtzeitig zur
Düsseldorfer Philipshalle. In dieser zeigten die Zebras von Beginn an Leidenschaft,
ackerten in der Abwehr und schlossen im Angriff konsequent ab. Vor allem
Henrik Lundström und
Christian Zeitz
drückten der Anfangsphae ihren Stempel auf. Nach der schnellen 4:1-Führung konnte
die HSG, deren Spieler ebenfalls engagiert zur Sache gingen, noch einmal zum 4:4
ausgleichen. Die Düsseldorfer blieben auch zunächst in Reichweite, doch nachdem
Berblinger zum 8:9 (15.) verkürzt hatte, rollte der Zebra-Express unaufhörlich in Richtung
Titel.
Lundströms 14:10,
Zeitz
mit einem Tempogegenstoßtor nach eigenem Steal und
Frode Hagen
erhöhten auf 16:10, mit 17:12 ging es in die Pause.
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Jubel auf dem Kieler Rathausplatz nach dem elften Titel.
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Hatte man auf Flensburger Seite vielleicht auf ein Einbrechen des THW auf Grund
der sicheren Halbzeit-Führung gehofft, sah man sich schnell getäuscht. Der THW machte
dort weiter, wo er aufgehört hatte. Bissig in der Abwehr, mit einem gut aufgelegten
Henning Fritz in der Hinterhand, boten sich immer wieder
Gelegenheiten zum schnellen Gegenstoß. Spätestens nach
Boquists
Treffer zum 27:21 (48.) schien die Sache klar, in Düsseldorf und auf dem Kieler Rathausplatz
machten sich die Fans bereit für die Meisterfeiern. Dass dies nicht verfrüht war,
zeigte sich zwölf Spielminuten später. Zwischendurch hatte der THW sogar noch für
die Galerie gespielt,
Wagners Heber zum 35:27 ließ
nicht nur eingefleischte Handball-fans mit der Zunge schnalzen. Um 16.39 Uhr war es dann amtlich:
Zwanzigtausend Fans auf dem Rathausplatz konnten über eine NDR-Großbildleinwand verfolgen,
wie sich die THW-Spieler in den Armen lagen und in einer Traube von Fans nahezu
untergingen. Mit 62:6 Punkten hatte der THW Kiel zu diesem Zeitpunkt den elften
Deutschen Meistertitel unter dach und Fach gebracht. Die SG Flensburg-Handewitt wurde
mit nur acht Minuspunkten zweiter - ein Novum in der Geschichte der Handball-Bundesliga,
wurde doch noch nie ein Team mit so wenig Minuspunkten nur Vize-Meister. "Eine grandiose
Saison findet ihren tollen Abschluss", freute sich
Uwe Schwenker
über den elften Meistertitel. Und
Sebastian Preiß kündigte
lange Feierlichkeiten an: "Das haben wir uns verdient, jetzt wird richtig gefeiert."
Freude herrschte nicht nur bei Spielern und Fans: Björn Goos,
seit diesem Jahr zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim THW Kiel,
feierte ausgelassen die Titelverteidigung. Im letzten Jahr war er noch für die SG tätig...
(Christian Robohm)
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Hier geht's zu den Fotos von der Meisterfeier!
THW-Geschäftsführer Uwe Schwenker in den KN:
Diese Meisterschaft bedeutet uns sehr viel. Es ist die erste
deutsche Meisterschaft nach dem totalen Umbruch. Das ist eine
sehr große Bestätigung unserer Arbeit. Ein wunderschönes Gefühl,
vor allem weil die Meisterschaft die Leistung einer ganzen langen Saison
dokumentiert. Pokalsieger kann man in wenigen Spielen immer mal
werden.
Diese Meisterschaft feiern wir nach dem Motto: Der Titel ist wieder in
Deutschland. Nach der Pokalniederlage haben wir versprochen: wir
verlieren nicht mehr. Und natürlich darf man Flensburg jetzt zur
sechsten Vize-Meisterschaft gratulieren.
Das ist super, dass ich mit der Schale gehe. Wir haben wirklich alles,
alles gegeben. Jetzt bin ich schwedischer und deutscher Meister.
Vielleicht klappts ja auch im nächsten Jahr mit der dänischen.
Diese Meisterschaft ist für mich etwas ganz Besonderes. Hinter uns
liegen 34 Spieltage, in dieser Liga kannst Du bei jeder Mannschaft
verlieren, dagegen haben wir uns immer erfolgreich gewehrt. Ich habe
zuletzt immer an den Titel geglaubt.
Natürlich freue ich mich riesig mit der Mannschaft über den Titel.
Aber verletzt nur daneben zu sitzen, ist richtig schlecht. Wenn du
die letzten Spiele nicht spielst, fühlst du dich auch nicht
wirklich als Meister.
Noka Serdarusic hat riesigen Anteil am Titel.
Er ist ein Trainer, der genau vorhersagt, was passiert. Wenn man
macht, was er sagt, merkt man sofort, dass es klappt.
Das ist das Schönste, was ich erreichen kann. Mit dem THW Meister werden und dann
noch mit Platz sechs für Altenholz die beste Platzierung in der zweiten Liga
heraus holen: Mehr geht nicht. Die Zuschauer waren klasse, ich dachte,
wir spielen in der Ostseehalle.
Das war meine dritte deutsche Meisterschaft, jede für sich war
schön. Auf Flensburg habe ich nie geguckt. Mehr denn je
war dieser Titel ein Erfolg der ganzen Mannschaft. Jetzt werde
ich mit unseren Frauen und dem Umfeld kräftig feiern.
HSG Düsseldorf:-
Savonis (8 Paraden),
Sdunek (5);
Hegemann (7),
Michaelsson (1),
Petersson (5),
Berblinger (5/3),
Runge (3),
Schröder (1),
Wagner (1),
Heinrichs (5),
Schürmann,
Pöter (1),
Schneider (3);
Trainer: Lehmann
THW Kiel:-
Fritz (1.-54., 14 Paraden),
Klockmann (54.-60., 1 Parade);
Preiß (1),
Pettersson (5/5),
Lundström (9/3),
Pungartnik (3),
Hagen (4),
Lövgren (1),
Wagner (2),
Ahlm (4),
Schindler,
Boquist (4),
Zeitz (4);
Trainer: Serdarusic
- Schiedsrichter:
-
Heinz / Hock (beide Waiblingen-Neustadt)
- Zeitstrafen:
-
Düsseldorf: 4 (2x Wagner (31., 39.), Petersson (51.), Lehmann (56.));
THW: 4 (Hagen (34.), Zeitz (44.),
Wagner (52.), Pungartnik (53.))
- Siebenmeter:
-
Düsseldorf: 5/3 (Fritz hält Hegemann (26.),
Berblinger gegen Klockmann vorbei);
THW: 10/8 (Savonis hält Pettersson (11.), Sdunek hält
Lundström (31.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:1 (2.), 1:4 (6.), 4:4 (7.), 4:6 (11.), 7:8 (16.), 8:12 (19.), 10:16 (25.), 12:17 ;
2. Hz.: 16:21 (36.), 17:24 (43.), 27:34 (57.)
- Zuschauer:
-
3950 (Philipshalle, Düsseldorf)
Aus den Kieler Nachrichten vom 30.05.2005:
Es ist vollbracht: THW badete in der Sektfontäne
Freude kannte nach dem 36:30-Sieg in Düsseldorf keine Grenzen mehr - Tausende feierten mit den Zebras die ganze Nacht
Düsseldorf - Sebastian Preiß drehte
genüsslich am Korken der Drei-Liter-Magnum-Flasche, dann überreichte
DHB-Präsident Ulrich Strombach die Schale. Als Kapitän
Stefan Lövgren zupackte, ließ Preiß
los, die Zebras standen jubelnd in der Sektfontäne. Nach
dem finalen 36:30 (17:12)- Sieg über die HSG Düsseldorf
verwandelte sich die Anspannung einer entbehrungsreichen
Saison bei den "Handball-Helden" in überschäumende Freude:
Der THW Kiel ist deutscher Handballmeister 2005.
Rund 1200 Fans, die den weiten Weg aus Schleswig-Holstein über
die Autobahn angetreten hatten, stürmten das Parkett und herzten
ihre Lieblinge. Die Düsseldorfer Philipshalle erlebte auch
außerhalb der "fünften Jahreszeit" närrische Momente, gestern
bei hochsommerlichen Temperaturen. Spieler fielen sich in die
Arme, wollten nicht mehr loslassen. Trainer Noka Serdarusic
griff sich seinen Kapitän und gratulierte jedem seiner Jungs.
"Das war über die gesamte Spielzeit die beste THW-Leistung,
seit ich hier Trainer bin", sagte der 54-Jährige, der seine
achte Meisterschaft in zwölf Amtsjahren nach dem Achillessehnenriss
mit Gehgips feierte. "Auf diese Mannschaft bin ich stolz",
sagte er. Es klang sehr überzeugend.
Der Coup 2005 war der insgesamt elfte Hallentitel für Kiel.
Damit haben sich die Zebras ganz eng an die Fersen von
Rekordmeister VfL Gummersbach geheftet, der zwölfmal auf dem
Thron saß. Die Erfolgsstory schrieb Serdarusic
gemeinsam mit Manager Uwe Schwenker.
"Noka und ich sind wie ein Ehepaar", stammelte
Schwenker bewegt." Wir wissen, was wir an
uns haben, und dass wir nichts Besseres kriegen." 235 Tage in Folge
blieben die Kieler ohne Niederlage, am Ende standen 62:6 Punkte
auf dem Tabellenkonto. Damit stellten die Zebras den Rekord des
TBV Lemgo aus dem 2003 ein und ließen mit Flensburg einen Vizemeister
zurück, der in nahezu allen Jahren zuvor mit ebenfalls nur acht
Minuspunkten souverän Meister geworden wäre. SG-Manager Thorsten Storm
gratulierte Schwenker gleich nach
Spielschluss per SMS aus Lemgo: "Gratulation zur verdienten
Meisterschaft. Aber nächste Saison greifen wir wieder an."
Die HSG Düsseldorf wollte dem THW die Feier verderben, traf jedoch
auf ein Kieler Team, das von der ersten Minute an entschlossen,
konzentriert und selbstbewusst auftrat. Linksaußen Henrik Lundström
hatte den Bann mit dem 1:0 gebrochen und war am Ende mit neun Toren
auch erfolgreichster THW-Torschütze. Die erste La Ola in Schwarz-Weiß
rollte nach 41 Minuten durchs Rund, spätestens zehn Minuten vor
dem Ende entspannten sich auch die Mienen auf der Bank.
Serdarusic ließ alle laufen, die auf der
Bank Platz genommen hatten, die vermeintliche Hürde Düsseldorf war
längst keine mehr.
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Die Zebras: Erschöpft aber glücklich in der Kabine.
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In der Kabine flossen auch Tränen.
Johan Petersson,
der seine wohl beste Bundesligasaison überhaupt abgeliefert hat
und in wenigen Tagen in seine schwedische Heimat zurückkehrt,
lehnte sich bei Mannschaftsarzt
Dr. Detlev Brandecker
an und wischte sich ein paar Tropfen aus dem Gesicht. Ein kleines
Stück weiter hatte
Frode Hagen die Beine
hochgelegt, seine Hand umklammerte eine Flasche Bier. "Ich bin so
unglaublich glücklich", sagte der Norweger tief bewegt. "Das was
wir geleistet haben, ist nur möglich, wenn im Team gute Stimmung
herrscht und alle in die gleiche Richtung marschieren." Eine Tür
weiter flogen Haare. Über dem Klo gebückt saß
Johan Petersson,
über ihm
Henrik Lundström, der den elektrischen
Haarschneider bediente und einen kahlen
Petersson-Schädel
hinterließ,
Lundström selbst wurde vom
langen
Dennis Klockmann rasiert.
Heute Morgen werden jene THW-Fans, die in der Nacht aus Düsseldorf
zurückgekehrt sind, mit Freibier in der "Forstbaumschule" belohnt:
Der traditionelle Zebra-Treff nach gewonnenen Meisterschaften.
Die Mannschaft wird geschlossen dabei sein. Und auch wieder den
Klängen der Siegerhymne "We are the Champions" lauschen. "We are
fighting till the end", heißt es da. "Wir kämpfen bis zum Schluss."
Der Queen-Hit und Dauerbrenner bei Meisterschaften ist dem
THW 2005 auf den Leib geschrieben.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 30.05.2005)