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23./27.12.2006 - Letzte Aktualisierung: 27.12.2006 Bundesliga

THW Kiel besiegt Flensburg im Spitzenspiel der Bundesliga

Bundesliga, 16. Spieltag: 23.12.2006, Sa., 15.30: THW Kiel - SG Flensburg-Handewitt: 36:34 (17:15)
Update #6 Weiteren KN-Spielbericht, weitere Stimmen, Spielbericht der KN, Fotos, Stimmen und Spielbericht ergänzt...

Kein Zentimeter wurde verschenkt: Kim Andersson gegen Joachim Boldsen.
Klicken Sie zum Vergrößern! Kein Zentimeter wurde verschenkt: Kim Andersson gegen Joachim Boldsen.
Der THW Kiel hat eindrucksvoll in die Erfolgsspur zurück gefunden: In einem hochklassigen Spitzenspiel besiegten die Zebras die SG Flensburg-Handewitt hochverdient mit 36:34 (17:15). In einem von Kampf und Dramatik geprägten Spiel waren vor allen Torhüter Thierry Omeyer, Kim Andersson, Nikola Karabatic und Marcus Ahlm, die dem Kieler Spiel ihren Stempel aufdrückten. Ahlm erzielte dabei mit zehn Toren die meisten THW-Tore, Lars Christiansen war für die unterlegenen Gäste 11/8 Mal erfolgreich.
Kompromisslos und dennoch ruhig sollten die Zebras in dieses wegweisende Spitzenspiel gehen - und sie sorgten bereits in den ersten Minuten für ein Tollhaus in der Ostseehalle. Kavticnik hatte Holpert bereits nach 35 Sekunden per Siebenmeter in Führung gebracht, Kim Andersson wenig später nachgelegt. Als dann aber zunächst Lars Krogh Jeppesen und dann Nikola Karabatic für zwei Minuten auf die Bank geschickt wurden, nutzte Flensburg die doppelte Überzahl nach vier Minuten zur letztlich einzigen Führung der Partie. Es blieb hektisch, auf beiden Seiten wurde in der Abwehr hart zur Sache gegangen. Da sowohl Holpert als auch Omeyer einen glänzenden Tag erwischt hatten, konnte sich zunächst kein Team absetzen. Während auf Flensburger Seite Christiansen und Joachim Boldsen ihr Team im Spiel hielten, war es auf Kieler Seite immer wieder Ahlm,
Vid Kavticnik im Sprungwurf.
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der sich trotz zum Teil doppelter Sonderbewachung immer wieder vom Kreis durchsetzen konnte. Er war es auch, der mit zwei Toren in Überzahl den Weg zur ersten Kieler Drei-Tore-Führung ebnete (10:7, 18.), die bis zum 12:9 Bestand hatte. Jensen, Lijewski und Christiansens Traum-Heber aus der Außenposition brachten die SG aber wieder zum Ausgleich (24.). Auch davon ließen sich die Zebras aber nicht aus der Ruhe bringen, spulten weiter ihr hochklassiges Programm ab - was kurz vor der Pause sogar schon zu stehenden Ovationen in der Fankurve führen sollte. Binnen 120 Sekunden hatten Vid Kavticnik mit einem Rückraumkracher, Dominik Klein per Tempogegenstoß und Nikola Karabatic wieder eine Drei-Tore-Führung heraus geworfen, die Zeitz mit einem Treffer in Unterzahl halten konnte. Doch Boldsen gelang es, seine Farben bis zur Pause noch auf 15:17 heran zu bringen.

Lövgren bricht zwischen Lackovic und Nielsen durch.
Klicken Sie zum Vergrößern! Lövgren bricht zwischen Lackovic und Nielsen durch.
Dass diese knappe Führung trügerisch sein könnte, erwies sich bereits kurz nach der Halbzeit. Erneut waren es Boldsen und Christiansen per Siebenmeter, die ausgleichen konnten. Doch nun waren die Kieler endgültig hellwach, Ahlm, Karabatic und Lars krogh Jeppesen mit einem Rückraumgeschoss rückten das Ergebnis innerhalb von zwei Minuten wieder zurecht, die Halle tobte. Vollkommen aus dem Häuschen gerieten die Fans, als wenig später Kim Andersson in Unterzahl mit einem 108 km/h-Hammer zum 24:19 und wenig später mit einem 101 km/h-Geschoss zum 25:20 einnetzte - Jan Holpert im Flensburger Tor hatte genug gesehen tauschte mit Dan Beutler die Plätze. Er war es auch, der nach Kavticniks 26:21 wohl
Derby-Kampf am Kreis.
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die Vorentscheidung zugunsten der Kieler vereitelte: Erneut hatte Omeyer pariert und entgegen der Anweisung des ruhigen Aufbauspiels Kavticnik auf die Reise zum 27:21 geschickt, doch Beutler konnte parieren (41.). Statt einer Sechs-Tore-Führung für den THW robbten sich die Gäste nun wieder Tor um Tor heran, nutzten dabei auch einige kleine Fehler im Kieler Aufbauspiel. Ein Dreipack von Christiansen (erneut per Siebenmeter), des ansonsten blassen Sören Stryger und erneut Christiansen ließ bei den Gästen angesichts des 27:28-Anschlusses wieder Hoffnung keimen. Der THW ließ dieses Mal aber kühlen Kopf bei heißem Herz wahren, es war Zeit für die feinen Einzelleistungen. Zunächst wuchtete einmal mehr Kim Andersson das Leder ins Flensburger Netz, ehe Karabatic mit einem saufrechen Heber und einem beherzten Abschluss nach einem Alleingang das 31:27 (51.) erzielen konnte - in der Ostseehalle verstand man nun endgültig kein Wort mehr.

Unbändiger Wille: Jeppesen und Karabatic.
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Lundström vom Kreis und Ahlm mit einem tollen Heber hielten die SG auf Distanz, doch noch waren vier Minuten zu spielen. Flensburg hatte da längst schon auf eine offensive Deckung umgestellt, mit der der THW Probleme hatte. Nach Vranjes 32:35-Anschluss (56.) nahm SG-Coach Viggo Sigrudsson noch eine Auszeit, wollte sein Team auf die letzten Minuten einschwören. Als Beutler sich wenig später einen Wurfversuch von Jeppesen schnappte, schien Flensburg auf dem Weg zu weiterem Kieler Ungemach. Doch Zeitz schnappte sich Beutlers Pass auf Christiansen in Höhe der Mittellinie, stürmte nach vorn und schloss mit unglaublicher Kaltschnäuzigkeit ab: Das 36:32 war die Entscheidung vor längst von ihren Sitzen aufgesprungenen 10250 Zuschauern (59.), die Tore von Christiansen und Stryger nur noch Ergebniskosmetik.

Strahlendes Siegerlächeln: Lars Krogh Jeppesen
Klicken Sie zum Vergrößern! Strahlendes Siegerlächeln: Lars Krogh Jeppesen
Mit einer kämpferisch tadellosen und über weiten Strecken auch spielerisch tollen Leistung haben die Kieler nur drei Tage nach dem Magdeburg-Debakel bewiesen, dass dies nur ein einmaliger Ausrutscher gewesen sein soll. Gegen eine tolle Flensburger Mannschaft war es am Ende der größere Wille zum Sieg, der den Ausschlag für den Erfolg gab. Lange Ausruhen können sich die Kieler auf diesem aber nicht, denn bereits am zweiten Weihnachtsfeiertag wartet mit dem Spiel in Nordhorn kein leichteres Kaliber: Die HSG ist aktuell Tabellendritter und jagte bereits Gummersbach, Lemgo und den SC Magdeburg aus dem heimischen Euregium. Doch nun dürfen die Zebras und ihre Fans erst einmal feiern: Unter dem Tannenbaum liegen zwei ganz wichtige Punkte aus dem Nord-Derby!

(Christian Robohm)

Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel...

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht von kn-online sowie den Nachbericht der Kieler Nachrichten.

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Noka Serdarusic:
Natürlich war es vor diesem Spiel nicht leicht, nach der sportlichen Katastrophe am Mittwoch. Wie es sich gehört, haben wir darüber gesprochen, die Stimmung war natürlich nicht so gut. Doch nach 10 bis 15 Minuten war mir klar, dass die Mannschaft engagiert bei der Sache ist. Es gab zwar zwei bis drei Phasen, in denen wir mit dem Kopf durch die Wand wollten, aber es gab immer jemanden, der diese Phase wieder stoppen konnte. Als wir uns dann eine Fünf-Tore-Führung erarbeitet hatten, haben wir zu viele schnelle Gegentore kassiert. Ich bin aber natürlich zufrieden mit der Leistung, besonders nach dem Magdeburg-Spiel.

[zu Ahlm]
Er hat heute ein gutes Spiel geliefert, ist aber vielleicht nur bei 70 bis 80 Prozent seines Leistungsvermögens.

[gegenüber dem NDR-Fernsehen]
Nach der Klatsche in Magdeburg, dachte ich, das verarbeitet man nicht so schnell. Entsprechend war die Stimmung bei uns auch, ich habe als Sportlehrer der Mannschaft natürlich ein paar Takte gesagt, aber man darf auch nicht zu sehr mit den Spielern hadern. Dass man so schnell da raus kommt, habe ich nicht gedacht.

SG-Trainer Viggo Sigurdsson:
Der THW hat verdient gewonnen, denn wir haben zu viele Fehler gemacht. Thierry Omeyer war im Tor Weltklasse, er hat heute super gehalten. Aber es ärgert mich, dass wir in der zweiten Halbzeit zu viele einfache Gegentore aus dem Rückraum kassiert haben.

[zu einem möglichen Aufeinandertreffen in der Champions League]
Wenn Kiel es schafft gegen Veszprem, ist dies natürlich im Halbfinale möglich. Ich hoffe aber, dass wir erst im Finale aufeinander treffen.

[gegenüber dem NDR-Fernsehen]
Kim Andersson kam zu einfachen leichten Toren, er hat sich in Kiel super entwickelt, aber bei drei, vier Bällen war ich sauer auf unsere Torhüter, dass die nicht gehalten wurden.

SG-Manager Thorsten Storm:
Glückwunsch an den THW, es war ein verdienter Sieg. Ob man vorher in Magdeburg gewinnt oder verliert, ist egal - wir fangen hier ja immer bei 0:0 an. Ich hätte dieses Spiel natürlich lieber gewonnen, und das wäre auch möglich gewesen.
THW-Manager Uwe Schwenker:
Wenn Kollegen anderer Clubs einem vor einem Spiel viel Erfolg wünschen, weiß man, dass es eine besondere Situation ist. Dieser Fall war in den letzten Tagen eingetreten. Nun ist es bis Platz 4 oder 5 sehr eng in der Liga, daher glaube ich, dass es eine sehr spannende Saison wird. Ich denke dennoch, dass eine der beiden heutigen Mannschaften wieder die Schale nach Schleswig-Holstein holt.
SG-Torhüter Jan Holpert gegenüber dem NDR-Fernsehen:
Wir haben heute in den entscheidenden Monenten zu viele Fehler gemacht. Wir hatten öfters die Chance, auszugleichen oder in Führung zu gehen, aber waren nicht aggressiv genug. In der zweiten Halbzeit haben wir es nicht geschafft, den Angriffswirbel des THW in den Griff zu kriegen und daher verdient verloren. Omeyer hat super gehalten, aber ob dies der entscheidende Faktor war, ist schwer zu sagen. Glückwunsch.
SG-Spieler Ljubomir Vranjes gegenüber dem NDR-Fernsehen:
Wir haben zu viele technische Fehler gemacht, zu einfache Tore bekommen. Es muss eben alles hundertprozentig stimmen, um in der Ostseehalle zu gewinnen. Wir hätten mehr Willen zeigen müssen.
THW-Spieler Kim Andersson gegenüber dem NDR-Fernsehen:
Beide Mannschaften haben sehr gut gekämpft, aber wir haben mit sehr viel Herz und ein bisschen mehr Kopf gespielt als in Magdeburg, das war entscheidend. Der Sieg ist nicht alles für uns, aber schon sehr wichtig - sonst wäre die Rückrunde schwerer.
THW-Spieler Lars Krogh Jeppesen gegenüber dem NDR-Fernsehen:
Natürlich war es ein tolles Gefühl heute, ein tolles Spiel, eine tolle Kulisse - einfach geil. Flensburg hat eine super Mannschaft. Ich dachte immer, irgendwann kommen sie nochmal, aber wir haben die ganze Zeit geführt, daher ist der Sieg auch verdient.

[gegenüber den KN:] Bei den Flensburgern fehlte die letzte Bereitschaft, um hier wirklich zu gewinnen. Thierry war heute besser als die beiden SG-Torhüter und wir haben Lackovic gut in den Griff bekommen - das waren zwei Schlüssel zum Erfolg.

SG-Spieler Johnny Jensen gegenüber den KN:
Ein verdiente Niederlage, aber Weihnachten mit den Kindern wird trotzdem schön.
SG-Spieler Lars Christiansen gegenüber den KN:
Wir haben zu viele einfache Fehler gemacht. Schade, wir hatten uns eine gute Chance ausgerechnet, hier zu gewinnen. Aber es war den Kielern anzumerken, dass sie nach dem Magdeburg-Spiel besonders motiviert waren.
THW-Kapitän Stefan Lövgren gegenüber den KN:
Wir haben aus unseren Fehlern gelernt und in der zweiten Halbzeit das Tempo ein bisschen gedrosselt. Diesmal hat die Balance zwischen Cleverness und Geschwindigkeit gestimmt. Das Magdeburg-Spiel ist damit aber noch nicht abgehakt.
THW-Spieler Marcus Ahlm gegenüber den KN:
Es war ein unglaublich enges Spiel, aber wir haben nach der Magdeburg-Niederlage unsere Hausaufgaben gemacht und das Spiel in der zweiten Halbzeit einige Male abgebremst. Wir waren alle richtig heiß und hatten Lust auf eine Revanche.
SG-Torhüter Dan Beutler gegenüber den KN:
Die Kieler haben zu viele einfache Tore erzielt. Kim Andersson wirft so hart, da muss man als Torhüter schon früh spekulieren.

Lesen Sie auch Zwei Minuten: Die THW-Kolumne nach dem Spieltag mit Marcus Ahlm.

16. Spieltag: 23.12.06, Sa., 15.30: THW Kiel - SG Flensburg-Handewitt: 36:34 (17:15)

Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-60., 16 Paraden), Fritz (n.e.), M. Andersson (für 3 Siebenmeter, 1 Parade); Linders (n.e.), K. Andersson (8), Lundström (1), Kavticnik (4/2), Karlsson (n.e.), Lövgren (2), Ahlm (10), Zeitz (2), Jeppesen (1), Karabatic (6), Klein (2); Trainer: Serdarusic
Logo SG Flensburg-Handewitt:
Holpert (1.-39., 12 Paraden), Beutler (39.-60., 5 Paraden); Lackovic (3), Nielsen (1), Eggert, Jensen (2), Christiansen (11/8), Vranjes (4), Johannsen, Stryger (3), Lijewski (3), Boldsen (6), Lauritzen, Knudsen (1); Trainer: Sigurdsson/Andersson
Schiedsrichter:
Lemme / Ullrich (beide Magdeburg)
Zeitstrafen:
THW: 5 (Jeppesen (3.), 2x Karabatic (4., 38.), Kavticnik (28.), Lundström (60.));
Flensburg: 2 (Lijewski (14.), Nielsen (33.))
Siebenmeter:
THW: 2/2
Flensburg: 9/8 (Andersson hält Christiansen (11.))
Spielfilm:
1. Hz.: 2:0 (3.), 2:3 (5.), 5:3 (8.), 5:5 (10.), 7:5 (13.), 8:7 (15.), 10:7 (18.), 12:9 (20.), 12:12 (24.), 14:13 (26.), 17:14 (29.), 17:15
2. Hz.: 17:16 (32.), 20:17 (36.), 22:18 (37.), 24:19 (40.), 26:21 (41.), 27:22 (42.), 27:24 (43.), 28:27 (47.), 31:27 (49.), 33:29 (54.), 35:32 (56.), 36:32 (59.), 36:34
Zuschauer:
10250 (ausverkauft) (Ostseehalle, Kiel)
Spielgraphik:
Spielgraphik

 

Aus kn-online vom 23.12.2006:

Kiel feiert 36:34-Sieg gegen Flensburg in einem heißen Derby

Der THW Kiel hat geantwortet! Drei Tage nach dem Desaster von Magdeburg (24:39), der höchsten Niederlage seit dem 14:29 gegen Essen im Jahre 1986, meldete sich der deutsche Meister zurück. In einem packenden Derby besiegten die Zebras heute Nachmittag die SG Flensburg-Handewitt mit 36:34 (17:15) und überholten den Erzrivalen dank des besseren Torverhältnisses - der THW Kiel steht vor dem schweren Auswärtsspiel bei der HSG Nordhorn am Dienstag (20 Uhr, live im DSF) wieder an der Tabellenspitze der Handball-Bundesliga.

Die endgültige Entscheidung in einem packenden, aber jederzeit fairen Spiel fiel erst in der 58. Minute, als Christian Zeitz sich an der Mittellinie ein verunglücktes Abspiel von Marcin Lijewski schnappte und den Ball zum 36:32 in die Maschen hämmerte. Der Nationalspieler, der sonst immer so unterkühlt wirkt, riss jubelnd beide Fäuste hoch, das Gesicht ein einziger Schrei - in diesem Augenblick wurde noch einmal deutlich, unter welchem Druck die Kieler nach ihrem denkwürdigen Ausrutscher beim SC Magdeburg gestanden haben.

Lövgren im Sprungwurf.
Klicken Sie zum Vergrößern! Lövgren im Sprungwurf.
"Wir haben aus unseren Fehlern gelernt", meinte später ein zufriedener Kapitän Stefan Lövgren. "In der zweiten Halbzeit haben wir das Tempo ein bisschen gebremst. Denn mit dem Tempo häufen sich auch die technischen Fehler." So wie in Magdeburg, als dem THW nach der Pause nur sechs Tore gelangen und keiner in der Lage war, das sinkende Schiff zu retten. Lövgren, der vorgestern seinen 36. Geburtstag feierte, hatte seine Nebenleute diesmal besser im Griff. "Wir haben heute die richtige Balance aus Cleverness und Tempo gefunden", meinte Lövgren.

Die 10250 Zuschauer in der seit Wochen ausverkauften Ostseehalle entfachten von Beginn an einen höllischen Lärm. Sie wussten,
Dominik Klein beim Gegenstoß.
Klicken Sie zum Vergrößern! Dominik Klein beim Gegenstoß.
dass ihre Mannschaft heute Rückenwind benötigen würden. Eine Niederlage gegen Flensburg, und der THW hätte bereits vier Punkte Rückstand auf die SG gehabt gehabt. "Unglaublich", meinte ein sichtlich beeindruckter Dominik Klein nach dem Abpfiff. "Die Zuschauer hatten sich wohl vorgenommen, dass kein einziger Flensburger Fan zu hören sein darf. Das ist gelungen." Der Linksaußen stand noch Minuten nach dem Abpfiff der guten Unparteiischen Frank Lemme und Bernd Ullrich (Magdeburg) unter dem Eindruck seines ersten Derbys. "Die Stimmung ist bei anderen Spielen schon genial. Aber das war noch einmal eine Steigerung."

Die tolle Kulisse und die wilde Entschlossenheit der Kieler schien auch die Flensburger zu beeindrucken, die mit großem Selbstbewusstsein angereist waren. Aus dem Rückraum strahlte die SG mit Blazenko Lackovic (3 Tore) und Marcin Lijewski (3), der in der zweiten Halbzeit gar nicht mehr traf, wenig Gefahr aus. So waren es die guten Nerven von
Karabatic gegen Knudsen und Lijewski.
Klicken Sie zum Vergrößern! Karabatic gegen Knudsen und Lijewski.
Joachim Boldsen, die eiskalten Siebenmeter von Lars Christiansen und die guten Paraden von Jan Holpert, die Flensburg lange im Spiel beließen. Als Holpert, der seine letzte Saison für Flensburg spielt, in der zweiten Halbzeit abbaute, bekamen die Kieler das Spiel immer besser in Griff. Thierry Omeyer, der einen Sahnetag erwischte, war stärker als Holpert und sein Vertreter Dan Beutler zusammen - ein Schlüssel zum Erfolg. Ein weiterer war Marcus Ahlm, der zuletzt schwankende Leistungen gezeigt hat. Zehn Tore, kein Fehlwurf nach der Pause - Ahlm hatte seine Hand immer da, wo ihn die Kameraden anspielten. "Ich war heute aggressiver im Angriff, habe immer den Ball gesucht", sagte der THW-Kreisläufer, der mit einem wunderschönen Heber (33:29) auch das Tor des Tages erzielte. "Wir waren alle ziemlich heiß und wollten uns unbedingt für das Magdeburg-Spiel revanchieren", meinte der Schwede. "Jetzt können wir in Ruhe Weihnachten feiern."

Das Spiel wandelte von Beginn an auf einem schmalen Grad. Schon nach wenigen Sekunden drohte der Hexenkessel "Ostseehalle" aus den Fugehn zu geraten, als Lars Krogh Jeppesen und Nikola Karabatic zeitgleich auf die Strafbank geschickt wurden. Wenn das Publikum noch einen letzten Muntermacher gebraucht hatte - die doppelte Unterzahl der Zebras ließ den Stimmungspegel sofort an die Decke schlagen.

Knudsen wird von Jeppesen und Ahlm attackiert.
Klicken Sie zum Vergrößern! Knudsen wird von Jeppesen und Ahlm attackiert.
Ein einziges Mal bot sich den Kielern die Chance, das Titanen-Treffen vorzeitig zu entscheiden. Als Omeyer beim Stand von 26:21 (40.) einen Wurf von Lackovic festhielt und den Ball zu Vid Kavticnik über das ganze Feld schleuderte. 26:21 und der Slowene allein vor Beutler. Ein Sechs-Tore-Vorsprung hätte den wankenden Flensburgern den letzten Mut geraubt. Doch Kavticnik scheiterte und fand sich nur Sekunden später auf der Bank wieder. Auch sein Trainer Noka Serdarusic wusste, welche Chance sein Rechtsaußen da verpasst hatte. Für die Gäste hatte dieser Fehlwurf dagegen Signalwirkung. Vorallem der flinke Ljubomir Vranjes drehte nun groß auf und warf seine vier Tore in den letzten Minuten. Bis auf einen Treffern (28:27/46.) kamen die Flensburger noch einmal heran, als der starke Kim Andersson mit einem unglaublichen Hüftwurf aus zehn Metern zum 29:27 traf.

"Wir haben Andersson nicht in den Griff bekommen", meinte Viggo Sigurdsson, der Kiels Omeyer eine "Weltklasse-Leistung" bescheinigte. Sigurdsson saß heute zum letzten Mal auf der SG-Bank. Heiligabend feiert der Isländer bereits in der Heimat. Das alleinige Kommando übernimmt ab sofort wieder Kent-Harry Andersson, der nach einer schweren Operation in der Ostseehalle erstmals wieder Anweisungen an der Seitenlinie gab und mit einem warmen Applaus begrüßt wurde. Andersson ist zurück - für Flensburg war es die einzige gute Nachricht an diesem Nachmittag.

Knudsen setzt sich am Kreis durch.
Klicken Sie zum Vergrößern! Knudsen setzt sich am Kreis durch.
Die Kieler können nun entspannter Weihnachten feiern. Nach dem freien Sonntag treffen sich die Zebras allerdings bereits am Montagnachmittag wieder in der Trainingshalle, um sich auf das Nordhorn-Spiel vorzubereiten. Anschließend wollen die THW-Verantwortlichen mit Pelle Linders über dessen Zukunft verhandeln. Der Kreisläufer, der vor eineinhalb Jahren aus Kolding kam, will gerne bleiben. Allerdings unter der Voraussetzung, dass er einen neuen Zwei-Jahres-Vertrag bekommt. Die Kieler haben ihm einen Ein-Jahres-Vertrag geboten. Angeblich ist der Meister an Michael Knudsen interessiert, der bis 2008 bei der SG Flensburg unter Vertrag steht. Knudsen oder Linders? Diese Frage konnte im Derby nicht beantwortet werden. Linders spielte gar nicht und der 28-jährige Knudsen fand in Omeyer seinen Meister.

(Von Wolf Paarmann, aus kn-online vom 23.12.2006)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 27.12.2006:

Rechtzeitig siegte der Kopf über das Herz

THW Kiel bekam beim 36:34 gegen Flensburg die Nerven in den Griff
Kiel - Als Christian Zeitz in der 58. Minute zum 36:32 traf, war ein intensives Derby zwischen dem THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt, das letztlich 36:34 (17:15) enden sollte, entschieden. Zeitz fing ein verunglücktes Abspiel von Marcin Lijewski ab und schmetterte den Ball an Dan Beutler vorbei ins Tor. Anschließend riss der Linkshänder die Fäuste nach oben, das Gesicht formte sich zu einem Schrei. An Zeitz, der sonst gerne den Unterkühlten gibt, war in diesen Sekunden abzulesen, welcher Druck auf den Kielern nach dem Magdeburg-Desaster gelastet hatte.

Zeitz durfte mitspielen, weil Vid Kavticnik in der 40. Minute die große Chance vergab, das Gipfeltreffen vorzeitig zu entscheiden. Der überragende Thierry Omeyer hatte einen Wurf von Blazenko Lackovic festgehalten und den Ball im Stile eines Quarterbacks quer durch die Halle in die Arme des Slowenen gejagt. 26:21 führte Kiel, als Kavticnik an Beutler scheiterte. Ein Sechs-Tore-Vorsprung hätte den Triumph der Kieler, durch deren Adern am Sonnabend reines Adrenalin pulsierte, wohl frühzeitig besiegelt. Der verärgerte Noka Serdarusic wechselte seinen Rechtsaußen sofort aus. Auch der THW-Trainer ahnte, was aus dieser Szene noch entstehen könnte. Tatsächlich robbten sich die Flensburger, nun angetrieben von dem flinken Ljubomir Vranjes, bis auf ein Tor (27:28/47.) heran. Bei den Gastgebern häuften sich jetzt mit der Zahl der Einzelaktionen die Fehler. Plötzlich war sie wieder da, diese Unwucht im Angriff der Zebras. Nikola Karabatic griff zur Brechstange und Mittelmann Stefan Lövgren erreichte seine Nebenleute nicht mehr.

Das Spiel stand vor 10 250 Zuschauern, die wie eine Wand hinter ihrem Team standen, noch einmal auf der Kippe. Doch anders als bei der 24:39-Pleite in Magdeburg, als die Kieler nach der Pause nur sechs Tore warfen, traf der Rückraum diesmal auch ohne Konzept: Kim Andersson beispielsweise mit einem unglaublichen Hüftwurf zum 29:27, Karabatic mit zwei Kopf-durch-die-Wand-Aktionen zum 31:27. Gut für Kiel, dass Lövgren in dieser Phase die Bremse fand und das THW-Spiel wieder in eine Form goss. Als das Herz wieder auf den Kopf hörte, lief Linksaußen Henrik Lundström schön ein und traf am Kreis zum 32:28. Kurz darauf gelang dem starken Marcus Ahlm nach einem listigen Lövgren-Pass mit einem Heber das Tor des Tages.

So blieben nach dem Derby nicht nur beide Punkte in der Ostseehalle und der weihnachtliche Frieden beim Meister gewahrt. Es blieb auch die Erkenntnis, den größten Gegner in den Griff bekommen zu haben - den eigenen Geschwindigkeitsrausch.

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 27.12.2006)


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