20./21.12.2006 - Letzte Aktualisierung: 21.12.2006 | Bundesliga |
Update #4 | KN-Bericht, Fotos, Stimmen und Spielbericht ergänzt... |
Jubelnde Magdeburger Spieler nach dem Kantersieg über den THW. |
Doch angetrieben vom frenetischen Publikum kämpfte sich der SCM nun ins Spiel. Sprenger, van Olphen und Tkaczyk verkürzten innerhalb von drei Minuten auf 6:7, Karabatic gab per Schnellen Mitte aber eine meisterliche Antwort. Wenige Minuten später hatten die Gastgeber den deutschen Meister dann aber doch gestellt: Kuleschow verkürzte zunächst auf 9:10, der THW vertendelte den Ball leichtfertig beim nächsten Angriff, und nur 13 Sekunden nach dem Anschlusstreffer musste Thierry Omeyer erneut hinter sich greifen - Torschütze zum ersten Ausgleichstreffer war Linksaußen Yves Grafenhorst.
Joel Abati beim Gegenstoß. |
Und tatsächlich: Die Kieler schienen sich wieder berappelt zu haben, Kim Andersson und Vid Kavticnik in Unterzahl behaupteten bis zum 20:18 (33.) den knappen Vorsprung. Als dann auch noch Oliver Roggisch eine Zeitstrafe bekam, wäre der Zeitpunkt gekommen, die Führung wieder etwas auszubauen. Doch es kam ganz anders:
Trotz Unterzahl schafften Europameister Joel Abati und Christian Sprenger den erneuten Ausgleich, und nur 18 Sekunden später raste erneut Yves Grafenhorst auf Mattias Andersson zu und erzielte die erste Führung für den SCM. Der THW war nun völlig von der Rolle und lud mit verzweifelten und überhastet vorgetragenen Angriffen die Gastgeber zum Kontern ein: Zweimal Abati und zweimal Grafenhorst erhöhten schnell auf 25:20, während die Kieler selbst vom Siebenmeterpunkt nicht mehr das Tor trafen. Erst nach 8 Minuten und dem 26:20 durch Theuerkauf konnten sich die Zebras wieder über einen Torerfolg freuen. Der postwendende Anschlusstreffer von Jeppesen war aber kein Befreiungsschlag, denn ein Doppelpack von Bielecki gegen den mittlerweile wieder das Tor hütende Omeyer bedeutete gar das 28:21. Während die Kieler ein ums andere Mal am überragenden Silvio Heinevetter scheiterten, erhöhte der SCM gar auf 32:21 (49.) - das Spiel war entschieden.
Die Magdeburger Fans konnten unerwartet früh über den Sieg jubeln. |
Die große Chance zur Wiedergutmachung haben die Zebras bereits am kommenden Samstag im Nordderby gegen den neuen Tabellenführer SG Flensburg-Handewitt. Bei einem Sieg wäre der THW wieder zurück an der Spitze, bei einer Niederlage würde der Abstand zur SG allerdings schon vier Punkte betragen...
(Sascha Krokowski)
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Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht sowie
den Nachbericht der Kieler Nachrichten.
Gratuliere. Das war ein Spiel, wo ich ein wenig Zeit brauche, um es zu verstehen. Wir lagen 30 Minuten in Führung. Haben dann zwar schnelle Tore bekommen, aber es war immer noch zufriedenstellend. In meinen 14 Jahren habe ich noch nie so früh TimeOut genommen. Es hat trotzdem nicht geholfen. Wir haben keinen Handball gespielt und uns Würfe frei genommen. Ich wußte nicht, dass meine Mannschaft 30 Minuten so spielen kann.In drei Tagen spielen wir gegen eine starke Mannschaft. Wir haben zwei Tage Zeit, dieses Spiel aufzuarbeiten.
Wir haben nicht damit gerechnet. Unser Torwart hat sich in einen Rausch gespielt. Ich habe immer nur gehofft, dass er keine 2-Minuten Zeitstrafe wegen Dummheiten bekommt. Heute hat alles geklappt.
In unserer Kabine war heute genauso viel los wie am Wochenende bei den Magdeburgern nach deren Niederlage gegen Flensburg. Es ist einfach passiert.
In unserer Kabine war heute genauso viel los wie am Wochenende bei den Magdeburgern nach deren Niederlage gegen Flensburg. Es ist einfach passiert.
Wir haben nie an solch große Momente gedacht. Eigentlich wollten wir nur kämpfen, um eine weitere Niederlage zu verhindern. Dann ging plötzlich alles, ein riesiges Spiel, ein großartiger Tag.
Natürlich waren wir nach der Flensburg-Niederlage sehr motiviert. Aber es konnte keiner davon ausgehen, dass es so kommen könnte. Alles war super: Die Abwehr, unser Torhüter und auch die Chancenverwertung.
Wir müssen sehen, dass wir in den kommenden drei Spielen wieder auf die Beine kommen. Magdeburg hatte einfach einen großartigen Lauf, bei uns ging nichts. Das ist Handball.
Aus den Kieler Nachrichten vom 21.12.2006:
Nach dem Desaster traute sich nur Henning Fritz ins Freie, der Rest der Zebraherde entspannte die gestressten Muskeln im dunklen Kabinengang. Kiels Torhüter, der ab der 50. Minute in die Niederlage geschickt wurde und mit den Kollegen unterging, fand in seiner Enttäuschung nur eine Floskel: "Besser einmal hoch verlieren, als fünfmal knapp." Mit leerem Blick suchte Fritz nach Erklärungen, fand aber keine.
Um den verlassenen THW-Torhüter herum, glich die Bördelandhalle einem Tollhaus. Der Anlass für die Gastgeber war schließlich ein geschichtsträchtiger: Exakt ein Jahr nach der größten Demütigung der Vereinsgeschichte - am 20. Dezember 2005 kassierte der SCM die denkwürdige 34:54-Niederlage in Kiel, Bundesliga-Rekord - schlugen die "Gladiators" im Sinne ihres Namens zurück, gnadenlos.
Dabei begann alles "harmlos". Kiel wurde mit einem Pfeifkonzert empfangen und antwortete mit einem Blitzstart zum 3:0. Vid Kavticnik erwischte starke erste 30 Minuten, traf genau wie Nikola Karabatic fünfmal, und fußend auf der Kieler Treffsicherheit dominierten die Gäste das Geschehen gegen Magdeburger, die nach der Wochenend-Schlappe gegen Flensburg äußerst aggressiv zu Werke gingen und schon nach 14 Minuten drei Zeitstrafen angesammelt hatten.
Weil auch Torhüter Johannes Bitter erstmals in der 14. Minute parierte, hatten die Zebras ihre Nase ständig mit zwei oder drei Toren vorne. Daran änderte zunächst auch die Einwechslung von Silvio Heinevetter, Magdeburgs zweiter Torhüter-Kraft, nur wenig. Halbzeitstand 18:16 für Kiel. Nichts deutete in der Pause auf den Magdeburger Feiertag hin. Schon gar nicht, als Kavtcinik in der 33. Minute das 20:18 erzielte: Ruhe bei den 8000 Zuschauern in der ausverkauften Bördelandhalle. Aber es war die Ruhe vor dem Sturm. Oder besser, über die Zebras zog in der Folge ein gewaltiger Orkan her, der, ohne jegliche Sicherung, alle Dämme brechen ließ. Im THW-Angriff lief nichts mehr zusammen. Weder Lövgren, Karabatic, noch Kim Andersson: Kiels Rückraum war von Sekunde an paralysiert.
In dem Maße, in dem Heinevetter sich in einen Rausch steigerte, wurden die Zebras von allen guten Geistern verlassen. Fehler über Fehler, Fahrkarten über Fahrkarten. "Das war kein Handball", sagte Trainer Noka Serdarusic später mit zitternder Stimme. Magdeburg nahm dankend an. Linksaußen Yves Grafenhorst versenkte jeden Tempogegenstoß mit Eiseskälte. Joel Abati traf, wie er wollte. Gregorz Tkaczyk ebenfalls. Das 20:18 wandelte sich innerhalb von acht Minuten in ein 20:26, Auszeit von Serdarusic, aber immer weiter rollte Welle um Welle auf das Kieler Tor. Am Ende dieser Handball-Demonstration hatte Magdeburg die zweite Halbzeit mit 23:6 Toren für sich entschieden. Handball-Deutschland wird heute aufhorchen. Der THW wurde entzaubert, von den Fans verhöhnt und erlebte erstmals, was viele Gäste oft in der Ostseehalle erleiden müssen: Eine ganz bittere Niederlage, der eine sehr leise Heimfahrt folgt.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 21.12.2006)
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