17./19.02.2007 - Letzte Aktualisierung: 19.02.2007 | Bundesliga |
Update #4 | KN-Bericht, Spielbericht, Stimmen und Statistik ergänzt... |
War nicht zu stoppen: Nikola Karabatic gegen Wetzlars Mario Clößner |
Hoch motiviert gingen die Zebras in die Partie gegen die abstiegsgefährdeten Gastgeber. Nach zehn Minuten sah sich Wetzlars neuer Trainer Volker Mudrow gezwungen, die grüne Auszeit-Karte zu ziehen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Zebras seine Mannen ordentlich durcheinander gewirbelt. Aus einer engagierten Abwehr heraus hatten die Kieler ein rasantes Tempo vorgelegt, nach Kaufmanns 2:4-Anschlusstreffer durch Lövgren, Vid Kavticniks Siebenmeter und Ahlms Tor nach feinem Anspiel von Kim Andersson auf 7:2 erhöht.
Die Auszeit brachte nur kurze Besserung in das HSG-Spiel. Mit einem Doppelschlag von Karipidis und Allendorf per Tempogegenstoß kamen die Hessen wieder auf 5:9 heran - doch der THW konterte eiskalt. Allen voran war es nun Nikola Karabatic, der seine Klasse ein ums andere Mal eindrucksvoll unter Beweis stellte. Aber auch das Zusammenspiel des Rückraums mit Kreisläufer Ahlm funktionierte glänzend - kurzum: Der THW spielte variabel, machte wenig Fehler und hatte in Kavticnik in der ersten Hälfte einen sicheren Siebenmeterschützen. In der 17. Minute war der THW auf 12:5 davon geeilt, Kim Andersson und Kavticnik warfen beim 18:10 den ersten Acht-Tore-Vorsprung heraus, der bis zum 21:12-Halbzeitstand gar noch um ein Tor erhöht wurde. Entspannte THW-Gesichter allenthalben, die Sorgenfalten schienen beim Gang in die Kabine geglättet.
Als Lövgren kurz nach Wiederanpfiff auf 22:12 erhöhte und Klein in Unterzahl nach einem Steal diese Zehn-Tore-Führung behauptete (24:14) war eine Vorentscheidung gefallen. Dies schien auch die Defensivarbeit der Kieler ein wenig zu hemmen. Es wurde nicht mehr so fest zugepackt, was die HSG zu nutzen wusste. Mit sehenswerten Anspielen auf die Kreisposition knackten die Hessen ein ums andere Mal das Bollwerk, das der THW noch in der ersten Hälfte vor seinem Tor errichtet hatte. Da auch im THW-Angriff vier Minuten lang Flaute herrschte, konnten die Gastgeber wieder heran kommen. Vier Wetzlarer Tore in Folge bedeuteten den 18:24-Anschluss der Hessen, ehe Karabatic gleich zweimal den Ball ins von Nikolai Weber seit Beginn der zweiten Hälfte gehütete Tor wuchtete - der Zebra-Express war wieder in der Spur. Ahlm traf zum 27:19 (41.) und wurde dabei rüde von Werum angegangen. Dieser musste für das Foul für zwei Minuten auf die Bank, 90 Sekunden später folgte ihm Vucicevic - als beide wieder mitspielen durfte, war der THW auf 31:19 enteilt und der Widerstand der Gastgeber endgültig gebrochen.
Fortan durften auf Kieler Seite Kräfte gespart werden, ohne dabei allerdings in der Konsequenz im Ausnutzen der Torchancen bedeutend nachzulassen. Nachdem Klein aus dem Rückraum das 34:23 erzielt hatte (50.), dauerte es weitere drei Minuten, bis Karabatic zum ersten Mal in dieser Saison die persönliche 10-Tore-Schallmauer durchbrochen hatte. Die Partie war da natürlich längst entschieden, mit schönen Spielzügen wussten die Zebras aber auch zu diesem Zeitpunkt noch zu überzeugen. Dennoch fehlte in der Abwehrarbeit der letzte Funken Bissigkeit, sodass die HSG noch Ergebniskosmetik betreiben konnte. Die 40-Tore-Marke hätte kurz vor dem Ende Viktor Szilagyi knacken sollen, doch Matosevic verhinderte mit einer Siebenmeter-Parade das erste Tor des Österreichers nach seinem Kreuzbandriss. Dennoch wollten die Kieler diese magische Marke unbedingt noch knacken, was dem guten Kim Andersson 39 Sekunden vor dem Ende auch noch gelang.
"Im Moment ist jede Mannschaft gefährlich für uns" hatte Trainer Serdarusic vor der Partie angesichts der Verletztensituation und den bisherigen Leistungen nach der WM-Pause gewarnt - die HSG konnte es aufgrund einer starken Kieler Leistung an diesem Abend nicht sein. Eine Woche bleibt dem THW Kiel nun Zeit, um nach der Pflicht die Kür vorzubereiten: Am kommenden Samstag spielen die Zebras bei MKB Veszprem das Hinspiel im Viertelfinale der Champions League.
(Christian Robohm)
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Zum Spiel kann ich nur sagen, was alle gesehen haben: Wir haben konzentriert angefangen und in der Abwehr gut gestanden. In der ersten Halbzeit hat Mattias Andersson einige wichtige Bälle gehalten. Daraus entstand die komfortable Halbzeitführung. In der zweiten Halbzeit standen wir nicht ganz so konzentriert und waren in der Seitwärtsbewegung nicht so schnell. Das ist aber bei dieser Führung nicht unerwartet gewesen.
Für meinen persönlichen Einstand in Wetzlar war der THW natürlich eine schwierige Mannschaft. Ich habe dennoch heute schon viel meiner Mannschaft gesehen - meine ersten Eindrücke sind Gold wert. In der ersten Halbzeit gab es einige gute Deckungsaktionen, aber die neun Tore Vorsprung des THW zur Pause gingen klar in Ordnung. Meiner Mannschaft muss ich jedoch ein Kompliment machen: Die zweite Halbzeit haben wir unentschieden gespielt. Jetzt müssen wir nur noch eine Deckung finden, die diesen Namen verdient.
Noka hat gesagt, dass ich reinkomme, wenn es noch einen Siebenmeter gibt. Als es so weit war, hat es leider nicht geklappt. Ich hatte eine Stunde lang keinen Ball und auch kein Harz berührt. Ich wollte ihn geradeaus werfen, aber er ist mir aus der Hand gerutscht. Egal, ich bin im Moment noch in der Aufbauphase.
Ich hatte das Gefühl, dass der neue Trainer der HSG heute einiges ausprobieren wollte und viel gewechselt hat. Ab heute gilt unsere ganze Konzentration der Champions League.
Wir wissen, wie schwer Auswärtsspiele werden können und wollten Wetzlar deshalb von Anfang an keine Chance lassen. Das hat geklappt, sie sind gar nicht ins Spiel gekommen. Die Abwehr hat gut gearbeitet und mir heute sehr geholfen.
Wir haben es in der ersten Halbzeit nicht geschafft, Marcus Ahlm in den Griff zu bekommen. Da war der Unterschied zwischen uns und denen zu groß. Als wir es nach der Pause mit einer offensiven Abwehr versucht haben, lief es besser. Kiel ist einfach eine Klasse für sich.
Aus den Kieler Nachrichten vom 19.02.2007:
Im Tor der Kieler durfte Mattias Andersson beginnen, der schon beim Pokalsieg gegen Lemgo (35:32) seine gute Form unter Beweis gestellt hatte. Im Verbund mit seinen Vorderleuten, die mit hoher Konzentration ihren Dienst angetreten hatten, bewies der Schwede einmal mehr, dass er sich mit Fritz und Thierry Omeyer auf Augenhöhe bewegt. Allerdings erleichterte ihm der Rückraum des Tabellen-17. auch die Arbeit. Der hüftsteife Serbe Milan Vucicevic, im Januar aus Gummersbach gekommen, wirkte so elegant wie ein Storch im Salatfeld. Und Lars Kaufmann, der andere Zwei-Meter-Hüne der Hausherren, spielte Kopfdurch-die-Wand-Handball.
Der 24-Jährige, im Team von Heiner Brand gerade mit der Goldmedaille geehrt, wirkte wie eine Testperson für einen Fabrikanten von Handballtoren. Wenn der Rechtshänder warf, war den 4300 Zuschauern in der ausverkauften Rittal-Arena klar, dass er wohl nicht treffen würde. 14 Versuche, zwei Tore - für einen hohen Sieg reicht eine solche Quote nicht. Unklar war nur, ob das Tor den gewaltigen Würfen auch standhalten würde. Die gute Nachricht für den Hersteller - es hielt.
Mit zunehmender Spieldauer schmolz die Geduld der HSG-Fans mit ihrem Weltmeister, der zum TBV Lemgo wechseln wird. Immer lauter war der Ruf zu hören, er möge seinen Umzug doch beschleunigen. Allerdings wirkte nicht nur er völlig verunsichert. Die HSG hatte zuletzt viermal in Folge verloren und erst am Donnerstag mit Volker Mudrow (ehemals TBV Lemgo) einen neuen Trainer verpflichtet. Mudrow hatte vor dem Spiel nur einmal mit seiner neuen Truppe üben können, entsprechend konzept- und mutlos wirkte die HSG.
In der Deckung legten sie die Aggressivität von Kuscheltieren an den Tag. Harmlos und voller Ehrfurcht vor einem Gegner, dem alles gelang. "Für uns war das die Generalprobe für die Champions League", meinte Dominik Klein, der als Linksaußen Weltmeister wurde und gestern aus dem Rückraum traf. Gegen Ersatztorwart Nikolai Weber der früher in Gelnhausen spielte. Früher, als Klein noch mit Obernburg in der Zweiten Liga gegen ihn spielte. "Das waren immer meine Lieblingsspiele." Auf der Bank der Kieler zog Manager Uwe Schwenker symbolisch den Hut vor dem 23-Jährigen, der nicht nur ihm Spaß bereitete. "Die Jungs waren alle so ernst heute", meinte Klein. "Da musste einer mal mit dem Lächeln anfangen."
Bester Schütze der Kieler war Nikola Karabatic, der trotz seines lädierten Ellenbogens elf Tore warf und offensichtlich einen Passierschein für die HSG-Abwehr besaß. Phasenweise wirkten die Zebras wie das berühmte Showensemble der Harlem Globetrotters, die um den Globus reisen, um die Welt an ihrer Basketball-Kunst teilhaben zu lassen. Immer wieder griffen die spielfreudigen Kieler in die Trickkiste und wurden auch von den Hessen im Publikum mit Applaus bedacht.
Den krönenden Abschluss verpasste Viktor Szilagyi, der in der letzten Minute eingewechselt wurde, um einen Siebenmeter zu werfen. Es wäre das erste Saisontor für den Österreicher gewesen, der nach einem Kreuzbandriss neun Monate pausieren musste. Doch dem 28-Jährigen rutschte der Ball aus Hand und Matosevic, ein bis dahin gedemütigter Olympiasieger, durfte eines seiner wenigen Erfolgserlebnisse feiern. "Ich finde, er hat diesen Wurf überragend pariert", meinte Szilagyi und grinste breit. Vor dem Viertelfinale der Champions League, das am Sonnabend mit dem Hinspiel beim ungarischen Meister MKB Veszprem beginnt, ist im Kreise der Zebras das Lachen zurückgekehrt.
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 19.02.2007)
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