Aus Sport1.de:
München/Lemgo - Filip
Jicha steht zwischen den Stühlen.
Der Tscheche hat noch einen Vertrag bis 2008 beim TBV Lemgo, von da an aber
bereits einen Kontrakt beim THW Kiel unterschrieben. Nach dem
Triumph der Kieler in der Champions League zieht es
ihn immer mehr in die schleswig-holsteinische Hauptstadt. Möglichst noch im Sommer will er wechseln.
Das hört man in Lemgo gar nicht gern. "Wir wollen
Filip behalten. Er ist ein
Sportsmann und wird seine Leistung abrufen, auch wenn er jetzt gerne wechseln
würde", sagt Manager
Fynn Holpert gegenüber
Sport1.de.
"Er ist unverkäuflich. Meine Schmerzgrenze liegt bei 25 Millionen Euro - so,
wie sie bei Bayern München im Fall Owen Hargreaves lag. Und Kiel ist ja der
FC Bayern des Handballs."
Sport1.de hakte bei Filip Jicha nach. Im Interview spricht der
Zweite der WM-Torschützenliste 2007 über seine Situation und die Chance, den THW mit
Lemgoer Schützenhilfe am Samstag zum Meister machen zu können.
- Sport1:
-
Herr Jicha, vor kurzem hat Sie Lemgos Manager Holpert für unverkäuflich
erklärt. Wie ist der Stand der Dinge?
- Filip Jicha:
-
Die beiden Vereine werden sich bald zusammensetzen und hoffentlich eine
Lösung finden, die für alle Seiten befriedigend ist. Wann das passieren
wird, ist aber noch unklar. Ich würde mich riesig freuen, wenn ich schon im
Sommer gehen könnte.
- Sport1:
-
Sicher eine unbefriedigende Situation, oder?
- Filip Jicha:
-
Das stimmt. Für mich ist es keine leichte Situation. Ich würde gern im
Sommer nach Kiel wechseln. Sollte das klappen, muss ich in Lemgo meine
Wohnung kündigen und in Kiel etwas finden. Ich hoffe, dass bald eine
Entscheidung fällt.
- Sport1:
-
Was ist der Grund dafür, dass Sie schon im Sommer wechseln wollen?
- Filip Jicha:
-
Der sportliche Aspekt. Kiel ist für mich momentan der beste Verein der Welt.
Kiel wird in der Champions League spielen und das ist für mich eine große
Herausforderung. Kiel spielt dort als Titelverteidiger, genauso wie
höchstwahrscheinlich auch in der Bundesliga. Die Entscheidung hat nichts
damit zu tun, ob ich mich in Lemgo wohlfühle oder nicht.
- Sport1:
-
Hat der Handball-Hype mit der
WM in Deutschland, dem
Champions-League-Finale mit Kiel und Flensburg
sowie den Europapokalsiegen von Hamburg und Magdeburg
auch die Entscheidung gegen einen Wechsel zu einem Weltklub wie dem FC
Barcelona erleichtert?
- Filip Jicha:
-
Der Handball-Boom während und nach der WM macht richtig Spaß. Die Bundesliga
hat gezeigt, dass sie die beste Liga der Welt ist. Deshalb wollte ich
unbedingt in Deutschland bleiben. Es ist auch etwas Besonderes, immer vor
einer Kulisse von mehr als 10.000 Zuschauern zu spielen. Ich will mich immer
mit den Besten messen, und das kann Kiel mir bieten.
- Sport1:
-
Was wird sein, wenn es nicht mit einem Wechsel schon im Sommer klappen
sollte?
- Filip Jicha:
-
Wenn ich noch ein Jahr in Lemgo spielen sollte, werde ich natürlich alles
dafür tun, damit wir mit dem TBV wieder so etwas erreichen können, wie wir
es letztes Jahr mit dem Gewinn des EHF-Cups geschafft haben. Das war ein
unglaubliches Gefühl. Aber momentan schaue ich nur nach vorne. Ich hoffe,
dass es klappt und alle drei Seiten zufrieden sein werden.
- Sport1:
-
Zur laufenden Saison: Seit der Niederlage gegen Kiel scheint die Luft raus
zu sein beim TBV.
- Filip Jicha:
-
Es war schlecht für uns, dass wir im Dezember so desolat gespielt haben. Das
hat uns die ganze Saison gekostet. Wir haben dann in der Rückserie immer von
Spiel zu Spiel geschaut. Plötzlich hatten wir die Möglichkeit, doch noch die
Qualifikation für die Champions League zu schaffen. Dann kam das Spiel gegen
Kiel, das für mich natürlich besonders war, und wir haben leider verloren.
- Sport1:
-
Mit Peter Meisinger kommt ein neuer Trainer, Manager
Fynn Holpert wird mit
Flensburg in Verbindung gebracht und wichtige Spieler wie Christian
Schwarzer und Markus Baur verlassen den Verein. Kann der TBV im nächsten
Jahr die Champions-League-Quali schaffen?
- Filip Jicha:
-
Lemgo befindet sich im Umbruch. Es wird sehr schwierig, diese beiden Spieler
zu ersetzen, aber der Umbruch musste kommen. Mit Lars Kaufmann oder Rolf
Hermann kommen gute Leute. Wenn noch ein paar andere gute Leute kommen, kann
es klappen. Der neue Trainer soll auch sehr gut arbeiten. Es wird aber
dennoch schwierig, für eine verjüngte Mannschaft ganz vorne mitzuspielen,
denn die anderen rüsten ganz schön auf. Ich denke aber, dass der TBV wieder
eine Top-Adresse in Europa sein wird.
- Sport1:
-
Nach dem Champions-League-Sieg haben Sie Kiels Manager
Uwe Schwenker
angerufen und gratuliert. Sie spielen am Wochenende bei Kiels Verfolger
Hamburg. Können Sie Schwenker danach schon zur Meisterschaft gratulieren?
- Filip Jicha:
-
Ich fahre nach Hamburg, um dort ein gutes Spiel abzuliefern. Wenn wir
gewinnen, wäre es nicht nur gut für den THW, sondern natürlich für den TBV.
Ich werde im Kopf haben, dass ich dem TBV helfen will.
- Sport1:
-
Fynn Holpert hat gesagt,
Filip Jicha wird der "Owen Hargreaves" des
Handballs werden. Sein Wechsel zu Manchester United hatte sich lange
hingezögert, jetzt ist er perfekt. Gute Chancen auch für
Filip Jicha?
- Filip Jicha:
-
Ich würde mich freuen, aber da muss ich noch Fynn fragen (lacht). Ich möchte
nach Kiel, um dort meine sportliche Entwicklung weiter zu entwickeln.
- Sport1:
-
Haben Sie noch einen Traumverein, bei dem Sie nach der Zeit in Kiel mal gern
spielen würden?
- Filip Jicha:
-
Die spanische Liga würde mich auch irgendwann mal reizen. Wenn mir Barcelona
in fünf oder sieben Jahren ein Angebot macht, muss ich darüber nachdenken.
Momentan bin ich sehr glücklich, dass ich in Deutschland spielen kann.
(Das Gespräch führte Thorsten Mesch, © 2007 Sport1)