Im
Halbfinale der Champions League
kommt es gleich zwei Mal zum Duell der spanischen gegen die deutsche
Liga. Debütant HSV Hamburg hat es mit Ciudad Real, dem Gewinner von
2006, zu tun, Titelverteidiger THW Kiel trifft im Europacup-Evergreen
auf den FC Barcelona, insgesamt sieben Mal Gewinner der europäischen
Königsklasse. Insgesamt kommt es in drei Europacup-Wettbewerben zu
vier deutsch-spanischen Duellen. Warum das so ist, beantworten
Uwe Schenker, Manager des THW Kiel, und
Christian Fitzek, Sportdirektor des HSV Hamburg, in einem
Doppelinterview.
- Frage:
-
In den am Wochenende anstehenden Halbfinals der drei großen
Europacup-Wettbewerbe treffen gleich vier Mal deutsche Vertreter
auf spanische Teams. Spiegelt das die Kräfteverhältnisse im
europäischen Handball korrekt wieder?
- Uwe Schwenker:
-
Das ist unbestritten so. Deutschland und Spanien haben die beiden
stärksten Ligen der Welt. Ich würde allerdings nicht behaupten,
dass nicht auch der eine oder andere Verein aus einer anderen Liga
in diese Phalanx einbrechen kann. Dazu müssen wir die Konstellation
der Finalspiele abwarten.
- Christian Fitzek:
-
So oder ähnlich hatten wir es doch schon in den vergangenen Jahren.
Ob es dabei im Finale zu einem rein spanischen, deutsch-spanischen
oder rein deutschen Duell kommt, wie wir es bereits im vergangenen
Jahr hatten, hängt von der Tagesform ab. Natürlich kann auch mal
eine französische Mannschaft ins Halbfinale vorstoßen, aber die
spanische und die deutsche Liga überzeugen gegenwärtig durch
Dominanz und Konstanz.
- Frage:
-
In der Champions League besteht noch immer die Möglichkeit, dass es
- wie im Vorjahr - zu einem rein deutschen Duell im Finale kommt.
Aus Sicht der TOYOTA HBL ist das großartig, aber ist so etwas auch
gut für einen Wettbewerb wie die Champions League?
- Uwe Schwenker:
-
Schauen Sie doch einmal auf den Fußball. Da stehen gleich vier
englische Teams im Viertelfinale der Champions League. Und entwertet
das den Wettbewerb? Überhaupt nicht. Ich befürchte da keinerlei
Imageverlust für die Champions League der Handballer. Im Gegenteil:
Durch diese Konstellation werden selbst die Halbfinals noch mehr
Beachtung finden.
- Christian Fitzek:
-
Die beiden Teams, die das Finale erreichen, werden es auch verdient
haben. Da spielt die Nationalität keine Rolle. Europa ist in den
vergangenen Jahren mehr und mehr zusammengewachsen, und auch die
Teams sind durch und durch europäisch geprägt. Außerdem: Es lässt
sich schließlich nicht steuern, wer das Finale erreicht.
- Frage:
-
Begegnen sich die spanischen und die deutschen Klubs auch
finanziell auf gleicher Augenhöhe?
- Uwe Schwenker:
-
Das tun sie, aber sie sind in ihren Strukturen unterschiedlich
aufgestellt. Die Handballer Barcelonas sind eingebunden in einen
gewaltigen Gesamtverein, Ciudad Real darf sicher als Team eines
einzigen Mäzens gelten, und Portland San Antonio versteht sich
fast wie eine Betriebssportgemeinschaft. Diese drei sind sicher
die Vereine mit den größten Etats. Aber erfreulich ist vor diesem
Hintergrund die Entwicklung in Dänemark, wo in den vergangenen
zwei Jahren viel passiert ist. Und die Entwicklung ist dort noch
lange nicht am Ende.
- Christian Fitzek:
-
Ganz sicher ist Ciudad Real allen anderen Vereinen noch etwas
voraus. Aber das Geld im Handball wird in Deutschland und in
Spanien verdient.
- Frage:
-
Werden Sie eigentlich von vielen Fans zu den Auswärtsspielen
im Europacup begleitet? Immerhin ist Spanien doch ein attraktives
Ziel für eine solche Reise.
- Uwe Schwenker:
-
Barcelona ist ganz sicher eine faszinierende Stadt. Im Moment
sieht es so aus, dass 200 THW-Fans die Reise antreten werden.
Die Hälfte reist in unserem eigenen Charterflieger mit, die
anderen Fans haben ihre Reise in irgendeiner Form selbst
organisiert.
- Christian Fitzek:
-
Wir sind sehr angetan, was unsere Fanklubs auf sich nehmen, um
trotz schwieriger Anreise und finanziellen Aufwands bei den
Auswärtsspielen dabei sein zu können. Nicht selten spart sich
das einer vom Munde ab. Aber auch vom HSV aus kümmern wir uns um
die Fans, organisieren ihnen die Reise, besorgen die Tickets -
und das alles zum Sonderpreis. Die 50 nach Pamplona mitgereisten
Fans haben wir nach dem Spiel zum Essen eingeladen. Das hat
allerdings schon seit dem vergangenen Jahr Tradition und wird
ganz sicher auch in Ciudad Real nicht anders sein.
- Frage:
-
Ein Wort noch zu Ihren Gegnern?
- Uwe Schwenker:
-
Der FC Barcelona hat ein Jahrzehnt die dominierende Rolle im
europäischen Handball gespielt. Nachdem sie in den vergangenen
Jahren einige Spieler ausgetauscht und den Umbruch vollzogen
haben, sind sie wieder richtig gut dabei. Ich gehe davon aus,
dass letztlich die Tagesform ausschlaggebend sein wird - und
wer mit weniger Verletzten in die beiden Spiele geht. Doch
davon abgesehen: Alle vier Halbfinalisten sehe ich in der Lage,
in diesem Jahr die Champions League zu gewinnen.
- Christian Fitzek:
-
Ciudad Real darf gegenwärtig als die nominell beste Mannschaft
der Welt gelten - eine absolute Topadresse im Welthandball. Nicht
nur deshalb geht der HSV Hamburg als Außenseiter in dieses
Halbfinalduell. Aufgrund unserer Verletztenmisere können wir froh
sein, wenn wir acht gesunde Feldspieler zusammenbekommen. Mit
Bertrand Gille, Oleg Velyky, Torsten Jansen und Stefan Schröder -
also mit der kompletten Kombo - wäre das Unterfangen, ins Finale
zu kommen, sicher sehr viel leichter zu verwirklichen.
(Das Gespräch führte Arnulf Beckmann)