Aus den Kieler Nachrichten vom 10.05.2008:
Kiel -
Stefan Lövgren trägt das THW-Trikot seit dem 1.
Juli 1999 und ist mit fast neun Jahren Vereinszugehörigkeit
das dienstälteste "Zebra" beim Deutschen
Handball-Rekordmeister. Vor dem Champions-League-Finale gegen Ciudad
Real sprach der THW-Kapitän mit den Kieler Nachrichten.
Mit THW-Kapitän
Stefan Lövgren sprach Reimer Plöhn.
- Kieler Nachrichten:
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Herr Lövgren, Sie verpacken gerade
eine Isomatte, wollen Sie verreisen?
- Stefan Lövgren:
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Die gehört meinem Sohn Linus, der fährt mit der Melsdorfer
Jugendmannschaft, die ich trainiere, nach Osterohrstedt
zu einem Handball-Turnier. Erstmals ohne die Eltern
mit Übernachtung in einem Zelt. Ich wäre gerne mitgefahren,
aber ich habe an diesem Wochenende etwas anderes vor.
- Kieler Nachrichten:
-
Sie wollen die Champions League mit dem THW gewinnen. Im
vergangenen Jahr waren Sie ausgerechnet beim Finale gegen Flensburg
verletzt. Ist die Partie gegen die Spanier daher etwas
Besonderes, weil Sie morgen alles nachholen können?
- Stefan Lövgren:
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Etwas Besonderes ist dieses Spiel für mich deswegen, weil
wir den Titel verteidigen können. 2007 habe ich zwar im Finale
gefehlt, aber dieser Wettbewerb läuft über mehrere
Monate, daher fühle ich mich als Champions-League-Gewinner
- auch wenn ich natürlich gerne bei den Endspielen dabei gewesen wäre.
- Kieler Nachrichten:
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Bei den Finalspielen 2007 hatte der THW nur einen Rumpfkader
zur Verfügung, jetzt sind alle 14 Spieler fit. Das macht es doch
leichter, oder?
- Stefan Lövgren:
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Schwer zu sagen. Ich weiß nur, dass die meisten von den Jungs
nach der Terminhatz ziemlich fertig sind. Wir machen viel im
taktischen Bereich, aber ansonsten liegen wir oft bei unseren
Physiotherapeuten auf der Bank und lassen uns pflegen.
Ich habe mich an manchen Tagen gefragt: Wie soll ich das alles nur überstehen?
Wir haben zuletzt ja auch häufig schlecht gespielt. Zum Beispiel
vor Barcelona und auch vor Ciudad Real. Das Komische
aber ist: Wenn die schweren Gegner kommen, schalten
Kopf und Körper wieder auf Höchstleistung um.
- Kieler Nachrichten:
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Ist der Zwei-Tore-Vorsprung gegen
Ciudad Real nach dem 29:27-Sieg aus dem Hinspiel ein
sanftes Ruhepolster?
- Stefan Lövgren:
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Auf gar keinen Fall. Vielleicht aber besser als fünf Tore. In
diesem Fall wären wir unterbewusst wohl mit einer Verteidigungs-Haltung aufgelaufen.
Zwei Tore sind im Handball nichts, wir starten bei Null und werden uns voll reinknien.
Wir wissen, dass Ciudad Real hier gewinnen kann.
In diesem Team stehen jede Menge Weltklasseleute. Als Ciudad im Hinspiel mit drei
Toren führte, hat Thierry Omeyer vier unglaubliche Paraden
gezeigt, wenn diese Bälle drin sind, wären die Spanier auf sieben weggezogen. Also,
wir müssen wirklich gut spielen und bauen natürlich auf
die Unterstützung unserer Fans. Die haben uns gegen
Barcelona nach vorne gepeitscht. Das war der Hammer.
Wenn Feuer in der Hütte ist, trägt es uns, schüchtert
den Gegner ein und sorgt bei dem für Hektik.
- Kieler Nachrichten:
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Welche Rolle spielt es, dass Rutenka
verletzt ausfällt?
- Stefan Lövgren:
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Erst einmal abwarten. Vielleicht ist er doch dabei. Wenn
nicht, muss das kein Vorteil für uns sein. Dann springt ein
anderer Weltklasse-Mann wie Entrerrios ein, und spielt vielleicht
das Spiel seines Lebens.
- Kieler Nachrichten:
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Wie groß ist der Respekt vor Torhüter
Arpad Sterbik?
- Stefan Lövgren:
-
Das ist natürlich ein Riesentorhüter,
Weltklasse. Aber man muss den Gedanken ausschalten,
dass so einer wie er im Tor steht.
- Kieler Nachrichten:
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Beim Hinspiel wurde Sterbik kurz ausgewechselt, in dieser Zeit
kam der THW leichter zu Toren.
- Stefan Lövgren:
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Das stimmt, ich habe mich auch gewundert. Liegt aber
vielleicht daran, dass Sterbik sehr schwer ist und einfach
mal eine Pause benötigt hat.
- Kieler Nachrichten:
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Ein Fragezeichen steht noch hinter dem Einsatz von Kreisläufer
Rolando Urios, der letzte Woche verletzt fehlte. Spielt er, wird es
für den THW schwerer, oder?
- Stefan Lövgren:
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Urios ist einmalig, ein Kreisläufer,
der vor der Abwehr spielt. Der ist nicht zu packen,
weil er so einen tiefen Schwerpunkt hat. Hat er den Ball,
gibt es Siebenmeter oder Tor.
- Kieler Nachrichten:
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Der THW hätte es leichter, wenn
er seine Siebenmeterschwäche ablegen würde.
- Stefan Lövgren:
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Das ist komisch und unfassbar. Wir haben nicht ein oder
zwei Spieler, die verwerfen, sondern sechs oder sieben.
Trainieren kann man es nicht. Im Spiel ist der Puls hoch, dazu
kommen Anspannung und Zuschauer. Wir müssen nur
die Sicherheit zurückgewinnen.
Und das bekommen wir
auch wieder hin.
- Kieler Nachrichten:
-
Wie sieht morgen Ihre persönliche
Vorbereitung aus?
- Stefan Lövgren:
-
Ich stehe normal auf, frühstücke mit meiner Familie, lege
mich noch ein wenig hin und bereite mich langsam auf das
Spiel vor. Zwei Stunden vorher treffen wir uns dann in der
Halle bei Kaffee und Kuchen. Dann kann es losgehen.
- Kieler Nachrichten:
-
Und am Ende wird die Titelverteidigung
gefeiert?
- Stefan Lövgren:
-
Es kann viel passieren. Aber wir haben eine große Qualität
in der Mannschaft. Bis wir feiern können, brauchen wir viel
Kraft und werden große Schmerzen haben. Aber das
vergisst du. Und dieser Einsatz ist es wert.
(Das Gespräch führte Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 10.05.2008)