Der THW Kiel hat mit einer souveränen Vorstellung Platz drei bei der Champions Trophy im ungarischen
Veszprem erreicht. Im rein deutschen Duell schlugen die Kieler am Sonntagnachmittag die
HSG Nordhorn mit 36:31 (18:13), boten über weite Strecken eine tolle Leistung und betrieben
so eindrucksvoll Wiedergutmachung für die tags zuvor erlittene
24:31-Niederlage gegen Ciudad Real.
Die Zebras dominierten über weite Strecken die Partie und gerieten nur kurz nach der Pause einmal
in Gefahr, als Nordhorn einen zwischenzeitlichen Acht-Tore-Rückstand bis auf zwei Treffer verkürzen konnte.
Stark:
Kim Andersson mit zehn Toren bei 13 Versuchen und
Thierry Omeyer
mit 18 Paraden in 39 Minuten.
THW-Trainer
Alfred Gislason setzte im Spiel um Platz drei erneut über weite Strecken
der Partie auf
Igor Anic am Kreis,
Henrik Lundström
wurde ebenso geschont wie größtenteils auch Kapitän
Stefan Lövgren, der zunächst
nur für Siebenmeter und dann in der Schlussphase auf der Platte stand.
Die ersten Ausrufezeichen setzten andere auf Seiten des THW Kiel. Nach der schnellen 2:0-Führung
war es
Kim Andersson mit drei Toren in der Anfangsphase, der der
Partie seinen Stempel aufdrückte. Ebenso
Omeyer, der zu Beginn des
Spiels hinter einer kompakt zufassenden Deckung kaum zu bezwingen war. So führte der THW schnell mit
5:1 (6.), musste dann aber den Nordhorner Anschluss beim 5:4 hinnehmen. Aus der Ruhe ließen sich die
Zebras davon aber nicht bringen, zogen weiterhin ihr schnelles Spiel auf und profitierten dabei von
Omeyers Paraden und einigen technischen Fehlern der HSG.
Anic,
Andersson und
Jicha erhöhten nach einer furiosen
Doppelparade
Omeyers gegen Verjans auf 7:4 - nach nur zehn Minuten
nahm HSG-Coach Ola Lindgren seine Auszeit. Die nutzte den Grafschaftern allerdings wenig, denn
Lund mit einem tollen Tempogegenstoß,
Lövgren per
Siebenmeter, zweimal
Klein mit Gegenstößen und
Anic vom
Kreis erhöhten in den folgenden sieben Minuten bei nur einem Gegentreffer auf 13:5 (17.) - der THW Kiel
schien frühzeitig auf die Siegerstraße eingebogen zu sein. Die HSG konnte allein mit Siebenmetern von
Kukucka und Kreisläufer Myrhol dagegenhalten, da die Kieler gegen Ende der ersten Halbzeit aber
im Angriff einige Chancen gegen den nun im Nordhorner Tor stehenden
Peter Gentzel ausließen und auch
Pfosten und Latte nicht unbedingt mit den Zebras im Bunde standen, konnten die Grafschafter bis zum
Pausenpiff auf einen Fünf-Tore-Rückstand verkürzen.
"Jetzt leben wir wieder", feuerte Ola Lindgren
seine Spieler kurz vor der Halbzeit an - und nach der Pause setzten es seine Mannen in die Tat um.
Allen voran Myrhol: Der Nordhorner Kreisläufer erzielte vier Treffer in Folge für seine Farben, auch
der nach dem Wechsel ins Kieler Tor beorderte
Andreas Palicka konnte nicht
verhindern, dass die HSG beim 21:19 für den THW wieder in Schlagdistanz war (37.).
Kim Andersson
musste sich eine Zwei-Minuten-Auszeit gönnen,
Lund rückte auf Halbrechts,
Lövgren übernahm die Mitte - und setzte den eingelaufen
Vid Kavticnik
in Szene, der bei angezeigter Passives-Spiel-Warnung zum 22:19 in Unterzahl traf. Der Auftakt für
weitere starke Minuten der Kieler:
Palicka hielt, was zu halten war,
die Abwehr biss sich weiter in die Partie. Die Folge: Tempogegenstöße, die erst
Klein mit einem tollen Leger und kurz darauf
Kavticnik mit
einem furiosen Heber über
Gentzel verwandelten.
Anderssons Gegenstoß-Treffer
bedeutete das 25:19, dann verwandelte
Klein nach Pass von
Palicka - fünf Minuten
blieb die HSG ohne Torerfolg, der THW Kiel war wieder auf 26:19 enteilt und ließ sich nicht mehr einfangen.
Auch wenn
die Zebras von der 47. bis 54. Minute aufgrund dreier Zeitstrafen sechs Minuten lang in Unterzahl agierten und die
HSG das zu fünf Torerfolgen nutzen konnte: Dicht heran kamen die Grafschafter nicht mehr, auch weil
Omeyer in den Kasten zurückkehrte und nahtlos an seine tolle Leistung aus
der ersten Hälfte anknüpfte. Und auch, weil
Igor Anic sich einige Male toll in
Szene setzen konnte. Und natürlich auch, weil
Kim Andersson die Lust am
Torewerfen wieder entdeckt hat, Verantwortung übernahm und sicher traf. Die rechte Kieler Seite mit insgesamt dreizehn,
der Kreis mit sieben und die linke Seite mit neun Toren, dazu sieben
Treffer von
Lövgren und
Lund aus der Mitte
- der THW spielte variabel und schnell, zeigte, dass mit ihm in den nächsten Wochen wieder zu rechnen sein
wird. Am Ende freuten sich die Zebras bei der Champions Trophy über den dritten Platz, die Ovationen
der eine tolle Stimmung entfachenden ungarischen Fans und ein
Preisgeld von 10.000 Euro. Pausieren können die Kieler allerdings nicht lange, denn bereits am Mittwoch
wartet mit der Ahlener SG der Tabellenführer der 2. Bundesliga Nord auf die Zebras, wenn es um den
Einzug in die dritte Runde des DHB-Pokals geht.
(Christian Robohm)
Lesen Sie auch den Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Wir können trotz der Enttäuschung aus beiden Spielen
lernen. Erstaunlich war die hohe Fehlerquote gegen Ciudad. Sie wurde
noch höher, als Sterbik reihenweise freie Bälle gehalten hat, damit
wuchs der Respekt meiner Spieler weiter. Gegen Nordhorn war es
dann viel besser, meine Jungs haben wieder an sich geglaubt, waren aggressiver
und sicherer in der Deckung. Ich habe die Chance genutzt
und Börge Lund 60 Minuten durchspielen
lassen, er braucht die Praxis,
Kim Andersson hat zudem phasenweise
gut gespielt, Igor Anic
ebenfalls. Und dass sich Omeyer zurückgemeldet
hat, gefällt mir besonders gut.
HSG-Trainer Ola Lindgren gegenüber den KN:
Uns ging es vor dem Spiel gegen Kiel genau so wie dem Gegner: Wir wollten
den schlechten Eindruck verwischen. Ich war nach der Niederlage gegen Veszprem
sehr enttäuscht. Heute hatte ich viele junge Leute
auf dem Parkett, sie haben viel gelernt
auf internationalem Parkett.
Unter dem Strich sind 39 und 36 Gegentore
aus zwei Spielen in so kurzer
Zeit natürlich schrecklich.
THW-Kreisläufer Igor Anic gegenüber den KN:
Es war klar, dass wir etwas
gutmachen wollten aus dem schlechten Ciudad-Spiel. Das ist
gelungen. Wir haben gezeigt, dass wir es besser können.
- HSG Nordhorn (GER ):
-
Gentzel (17.-60., 12 Paraden,
Katsigiannis (1.-17., 2 Paraden);
Verjans (3),
Karlsson,
Machulla (2),
Mamelund (1),
Myrhol (11),
Lislerud-Hansen (1),
Glandorf,
Weinhold (3),
Przybecki (2),
Sprem (4),
Szücs,
Kukucka (4/3),
Trainer: Lindgren
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-30., 51.-60., 18 Paraden),
Palicka (31.-51., 6 Paraden);
Lund (1),
K. Andersson (10),
Lundström (n.e.),
Kavticnik (3),
Anic (6),
Lövgren (6/5),
Ahlm (1),
Klein (5),
Jicha (4);
Trainer: Gislason
- Schiedsrichter:
-
Olesen/Pedersen (DEN)
- Zeitstrafen:
-
Nordhorn: 3 (Weinhold (19.), Przybecki (25.), Kukucka (30.));
THW: 6 (2x Anic (24., 28.), Andersson,
2x Lund (47., 50.), Lövgren (52.))
- Siebenmeter:
-
Nordhorn: 3/3 ;
THW: 5/3 (Gentzel hält 2x Lövgren (30., 47.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:2, 1:2 (3.), 1:5 (6.), 4:5 (8.), 4:9 (12.), 5:9, 5:13 (17.), 6:14, 7:15 (21.), 8:16 (23.),
11:16 (24.), 11:17, 13:17, 13:18;
2. Hz.: 15:18 (32.), 17:19 (34.), 19:21 (37.), 19:26 (42.), 20:27, 22:29 (48.), 24:31 (49.), 26:31,
27:32 (53.), 28:34 (57.), 29:36 (58.), 31:36
- Zuschauer:
-
ca. 4000 (Veszprem-Arena, Veszprem (HUN))
Aus den Kieler Nachrichten vom 22.09.2008:
Trostpreis gegen Nordhorn
Veszprem - Die stärkste Liga der Welt war nur Tribünengast,
als sich Gastgeber MKB Veszprem und BM
Ciudad Real im Finale der Champions Trophy gestern
Nachmittag im Finale gegenüberstanden. Champions-League-Sieger Ciudad
triumphierte mit 32:28 (10:13), kassierte 30000 Euro
Siegprämie, während die Kieler mit 10 000 für Platz
drei nach dem 36:31 über Nordhorn zufrieden sein
mussten.
Lange Gesichter gab es nach den Halbfinal-Spielen vom
Sonnabend bei beiden Handball-Bundesligisten. In der
Auftaktpartie war Nordhorn gegen Veszprem in der zweiten
Halbzeit nur ein bedauernswerter Spielball, lag zwischenzeitlich
mit 14 Toren im Hintertreffen und gab zum
Teil ein erbärmliches Bild ab. Ausgerechnet seine Abwehr
habe versagt, klagte HSG-Coach Ola Lindgren. "Sonst
das Prunkstück in unserer
Spielanlage."
Der THW machte es zwei Stunden später gegen BM Ciudad Real
kaum besser. Die Kieler waren zwar nur mit
neun Feldspielern angereist, mussten zudem fast durchgängig
auf den an der Wade verletzten Henrik Lundström
verzichten, boten aber ebenfalls eine enttäuschende Leistung.
Bis zur 15. Minute war der deutsche Meister dran,
dann zogen die Spanier bis zur Halbzeit auf 14:11 davon,
Hoffnung gab es kurz nach der Pause beim 13:15, doch ein kollektiver
Kieler Blackout ließ die Spanier bis zur 43. Minute
auf 24:16 davonziehen - die Vorentscheidung im "Duell
der Giganten", das in der Realität nur ein durchschnittliches
Handballspiel war.
Den Sieg gegen Nordhorn einen Tag später steckten die Kieler
als Trostpreis ins Reisegepäck.
Nach einem Blitzstart enteilte der THW
auf acht Tore, überbrückte eine Schwächeperiode zu Beginn
der zweiten Halbzeit und brachte den Sieg
souverän in trockene Tücher.
Das Beste aber aus Kieler Sicht:
Thierry Omeyer
meldete sich über Nacht mit einer Glanzleistung
und 15 gehaltenen Bällen zurück, ein Pfand vor den
kommenden schweren Bundesligaspielen in Gummersbach
und gegen den HSV.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 22.09.2008)