22.12.2009 | Bundesliga |
HSV-Torhüter Johannes Bitter, trotz starker Ellbogenschmerzen ein Garant für den HSV-Punktgewinn in Kiel, schwärmte noch lange nach dem Abpfiff von der Atmosphäre und Intensität dieses Spitzenspiels: "Eine solche Partie auf allerhöchstem Niveau und mit dieser Körperlichkeit erlebt man nicht alle Tage." Den Disput nach dem heftigen Zusammenprall mit seinem Kieler Nationalmannschaftskollegen Dominik Klein hatten beide noch in den Katakomben begraben. "Diese Emotionen gehören dazu, das wollen auch die Zuschauer sehen", erklärte Bitter seine überzogenen "Ich-schneid-dir-die-Gurgel-durch"-Gesten Richtung Klein. Im Januar wollen die Streithähne bei der Europameisterschaft in Österreich wieder gemeinsam an einem Strang ziehen.
Das Rückspiel der auf Weltklasse-Niveau angesiedelten Nordrivalen ist für den 22. Mai 2010 terminiert. Was bis dahin geschieht, steht in den Sternen. Hätte es beim Gipfeltreffen in Kiel einen Sieger gegeben, wäre vielleicht eine kleine Vorentscheidung gefallen, orakelte THW-Rückraumspieler Filip Jicha. "Aber nach dem Unentschieden hat sich nichts verändert, wir führen weiterhin. Die Meisterschaft wird sich in den kommenden Monaten über die Konstanz entscheiden."
Vielleicht aber schon direkt nach der EM. Verletzungen und Formschwankungen in Folge großer Turniere brachten Top-Teams häufiger aus dem Rhythmus. In Kiel und Hamburg wird man daher besonders aufmerksam nach Österreich blicken. Voraussichtlich stellen beide Mannschaften jeweils zehn Akteure für die kontinentalen Titelkämpfe ab. Seinen EM-Verzicht hatte HSV-Rückraumschütze Pascal Hens Bundestrainer Heiner Brand dagegen schon vor längerer Zeit mitgeteilt. Begründung: Nach diversen Verletzungspausen benötige er Zeit, um körperlich richtig fit zu werden. Brand muss angesichts Hens' famoser Leistung in Kiel das Herz bluten. Einen besseren "Pommes" hat man wohl nie erlebt.
Derweil ärgerte sich THW-Manager Uli Derad gestern über die vertane Chance, Hamburg ein wenig abzuschütteln. "Wir hätten gewinnen können." Als Gründe nannte er die schlechten Quoten der Außenspieler und "dass wir auf der Torhüterposition nicht die gewohnte Dominanz der vergangenen Spiele wiederholen konnten". Hamburgs Schlussleute Per Sandström und Johannes Bitter lagen in der Addition der Paraden klar vor ihren THW-Kollegen Thierry Omeyer und Peter Gentzel. Unter dem Strich aber, so Derad, habe der Handball an diesem denkwürdigen Abend gewonnen. "So ein intensives Spiel mit diesen überragenden Deckungsleistungen erlebt man selten."
Als Sieger durfte sich auch das DSF sehen. Der Handball-Sender verkündete gestern einen neuen Quotenrekord für 15 Jahre Live-Berichterstattung aus der Bundesliga. In der Spitze waren eine Million TV-Zuschauer Zeuge des Spektakels. 680 000 hatten im Durchschnitt eingeschaltet. Keine Fernsehbilder gibt es am Mittwoch, wenn der THW seine Tabellenführung ab 19.30 Uhr einen Tag vor Heiligenabend beim 15. der Liga, HBW Balingen-Weilstetten, verteidigen will (siehe Vorbericht). Alfred Gislason hatte den Fokus gleich nach der HSV-Partie auf den Süden der Republik gerichtet. Nach solch einem Spitzenspiel sei ein Auswärtsspiel in Balingen extrem gefährlich, warnte der THW-Coach. "Wir sollten sehr aufmerksam sein, HBW ist eine typische Falle, in die wir nicht hineintapsen dürfen."
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 22.12.2009)
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