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20./21.12.2009 - Letzte Aktualisierung: 21.12.2009 Bundesliga

Kein Sieger im packenden Spitzenspiel zwischen Kiel und Hamburg

Bundesliga, 15. Spieltag: 20.12.2009, So., 17.45: THW Kiel - HSV Hamburg: 29:29 (16:17)
Update #2 KN-Bericht, weitere Stimmen, Spielbericht und Fotos ergänzt...

Einig nach dem Schlusspfiff: Alfred Gislason und Martin Schwalb freuten sich über jeweils einen Punkt.
Klicken Sie zum Vergrößern! Einig nach dem Schlusspfiff: Alfred Gislason und Martin Schwalb freuten sich über jeweils einen Punkt.
Tatsächlich hat dieses Spitzenspiel gehalten, was es versprach: Nur einen Sieger gab es nach sechzig dramatischen, hart umkämpften Minuten nicht im Duell zwischen dem Rekordmeister THW Kiel und dem direkten Verfolger HSV Hamburg. 29:29 (16:17) hieß es nach einer Partie, in der sich zwei Mannschaften auf Weltklasse-Niveau zeitweilig neutralisierten - und so gab es am Ende zwei Sieger: Die Handball-Fans in Deutschland, die sich an einem packenden Spiel erfreuen konnten, und auch den THW Kiel, der beste Chancen hat, als Tabellenführer in die EM-Pause zu gehen. Bester Torschütze der Partie, in der der THW zwischenzeitlich schon mit vier Toren zurück gelegen hatte, war Momir Ilic mit 9/3 Toren.
Von Beginn an war Dampf im Hexenkessel Sparkassen-Arena. Mit stehenden Ovationen empfingen die THW-Fans ihre Mannschaft, die sofort Kontakt mit der aggressiv zu Werke gehenden HSV-Abwehr aufnahm. Fouls gegen die einlaufenden Außen Henrik Lundström und Christian Sprenger wurden nicht geahndet, die Halle war da. Trotzdem kamen die Gäste besser ins Spiel, gegen Pascal Hens und Igor Vori fand die Kieler Deckung zunächst kein probates Mittel. Auf der Gegenseite waren es vor allen Dingen Marcus Ahlm, Filip Jicha und Momir Ilic, die die Defensive der Hansestädter auf die ein oder
Spektakulärer Treffer: Marcus Ahlm erzielte das erste Kieler Tor mit einem Rückhandwurf.
Klicken Sie zum Vergrößern! Spektakulärer Treffer: Marcus Ahlm erzielte das erste Kieler Tor mit einem Rückhandwurf.
andere Probe stellten. Ahlm eröffnete den Kieler Torreichen mit einem spektakulären Rückhandwurf. Allerdings: Per Sandström im Kasten der Hamburger entwickelte sich mehr und mehr zum Rückhalt für seine Farben. Und so waren es auch zwei Paraden des Schweden, die die Hamburger nach der ausgeglichenen Startphase besser ins Spiel kommen ließen: Vori nach Schneller Mitte und Lindberg erzielten per Siebenmeter die erste Zwei-Tore-Führung für die Gäste (10.), die Marcin Lijewski und Hens kurz darauf auf drei Tore ausbauten: Alfred Gislason reagierte mit einer frühen Auszeit (15.) und brachte mit Igor Anic einen zweiten Kreisläufer, um das Abwehrbollwerk des HSV zu knacken. Der Erfolg dieser Maßnahme wollte sich indes nicht so richtig einstellen, weil Sandström mit seinen Paraden dem Kieler Angriff immer wieder einen Strich durch die Rechnung machte. Auf der anderen Seite war die THW-Defensive zu zahm - Lindberg und Vori erhöhten auf 12:8 (19.). Ein Dreierpack von Ilic, Jichas 103-km/h-Tempogegenstoß und Ahlms Konter brachte den THW beim 11:12 drei Minuten später wieder in Reichweite. In Überzahl, Marcin Lijewski hatte Ahlm bei dessen Treffer gefoult, ließ die THW-Abwehr allerdings durch Vori und Hens, der einen Freiwurf direkt ins Tor drosch, zwei weitere Hamburger Treffer zu. Als nach Ilics 12:14 Thierry Omeyer zwei Bälle durch die Hosenträger rutschen ließ, beorderte Gislason seinen zweiten Mann, Peter Gentzel, auf die Platte. Und tatsächlich: Die Kieler fighteten zurück, machten binnen drei Minuten auch mithilfe einer tollen Gentzel-Parade gegen Vori, aus einem 13:17-Rückstand ein 16:17. Ahlm, Zeitz und Ilic mit einem "Geschoss" trafen zum 16:17-Halbzeitstand, die THW-Fans feierten ihr Team für diese Aufholjagd.

Hart packte die Hamburger Abwehr zu: In dieser Szene ist Momir Ilic der Leidtragende.
Klicken Sie zum Vergrößern! Hart packte die Hamburger Abwehr zu: In dieser Szene ist Momir Ilic der Leidtragende.
Die schien auch den HSV Hamburg zu beeindrucken. Direkt nach dem Seitenwechsel verwandelte Ilic einen Siebenmeter zum Ausgleich, den Jansen in Überzahl aber postwendend kontern konnte. Als Sandström einen Ilic-Siebenmeter mit dem Kopf parieren konnte, wurde es hektisch - auch weil Voris vermeintlichem Treffer zum 17:19 die Anerkennung versagt wurde, da er beim Wurf deutlich im Kreis gestanden hatte. Die Verwirrung nutzte der in der zweiten Hälfte erneut aufdrehende Andersson zum Ausgleich, dem nach einem durch leichtfüßige Abwehrarbeit erzwungenen technischen Fehler der Hamburger durch Jichas Tempogegenstoß die erste Kieler Führung des Spiels folgte. Die Sparkassen-Arena glich einem Tollhaus, als erneut Jicha mit einem Strafwurf auf 20:18 erhöhte. Hens verkürzte für den HSV, doch der Kieler Express hatte ordentlich Fahrt aufgenommen. Andersson mit einem Aufsetzer ins lange Eck und Jicha per Siebenmeter erhöhten für den THW Kiel auf 22:19 (39.) - die Fans in der Halle standen Kopf.

HSV-Trainer Martin Schwalb brachte mit Johannes Bitter seine etatmäßige Nummer eins. Die hielt erst einen Siebenmeter von Jicha
Kim Andersson markierte drei seiner sechs Tore zwischen der 35. und 42. Minute.
Klicken Sie zum Vergrößern! Kim Andersson markierte drei seiner sechs Tore zwischen der 35. und 42. Minute.
und machte dann mit einer Glanztat gegen den erneut glücklosen Sprenger gleich zwei schwere Bälle aus dem Spiel. Die Partie nahm an Fahrt auf, Tore im Minutentakt ließen kaum noch Atemzüge zu. Ilic traf zum 24:22, doch mit einem Jansen-Doppelschlag nach zwei weiteren Bitter-Paraden kam Hamburg eine Viertelstunde vor dem Ende zum 24:24. Der Grundstein für ein furioses Finale war damit gelegt - zumal Jansen mit seinem dritten Tor in Folge die Hamburger sogar wieder in Führung bringen konnte, die Spannung damit noch einmal erhöhte. Andersson und Klein antworteten aber kurz darauf, Lijewski glich dann für den HSV aus. Zehn Minuten vor dem Ende kündigte sich beim 26:26 ein dramatisches Finale dieses Gipfeltreffens an. Indes: Der THW und der HSV neutralisierten sich in dieser entscheidenden Phase nahezu vollkommen. Nur noch sechs Tore sollten bis zum Schlusspfiff fallen, die Abwehrreihen dominierten das Geschehen. Und so war es Jicha, der zwei Minuten vor dem Ende die Hamburger Führung durch zwei Tore von Vori und Guillaume Gille egalisierte.

Filip Jicha erzielte acht Tore.
Klicken Sie zum Vergrößern! Filip Jicha erzielte acht Tore.
Noch einmal kam der THW daraufhin in Ballbesitz, agierte zudem nach einer Zeitstrafe für den Hamburger Regisseur Gille in Überzahl - ein Tor wollte den mit heißem Herzen kämpfenden Kielern aber nicht mehr gelingen. Bitter parierte Jichas artistisch an der Mauer vorbei gezogenen Freiwurf nach der Schlusssirene - der Rest war unschlüssiges Staunen. Weder die Kieler, noch die Hamburger bildeten einen Jubelkreis. Dieses Gipfeltreffen war offenbar zu intensiv, um direkt nach dem Schlusspfiff die Analyse vorzunehmen, ob dies nun ein gewonnener oder verlorener Punkt war. Fakt ist: Durch den Punkterfolg haben die Kieler nun beste Chancen, als Tabellenführer in die EM-Pause zu gehen. Der Abstand zum HSV Hamburg wurde gewahrt - und das war nach einem packenden Spiel die wichtigste Erkenntnis, weshalb des Fans ihren THW auch so in Richtung des Spiel bei HBW Balingen-Weilstetten am Mittwoch verabschiedeten, wie sie ihn begrüßt hatten: mit stehenden Ovationen.

(Christian Robohm)

Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel...

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der KN und den ausführlichen KN-Nachdreher vom 22.12..

Stimmen zum Spiel:

HSV-Trainer Martin Schwalb:
Das war ein "Huch"-Erlebnis für alle Beteiligten. Es gab ja sehr viel Vorgeplänkel, aber das Spiel hat gehalten, was sich alle davon versprochen haben: Es war spannend, umkämpft, wenngleich nicht ganz so hochwertig. Es war halt ein Spiel auf sehr hohem Körper- und Willensniveau. Ende der ersten Halbzeit haben wir ein wenig den Faden verloren und sind auch nicht mit dem richtigen Zug zum Tor aus der Halbzeit gekommen, deswegen konnte Kiel zwischendurch mit drei Toren in Führung gehen. Ab der 50. Minute sind dann den Offensiv-Reihen die Ideen ausgegangen. Man hat aber gemerkt, dass der HSV Hamburg jederzeit zurück kommen kann. Das ist ein gerechtes Ergebnis, ich bin sehr froh, einen Punkt mitnehmen zu können.

Frage: Ist der Titelkampf nun nur noch ein Zweikampf?
Ich gehe nicht davon aus, dass der THW noch drei Spiele verlieren wird. Am THW wird also keiner mehr vorbeikommen, außer...

THW-Trainer Alfred Gislason:
Das passiert nicht oft, aber ich bin der gleichen Ansicht wie Martin Schwalb: Das Ergebnis ist gerecht. Wir hätten gewinnen, aber auch verlieren können. Es war ein sehr interessantes Spiel, bei dem es trotz der Rivalität sehr fair zuging - es gab keine richtig bösen Fouls. Es waren heute zwei Weltklasse-Mannschaften auf der Platte, wir haben Fehler gemacht, der HSV auch. Unsere Torquote von Außen war ein Problem. Der Punktgewinn für Hamburg ist verdient. Frage: Ist der Titelkampf nun nur noch ein Zweikampf?
Es ist ganz klar ein Zweikampf. Und den müssen wir bis zum kommenden Juni alle aushalten.

Frage: Was war mit "Titi" los?
Das ist schwer zu sagen. Der HSV hat starke Werfer, und die HSV-Torhüter haben mehr gehalten. Aber das ist auch immer das Resultat aus dem Zusammenspiel zwischen Abwehr und Torwart. Das sollte man nicht nur auf Titi schieben.

THW-Geschäftsführer Uli Derad:
Es war ein intensiv geführtes Spiel mit starken Defensivleistungen. Ein Vorteil des Resultats: Das Gerede über eine mögliche Vorentscheidung im Titelkampf wird aufhören. Noch ist gar nichts passiert, weiter geht es am Mittwoch.
Hamburgs Sportlicher Leiter Christian Fitzek:
Das war heute Nerven zerfetzend. In der zweiten Halbzeit wogte das Spiel hin und her, es war eine Partie auf hohem Niveau. Unsere beiden Torhüter haben überragend gehalten und das Duell mit dem Kieler Gespann gewonnen. Deutschland hat ein tolles Spiel gesehen, nun kann bis zum zweiten Showdown im Mai weiter spekuliert werden.

Ich möchte noch bekannt geben, dass wir heute Chrischa Hannawald verpflichtet haben, da wir nicht wissen, wie die Operation bei Johannes Bitter verlaufen wird.

HSV-Torhüter Johannes Bitter:
Ich wusste, dass ich trotz meiner Ellenbogenprobleme kleine Chancen auf einen Einsatz hätte. Ich bin dann reingekommen, habe den ersten Ball gehalten. Das ist für einen Torwart sehr wichtig. Beide hatten die Chance, das Spiel zu gewinnen, aber am Ende war es eine Leistung auf Augenhöhe und daher ist das Unentschieden verdient.

Frage: Sind Sie jetzt mit dem THW auf Augenhöhe?
Wir sind immer noch einen Punkt zurück, von daher sind wir noch nicht ganz auf Augenhöhe, dennoch ist es schön, zur Winterpause solch engen Kontakt zum THW zu haben.

THW-Spieler Filip Jicha:
Alle hatten solch ein spannendes Spiel erwartet. Wir haben uns in der ersten Halbzeit schwer getan, standen dann in der zweiten besser in der Abwehr, konnten daher mehr Druck machen und holten einen kleinen Vorsprung heraus. Aber der HSV hat eben auch seine sehr gut besetzte Mannschaft, da muss man nur ein-, zweimal verschießen, und sie bestrafen das dann sofort.

Am Ende in der Überzahl hatten wir abgesprochen, auf keinen Fall sofort abzuschließen, wir wollten unbedingt nicht vor dem Ende werfen. Dann haben wir keine Wurfposition mehr finden können. Wenn wir oder der HSV das heutige Spiel gewonnen hätten, hätte das vielleicht eine ganz kleine Vorentscheidung sein können. Die deutsche Meisterschaft wird am Ende aber über die Konstanz entschieden.

HSV-Außen Torsten Jansen gegenüber den KN:
Ein leistungsgerechtes Unentschieden, wir waren in der ersten Halbzeit etwas besser, haben es aber versäumt, bei unserer Führung das Tempo hochzuhalten. Warum die Kieler vorbeigezogen sind? Das passiert bei gleich starken Teams, dafür gibt es keinen Grund.
THW-Kapitän Marcus Ahlm gegenüber den KN:
Es war nicht immer schön, aber das ist nun mal so bei einem Top-Spiel. Alle waren motiviert bis in die Haarspitzen, das Unentschieden geht wohl in Ordnung, aber damit sind wir nie zufrieden, wir wollen immer gewinnen.
THW-Torhüter Thierry Omeyer gegenüber den KN:
Wir hätten das Spiel nach unserer Drei-Tore-Führung gewinnen müssen, auf der anderen Seite haben aber auch die Hamburger mit vier geführt. Ich kam heute nicht so gut ins Spiel, aber Hamburgs Rückraumschützen haben auch eine große Qualität. Oft haben bei mir nur Zentimeter gefehlt.

15. Spieltag: 20.12.09, So., 17.45: THW Kiel - HSV Hamburg: 29:29 (16:17)

Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-25., 31.-45, 52.-60., 6 Paraden), Gentzel (25.-31., 45.-52., 2 Paraden); Lund, Andersson (6), Lundström, Anic, Sprenger, Ahlm (5), Reichmann (n.e.) Zeitz (1), Palmarsson (n.e.), Ilic (9/3), Klein (1), Jicha (8/2); Trainer: Gislason
Logo HSV Hamburg:
Bitter (39.-60., 9/1 Paraden), Sandström (1.-39., 10/1 Paraden); Schröder, Duvnjak (1), Jansen (5), Lackovic (3), Flohr, Vori (5), B. Gille (1), G. Gille (1), Lindberg (3/2), K. Lijewski (2), M. Lijewski (2), Hens (6); Trainer: Schwalb
Schiedsrichter:
Holger Fleisch (Ostfildern) / Jürgen Rieber (Nürtingen)
Zeitstrafen:
THW: 2 (2x Ahlm (9., 52.));
HSV: 4 (M. Lijewski (22.), Lackovic (45.), 2x G. Gille (48., 60.))
Siebenmeter:
THW: 7/5 (Sandström hält Ilic (33.), Bitter hält Jicha (35.));
HSV: 2/2
Spielfilm:
1. Hz.: 1:2 (3.), 2:3 (6.), 5:5 (9.), 6:7 (12.), 6:9 (15.), 8:11 (18.), 10:12 (21.), 12:15 (24.), 13:17 (27.), 16:17;
2. Hz.: 17:18 (33.), 19:18 (36.), 22:19 (39.), 23:21 (42.), 24:23 (45.), 25:25 (48.), 27:27 (51.), 28:28 (54.), 28:28 (57.), 28:29, 29:29.
Zuschauer:
10250 (ausverkauft) (Sparkassen-Arena-Kiel, Kiel)
Spielgrafik:
Spielgrafik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 21.12.2009:

Ein Handball-Krimi ohne Verlierer

Emotionen pur beim leistungsgerechten 29:29 zwischen Kiel und Verfolger Hamburg - "Zebras" holen Vier-Tore-Rückstand auf
Kiel - Spannend war er, von beiden Seiten mit höchster Intensität geführt: Der Bundesligagipfel zwischen Tabellenführer THW Kiel und seinem direkten Verfolger HSV Hamburg ließ gestern keine Wünsche offen. Aber: Es gab keinen Sieger. Nach 60 Minuten auf höchstem europäischen Niveau trennten sich die Handball-Giganten der Liga mit einem 29:29 (16:17). Schiedlich, friedlich.

Dabei hatten es die "Zebras" in der Hand, den Krimi in der Sparkassen-Arena mit dem Siegtreffer aufzulösen. HSV-Nationalspieler Torsten Jansen war 55 Sekunden vor der Schlusssirene unter Zeitdruck an THW-Torhüter Thierry Omeyer gescheitert, so blieb den Kieler fast eine Minute, um klar zu stellen, wer die momentane Nummer eins ist. 17 Sekunden vor dem Ende nahm sich Linkshänder Kim Andersson ein Herz, aber der Schwede, bedrängt von Guillaume Gille, verfehlte das Ziel. Gille kassierte eine Zeitstrafe, Kiel bekam eine zweite Chance. Sieben gegen sechs, der Showdown eilte seinem Höhepunkt entgegen. Dann aber geschah: nichts. Holger Fleisch und Jürgen Rieber, das routinierte Schiedsrichtergespann aus dem Süden, das in der hektischen Partie stets klaren Kopf bewahrte, verhängte nach der Sirene zwar einen finalen Freiwurf. Gegen den Hamburger Menschenberg blieb Filip Jicha aber nur die Chance für einen relativ harmlosen Wurf in die untere linke Torecke. HSV-Schlussmann Johannes Bitter wehrte mühelos ab.

Er habe ein Spiel auf sehr hohem Niveau gesehen, analysierte HSV-Präsident Andreas Rudolph, "zum Schluss aber hatten die Spieler beider Teams wohl nicht mehr die Courage, den Schlusspunkt zu setzen." Hamburgs Handball-Boss lag mit dieser Einschätzung nicht verkehrt. Einen Verlierer hatte diese Partie nicht verdient, Kiel und Hamburg begegneten sich absolut auf Augenhöhe. Die Gäste gaben in der ersten Halbzeit den Ton an, Kiel war in den zweiten 30 Minuten das bessere Team.

Bis zum 4:4 in der achten Minute ging es hin und her, Hens, Vori und Marcin Lijewski trafen für Hamburg, Ahlm und Jicha glichen mit ihren Doppelpacks aus. Dann fassten die Gäste Tritt, Kiels Tempospiel kam nicht in Fahrt, der Rückraum tat sich gegen die aggressive 3:2:1-Deckung schwer, die Außen wurden vernachlässigt. Außerdem fand der eigene Deckungsverband keine Bindung zu Torhüter Thierry Omeyer. Die Folge: 8:12 nach 20 Minuten. Hamburg wirkte abgeklärter, Jicha und Co. suchten nach der Tür zum Tor. 13:17 stand es nach 27 Minuten, als der Kieler Knoten platzte und Hamburgs Tormaschinerie Fehler produzierte. "Wühler" Marcus Ahlm, Christian Zeitz mit Einzelleistung und Momir Ilic mit Wucht: Der THW war zur Halbzeit wieder dran. 16:17.

Und diesen Schwung nahmen die "Zebras" mit in die zweite Halbzeit. In der 35. Minute traf Jicha beim 19:18 zur ersten THW-Führung, vier Zeigerumdrehungen später stand es 22:19. Die Fans tobten, 9:2 Tore in Folge. "Jetzt geht's los"-Gesänge füllten die Arena. Doch der HSV kämpfte zurück, Trainer Martin Schwalb brachte Lackovic für Hens, Bertrand Gille für Vori, außerdem stellte er Bitter für den gewiss nicht schlechten Per Sandström ins Tor. Kiels Trainer Alfred Gislason versuchte es zweimal mit Peter Gentzel für Thierry Omeyer im Tor. Unter dem Strich aber waren gestern Hamburgs Toreverhinderer die besseren. Vor allem an Bitter bissen sich die Kieler die Zähne aus, besonders dessen Nationalmannschaftskollege Dominik Klein. Viermal scheiterte Kiels Linksaußen an dem langen Hamburger. Als er nach einem Tempogegenstoß mit dem HSV-Torhüter zusammenkrachte, rastete Bitter aus, Mitspieler mussten schlichten, Klein machte sich vorsichtshalber aus dem Staub. "Ich wollte lieber nicht sofort mit Jogi sprechen" erklärte er später, "der hätte mir den Kopf abgebissen." Hinterher schlossen die beiden wieder Frieden, genau wie alle anderen, die mit Adrenalin bis zum Anschlag 60 Minuten um jeden Ball gefightet hatten.

(Von Wolf Paarmann und Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 21.12.2009)


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