Aus den Kieler Nachrichten vom 19.05.2010:
Kiel. Die Hamburger Arena ist seit Wochen mit 13 177
Zuschauern restlos ausverkauft. Ganz Handball-Deutschland fiebert dem "Endspiel" um die Meisterschaft
zwischen dem HSV und Rekordmeister THW am Sonnabend (16.30 Uhr, Sport1) entgegen. Die
Kieler Nachrichten sprachen mit Kiels Trainer
Alfred Gislason (50)
über den zu erwartenden Krimi.
Das Interview führte Reimer Plöhn für die Kieler Nachrichten.
- Kieler Nachrichten:
-
Herr Gislason, nur drei Tage bis
zum "Spiel der Spiele". Können Sie noch ruhig schlafen?
- Alfred Gislason:
-
Ja doch, sehr gut sogar. Ich freue mich sehr auf dieses
Spiel. Wir haben uns super gut vorbereitet und werden
selbstbewusst auftreten. Wer ein gutes Gewissen hat, kann
auch gut schlafen.
- Kieler Nachrichten:
-
Sie haben nach dem Verlust von drei Top-Leistungsträgern eine
neue Mannschaft formen müssen. Wie weit ist die Entwicklung
des "neuen THW" vorangeschritten?
- Alfred Gislason:
-
Der Grundstein für erfolgreiche
Spiele ist gelegt. Die Arbeit hat zwar viel Kraft gekostet,
hat aber auch sehr viel Spaß gemacht. Auch wenn wir
durch Verletzungen immer wieder zurückgeworfen wurden,
so hat sich das Team spielerisch und taktisch doch
enorm weiterentwickelt. Ich bin zufrieden mit dem Ist-Zustand.
- Kieler Nachrichten:
-
Hamburg kann nach augenblicklichem Stand in Bestbesetzung
auflaufen, beim THW fehlt ein Top-Star wie Kim Andersson,
der Einsatz von Momir Ilic
ist fraglich und der vielleicht beste Bundesliga-Spieler der
Saison, Filip Jicha, noch nicht
wieder im Vollbesitz seiner Kräfte.
Wie ist das zu kompensieren?
- Alfred Gislason:
-
Meine verbliebenen Jungs werden das schon schaffen, da
habe ich ein großes Vertrauen. Schließlich können wir daran
auch nichts ändern. Wir gucken, was passiert. Schmerzlich
ist es trotzdem, ohne den einen oder anderen Leistungsträger
auskommen zu müssen. Kim fehlt, bei Momir
sieht's nicht so gut aus, aber
Filip wird dabei sein und uns
helfen, wenn auch wohl nicht über die vollen 60 Minuten.
Mit Daniel Narcisse, Aron Palmarsson,
Börge Lund oder
Christian Zeitz haben wir
aber eine ganze Hand voll weiterer Weltklassespieler im Rückraum-Aufgebot.
- Kieler Nachrichten:
-
Vor wichtigen Spielen gegen Kiel gab es in der Vergangenheit
stets HSV-Störfeuer abseits des Spielfeldes. Sind Sie erneut darauf
eingestellt und belastet es die Mannschaft?
- Alfred Gislason:
-
Man hat oft versucht, verschiedene
Dinge anzudeuten. Die Mannschaft stört so etwas
aber überhaupt nicht. Meine Jungs sehen den HSV ausschließlich
als einen Handball-Konkurrenten auf dem Spielfeld, der eine starke Saison
absolviert und gezeigt hat, dass er zu Recht dort oben
mitspielt.
- Kieler Nachrichten:
-
Der Verband hat das Schiedsrichter-Paar Methe/Methe angesetzt.
In Kiel wird das Duo stets mit Pfiffen empfangen. Was sagen Sie zu dieser Ansetzung?
- Alfred Gislason:
-
Bernd und Reiner Methe sind eine sehr gute Wahl, sie sind
die Nummer eins in Deutschland, und es wäre schon komisch,
wenn für das absolute Topspiel nicht auch die besten
Schiris auflaufen würden. Die beiden sind verlässlich und
haben eine klare Linie. Für mich ist das eine gute Ansetzung.
- Kieler Nachrichten:
-
Hamburg hat Heimvorteil, und die HSV-Anhänger werden stark
in der Überzahl sein. Ein großes Plus?
- Alfred Gislason:
-
Es ist natürlich gut für Hamburg, die Halle hinter sich zu
wissen. Aber dieser Druck kann auch belasten. Topmannschaften
wie wir können mit lauten Arenen gut umgehen. Es ist also kein großer
Vorteil für den HSV - vorausgesetzt, die Schiris pfeifen unparteiisch.
Dann könnte es schnell sehr ruhig werden in
der Arena.
- Kieler Nachrichten:
-
Wer oder was könnte dieses Spitzenspiel entscheiden?
- Alfred Gislason:
-
Ich glaube nicht, dass es irgendeine
Abwehr, ein Torwart oder Feldspieler sein wird.
Vielmehr dürfte die Breite der Bank, die Kondition der Spieler
und die Fähigkeit, mit Druck umgehen zu können, den Ausschlag für den späteren
Sieger geben. Wir haben oft genug bewiesen, dass wir
Druck vertragen, aber auch Hamburg besitzt eine erfahrene
Mannschaft.
- Kieler Nachrichten:
-
Wäre es für Sie eine verlorene Saison, wenn der THW 2010 keinen
Titel gewinnt?
- Alfred Gislason:
-
Diese Frage beantworte ich erst, wenn die Saison beendet ist.
(Das Gespräch führte Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 19.05.2010)