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28.08.2010 Interview

Zebra-Journal-Interview mit Klaus-Hinrich Vater: "Wir ziehen alle an einem Strang"

Wie arbeitet der Aufsichtsrat? Antworten vom Vorsitzenden

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 27.08.2010:

THW-Aufsichtsratsvorsitzender Klaus-Hinrich Vater.
Klicken Sie zum Vergrößern! THW-Aufsichtsratsvorsitzender Klaus-Hinrich Vater.

Der THW Kiel hat seit dem 25. Juni 2009 eine neue Struktur. Ein fünfköpfiger Aufsichtsrat löste als Folge der angeblichen Manipulationsaffäre die Gesellschafter-Riege ab, die den THW 17 Jahre lang geführt hatte. Der Vorsitzende, Klaus-Hinrich Vater (45), zieht im Zebra-Journal Bilanz.
Mit Klaus-Hinrich Vater, Aufsichtsrats-Chef des THW, sprach Wolf Paarmann.
Zebra-Journal:
Mit welchen Erwartungen ist der Aufsichtsrat gestartet?
Klaus-Hinrich Vater:
Darüber haben wir nicht viel nachgedacht, schließlich kam diese Funktion für uns alle ja sehr überraschend. Für uns war es aber eine Selbstverständlichkeit, in dieser schwierigen Phase, in der der THW damals steckte, Verantwortung zu übernehmen. Der THW Kiel ist nicht nur ein gesellschaftliches Ereignis und für die Fans unheimlich wichtig. Der THW ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region und ganz Schleswig-Holstein. Es war wichtig, diesen Faktor zu erhalten. Wir haben die Aufgabe gern, aber auch mit großem Respekt übernommen.
Zebra-Journal:
Wie sollte dieses Gremium funktionieren?
Klaus-Hinrich Vater:
Wir hatten uns vorgenommen, in Ruhe zu arbeiten. Wir haben die Öffentlichkeit nicht gesucht, Provokationen von außen ins Leere laufen lassen. Wir wollten dem THW in dieser Phase weitere Schlagzeilen, wenn möglich, ersparen. Diese Strategie hat gut funktioniert. Wir haben uns als Aufsichtsrat nicht in den Vordergrund geschoben, und das werden wir auch weiter so handhaben. Nicht wir und das Management stehen im Mittelpunkt, sondern Mannschaft und Trainer. Ich persönlich habe mir die Aufgabe anfangs allerdings weniger zeitaufwendig vorgestellt. Zum einen fehlte mir als Außenstehender der Einblick in das, was alles mit diesem Amt zusammenhing, und zum anderen mussten wir viele Dinge aus der Vergangenheit aufarbeiten. Wir treffen uns alle zwei Wochen zu einem Informationsaustausch als feste Einrichtung, und daneben hatten wir in der vergangenen Saison eine große Anzahl von Sitzungen und Arbeitstreffen. Ich gehe aber davon aus, dass davon in dieser Saison weniger notwendig sein werden.
Zebra-Journal:
Wie wichtig waren die Titel für die Akzeptanz des neuen Gremiums?
Klaus-Hinrich Vater:
Es ist menschlich, dass Neues kritisch betrachtet wird. Das war bei uns nicht anders. Deshalb war es sicher hilfreich, dass der THW im ersten Jahr nach dem Umbau gleich Meister und Champions-League-Sieger geworden ist. Wir im Aufsichtsrat hätten allerdings auch von einer erfolgreichen Saison gesprochen, wenn wir keinen Titel gewonnen hätten. Schließlich stecken wir "nur" den Rahmen ab, in dem sich der THW bewegt. Die Zusammenarbeit zwischen dem Aufsichtsrat, der Geschäftsführung und dem Trainer funktioniert aus meiner Sicht hervorragend. Alle ziehen an einem Strang und empfinden es als große Ehre, Teil des Ganzen zu sein.
Zebra-Journal:
Ein Beispiel: Der Vertrag eines Spielers soll verlängert werden. Wie wird darüber entschieden?
Klaus-Hinrich Vater:
In erster Linie sprechen sich Manager und Trainer ab. Unterstützung erfahren sie dabei von Klaus Elwardt, der im Aufsichtsrat für den sportlichen Bereich zuständig ist. Sie bestimmen die sportliche Strategie und kennen auch den finanziellen Rahmen, in dem wir uns bewegen können, sehr genau. Wird es konkreter, beraten wir im Gremium über die Vorlage und entscheiden gemeinsam.
Zebra-Journal:
Wird ein Aufsichtsrat auch in fünf Jahren noch die Geschicke des THW bestimmen?
Klaus-Hinrich Vater:
Ja, das ist ein Modell mit Zukunft. Ein Unternehmen dieser Größenordnung sollte von einem Aufsichtsrat kontrolliert werden. Dies schafft ein hohes Maß an Transparenz und Vertrauen gegenüber den Gesellschaftern und Sponsoren.
Zebra-Journal:
Wo steht der THW Kiel in fünf Jahren?
Klaus-Hinrich Vater:
Unser Anspruch ist, immer an der Spitze mitzuspielen. Um das zu erreichen, muss aber auch der THW weiter wachsen. Wir müssen Sponsoring und Marketing verstärken. Der THW lebt von den Sponsoren aus der Region und ist hier sehr breit aufgestellt. Dieses Konzept ist richtig. Das gilt auch für unseren Hauptsponsor, Provinzial. Wir werden aber darüber nachdenken müssen, auch überregionale Sponsoren für uns zu gewinnen.
Zebra-Journal:
Wird der THW Kiel denn im Vergleich zu den Rhein-Neckar Löwen und dem HSV, die von reichen Mäzenen unterstützt werden, konkurrenzfähig bleiben?
Klaus-Hinrich Vater:
Davon bin ich überzeugt. Wir werden auch künftig für Spitzenspieler nicht die gleichen Summen aufbieten können. Unser Plus ist aber, dass der THW so einmalig ist. Er ist sich seiner Tradition bewusst, dies ist Bestandteil des Erfolgsrezeptes. Mit dieser Verlässlichkeit ist es für viele Spieler etwas ganz Besonderes hier zu spielen, Titel zu gewinnen und sich von mehr als 20.000 Fans auf dem Rathausplatz feiern zu lassen.
Zebra-Journal:
Mischt sich der Aufsichtsrat in sportliche Belange ein, z.B. nach dem Gummersbach-Spiel?
Klaus-Hinrich Vater:
Nein, keinesfalls, auch nach dem Gummersbach-Spiel (Pokal-Aus im Viertelfinale, Anm. d. Red.) nicht. Einmal abgesehen davon, däss dies nicht zu unseren Aufgaben gehört, ist das bei dieser Mannschaft auch gar nicht nötig. Gerade in den Tagen nach diesem Spiel hat sie bewiesen, welch einzigartigen Charakter sie hat. Die Spieler haben Nächte lang diskutiert und bewiesen, dass sie nicht nur ein Kader sondern eine Mannschaft sind. Das hat zum Saisonende auch den Ausschlag gegeben. In der ersten Saison nach einem solchen Umbruch gleich die beiden großen Titel zu holen, das ist schon sensationell.
Zebra-Journal:
Die Position des Geschäftsleitungsmitgliedes, das für das Marketing zuständig sein soll, ist noch unbesetzt, warum?
Klaus-Hinrich Vater:
Der Aufsichtsrat entscheidet darüber, wer eingestellt wird. Und wir werden das in den nächsten Monaten tun. Wir wollten diese Position eigentlich zum Ende der vergangenen Saison besetzt haben, das ist aus zeitlichen Gründen nicht gelungen. Wir wollten allen Bewerbern, die geeignet schienen, die Chance geben, gehört zu werden. Es besteht schließlich keine Not, den Richtigen sofort zu finden, wir lassen uns die nötige Zeit. Denn wichtiger ist, dass die Person zur THW-Familie passt - zum Umfeld, zu den Fans und zur Region.

(Mit Klaus-Hinrich Vater, Aufsichtsrats-Chef des THW, sprach Wolf Paarmann, aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 27.08.2010)


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