Aus den Kieler Nachrichten vom 19.02.2013:
Kiel.
Thierry Omeyer,
Daniel Narcisse,
Marcus Ahlm und voraussichtlich
auch
Momir Ilic werden den THW
Kiel verlassen. Vier Weltklasse-Spieler, auf deren
Schultern der Handballmeister in den vergangenen
Jahren von Titel zu Titel eilte. Wie geht es ohne sie
weiter? Darüber sprachen die KN-Redakteure Ralf
Abratis und Wolf Paarmann mit Manager
Klaus Elwardt, der seit
dem Transfer des Tunesiers
Wael Jallouz
für die arabische Presse "General El Wardt" ist.
- Kieler Nachrichten:
-
Der THW hat im Geschäftsjahr 2010/2011 ein Minus von
500 000 Euro gemacht. Für das vergangene gibt es, je nach
Lesart der Bilanzen, unterschiedliche Zahlen. Der Verein
spricht von einem kleinen Plus, einige Gesellschafter von
einem Minus von 250 000 Euro. Will der THW sparen, weil er
muss?
- Klaus Elwardt:
-
Nein, der Etat wird bei 9,5 Millionen Euro bleiben. Sicherlich
wird es nicht leichter, diesen Etat auf die Beine zu stellen,
weil das wirtschaftliche Umfeld schwieriger geworden ist. Aber
es zeigt sich einmal mehr, dass es ein Vorteil ist, nicht von
einem Geldgeber abhängig zu sein. Mit unseren vielen regionalen
Sponsoren sind wir toll aufgestellt. Und für die Gesellschafter
stehen nicht die Erlöse im Vordergrund. Unsere Titel sind ihre
Gewinne.
- Kieler Nachrichten:
-
Was passiert dann mit dem Geld, das der Verein einsparen wird,
wenn gleich vier Top-Verdiener nicht mehr auf der Gehaltsliste
stehen?
- Klaus Elwardt:
-
Ich will nicht davon reden, dass wir sparen wollen oder müssen.
Wir wollen vorbereitet sein, falls beispielsweise ein Mikkel Hansen
(derzeit bei Paris unter Vertrag, d. Red.) oder andere Weltklassespieler
einmal auf dem Markt sein sollten.
- Kieler Nachrichten:
-
Wie steht es um die Qualität des Teams, für das es mit
Jallouz und dem schwedischen Nationaltorhüter
Johan Sjöstrand bislang nur zwei Neue gibt?
- Klaus Elwardt:
-
Da mache ich mir keine Sorgen, wir werden eine Weltklasse-Mannschaft
haben. Wir haben mit Filip Jicha, der unser
neuer Kapitän werden soll, und Trainer Alfred Gislason
langfristig verlängert. Sie sind unsere Eckpfeiler. Wir verpflichten
noch zwei erfahrene Rückraumspieler. Sollte Ilic
bleiben, dann einen. Spieler wie Aron Palmarsson
und Andreas Palicka stehen dann mehr in der
Pflicht. Von ihnen erwarte ich, dass sie in ihrer Entwicklung die nächste
Stufe erreichen. Gerade Palicka, der jahrelang
im Schatten von "Titi" (Omeyer, d. Red.) stand
und nie gemurrt hat, verdient eine solche Chance.
- Kieler Nachrichten:
-
Einerseits soll die Mannschaft verjüngt werden, andererseits haben Sie dem
33-jährigen Daniel Narcisse einen
Zwei-Jahres-Vertrag angeboten. Wie passt das zusammen?
- Klaus Elwardt:
-
Bei ihm haben wir tatsächlich lange überlegt, und es sind Zweifel geblieben.
Wir wollen aber keine Rentenverträge ausstellen, zu welchen Problemen das
führt, lässt sich gut bei anderen Vereinen erkennen. Aber
Daniel ist einer, der mit seiner Konstitution auch
als 40-Jähriger noch auf hohem Niveau spielen kann. Deshalb haben wir ihm eine
Verlängerung bis 2015 angeboten. Schade, dass er nicht akzeptiert hat. Aber
das Angebot von Paris war besser, ich habe großes Verständnis für seine
Entscheidung.
- Kieler Nachrichten:
-
Seit Jesper Nielsen (RN Löwen) und Andreas Rudolph (HSV) nicht mehr ihre
Millionen in die Bundesliga pumpen, sinken die Gehälter deutlich. Oder dreht
Paris mit seinen katarischen Investoren das Rad zurück?
- Klaus Elwardt:
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Nein, die Scheichs kalkulieren sehr genau. Der Etat von Paris (angeblich
zwölf Millionen, d. Red.) ist nicht so hoch, weil sie astronomische Gehälter
zahlen, sondern weil sie 24 Klasse-Spieler unter Vertrag haben. Seit zwei
bestimmte Herren nicht mehr mit Geld um sich werfen, hat sich der Markt
tatsächlich beruhigt. Ob ihr Investment gut oder schlecht für den Handball
war, kann ich gar nicht sagen. Es ist aber so, dass wir auch gezwungen waren,
solche Summen aufzurufen. Die Spieler sind nicht nur zu uns gekommen, weil im
Norden das Essen und Trinken besonders gut ist.
- Kieler Nachrichten:
-
Also ist es für Sie einfacher geworden, Spieler nach Kiel zu holen?
- Klaus Elwardt:
-
Schwer zu sagen. Ich bekomme jeden Tag 30 Anrufe von Beratern, die mir
Spieler anbieten. Das sind aber in der Regel Perspektivspieler und
keine, die uns sofort helfen können. Die zu uns zu holen, ist richtig
harte Arbeit. Ich habe mich beispielsweise zweieinhalb Jahre um
Niklas Landin (jetzt RN Löwen, d. Red.) bemüht, aber er wollte nicht zweiter
Mann hinter "Titi" sein. Ein Vorteil ist aber
eindeutig, dass unser Verein längst Kult ist. Selbst Weltstars wie Siarhei
Rutenka (FC Barcelona, d. Red.) lassen von sich Bilder im Umlauf unserer
Halle machen, um eine Erinnerung zu haben.
(Das Gespräch führten Wolf Paarmann und Ralf Abratis, aus den Kieler Nachrichten vom 19.02.2013)