THW-Logo
13.09.2013 Mannschaft / Bundesliga

Kieler Nachrichten: Kraftakt kostete Gislason Jahre

THW Kiel bezahlt Aufholjagd mit angeschlagenen Torhütern und Alterungsprozess - Jallouz zündet noch nicht

Aus den Kieler Nachrichten vom 13.09.2013:

Kiel. Die Achterbahnfahrt von Handball-Rekordmeister THW Kiel zum 31:30 (14:20)-Sieg über den VfL Gummersbach am Mittwoch hat deutliche Spuren hinterlassen: körperliche bei einigen Spielern, mentale bei den Beobachtern.
In jedem Fall wurde der Alterungsprozess dramatisch beschleunigt in einem Kampfspiel, das beim 15:23-Zwischenstand schon wie eine Niederlage aussah und dann zehn Sekunden vor Schluss in einem Siebenmeter-Showdown gipfelte, den Marko Vujin zum vierten Sieg im vierten Saisonspiel für den THW entschied. Nach dem Schlusspfiff überschlugen sich die Adrenalin-Wogen der Fans, die es die letzten drei Minuten des Spiels nicht mehr auf den Sitzen gehalten hatte: Von Handball-Wahnsinn, von Folter war die Rede. Und ein vorzeitiger Renteneintritt wurde in Erwägung gezogen. Auch THW-Trainer Alfred Gislason, der das gesamte Spiel unter Hochspannung und gestikulierend die Außenlinie auf und ab getigert war, musste feststellen: "Das war ein wirklich schwieriges Spiel und hat mich vielleicht ein paar Jahre gekostet." Übertragen auf das Publikum heißt das, dass die Handball-Gemeinde am Mittwochabend um Zehntausende Jahre gealtert ist.

Grund war ein Team auf dem Parkett, das zwei Drittel der Spielzeit seiner Leistung aus dem Sieg beim HSV hinterher lief. "Wir sind überhaupt nicht ins Spiel gekommen, haben viele Bälle weggeworfen", sagte Gislason. Es sei nicht zu übersehen, dass Wael Jallouz noch den Schlüssel zum Kieler Spiel sucht. "Das ist natürlich auch ein sprachliches Problem. Wir wussten, dass es dauern wird, und müssen im Training einfach immer weiter mit ihm arbeiten", so Gislason.

Einen schweren Stand hatten die Kieler in der ersten Hälfte zudem gegen die kompakte Gummersbacher Abwehr. Rene Toft Hansen rackerte am Kreis und wurde unbeanstandet von den Schiedsrichtern ständig von zwei Mann beackert. "Wenn dem Kreisläufer das Trikot über den Kopf gezogen wird, ist es schwierig, die Pässe anzubringen", ärgerte sich der THW-Trainer. Allerdings stand auch die Kieler Abwehr lange neben sich, ließ vor allem die VfL-Außen nahezu ungehindert agieren.

All das zwang Gislason, den Rekonvaleszenten Aron Palmarsson viel früher und länger als erhofft in den Ring schicken zu müssen. "Die Belastung war eigentlich zu hoch für ihn. Er hat daher erst einmal eine Trainingspause eingelegt. Und auch das Spiel gegen Eisenach folgt nun zu schnell", fürchtet Gislason eine erneut schwere Partie am Sonnabend (19 Uhr) in Thüringen. Angeschlagen sind auch die Torhüter. Johan Sjöstrand klagt über Knieprobleme, und Andreas Palicka kassierte gegen Gummersbach einen Kopftreffer und musste zwischenzeitlich mit blutender Nase ausgewechselt werden. Hart traf es allerdings auch Gegenüber Carsten Lichtlein. Dem National-Torhüter flog in der 42. Minute ein Wurf von Toft Hansen ins Gesicht. Mit "einem weißen Schleier auf dem linken Auge" musste er raus. Lichtlein betonte aber auch, dass den Kieler Kreisläufer keine Schuld traf. Durch ein Foul hatte der den Wurf nicht kontrollieren können. Beruhigen darf den THW-Tross für die kommenden Spiele der eigene Kampfgeist. Als Gummersbach fast schon enteilt war, fand die Abwehr immer besser den Zugriff, wurden die Gegenstöße besser gelaufen und riss Kapitän Filip Jicha mit seinen sechs Toren in der Schluss-Viertelstunde die Partie noch aus dem Feuer.

(von Ralf Abratis, aus den Kieler Nachrichten vom 13.09.2013)


(13.09.2013) Ihre Meinung im Fan-Forum? Zur Newsübersicht Zur Hauptseite