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16.02.2014 Bundesliga

Zebra-Journal: "Zaubermaus" wird zum Löwen

Nikolaj Jacobsen, ehemaliger Linksaußen des THW Kiel, trainiert die Mannheimer

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 08.02.2014:

Der Ex-Kieler Nikolaj Jacobsen, während der EM als TV-Experte gefragt, wird im Sommer neuer Trainer der Rhein-Neckar Löwen.
Klicken Sie zum Vergrößern! Der Ex-Kieler Nikolaj Jacobsen, während der EM als TV-Experte gefragt, wird im Sommer neuer Trainer der Rhein-Neckar Löwen.

Profisport ist ein komisches Geschäft, und auch der Handball macht da keine Ausnahme. Es gilt zum Beispiel die Regel, dass Geld kein Garant für sportlichen Erfolg ist. Es braucht Zeit und Weitsicht, um eine Mannschaft zu formen, die zu großen Taten fähig ist. Die Rhein-Neckar Löwen machen gerade diese Erfahrung, denn erst, als die Geldquelle des früheren Mäzens Jesper Nielsen versiegte und der einstige Krösus sparen musste, stellte sich der Erfolg ein. Charakter statt individueller Qualität heißt das Motto. Die Löwen wollen zudem eine junge, hungrige Mannschaft auf die Beine stellen - und der Ex-Kieler Nikolaj Jacobsen soll sie anleiten.
Im Sommer tritt der Däne seinen Job an und schaute sich kurz nach dem Jahreswechsel in Mannheim und Kronau die künftigen Arbeitsbedingungen an. Außerdem galt es, die Personalplanungen abzusprechen. Eindruck hat neben den Trainingsbedingungen in Kronau vor allem das Wetter hinterlassen. "Es waren dort 16 Grad. Das ist für einen Dänen richtig warm, und die Leute haben ganz schön geguckt, als ich als Einziger im T-Shirt in Mannheim über die Einkaufsstraße geschlendert bin." Jacobsen fällt auf, ganz unabhängig von seiner Kleidung, denn der frühere Linksaußen des THW Kiel ist ein Charakterkopf, ein Mann mit Ideen und einer eigenen Meinung. Und einer, für den ein Glas stets halbvoll und niemals halbleer ist.

Nur einen Fehler darf man nicht machen: Wer denkt, zu den Löwen kommt ein Gute-Laune-Onkel, dürfte sich schnell umgucken. Auch wenn Jacobsen sagt, dass er die Spieler eher an der langen Leine führt, schließlich seien das "erwachsene Menschen", kann er schnell umschalten und streng werden, wenn etwas droht, aus dem Ruder zu laufen. Mit Aalborg hat er mit seinem Führungsstil in der vergangenen Saison überraschend die dänische Meisterschaft gewonnen. Die den Skandinaviern eigene Lockerheit verbindet er mit der nötigen Zielstrebigkeit, um erfolgreich zu sein.

In Kiel hat Nikolaj Jacobsen bis heute den Spitznamen "Zaubermaus" inne.
Klicken Sie zum Vergrößern! In Kiel hat Nikolaj Jacobsen bis heute den Spitznamen "Zaubermaus" inne.
Beim Rekordmeister werden sie verwundert sein, denn in seiner aktiven Zeit als Spieler beim THW zwischen 1998 und 2004 galt er als Spaßvogel, der Regeln auch mal dehnte - oder versuchte, das zu tun. "Ich glaube, ich wollte so einen Spieler, wie ich einer war, lieber nicht in meiner Mannschaft haben", sagt Jacobsen. Das bezieht sich aber nur auf den jungen Jacobsen außerhalb des Handballplatzes, auf dem Feld verzückte er die Fans. In Kiel hat er bis heute den Spitznamen "Zaubermaus" inne und wenn man seine damaligen Wegbegleiter fragt, kommen die ob der Trickwürfe des Linksaußen auch heute noch ins Schwärmen. In der SAP Arena, dem Wohnzimmer der Löwen, war Jacobsen bei seinem Antrittsbesuch auch und sah sich ein Eishockeyspiel der Mannheimer Adler gegen die Düsseldorfer EG an. Bei dieser Gelegenheit traf er auch ein paar Mitglieder des Aufsichtsrates, um mit ihnen in entspannter Atmosphäre unaufgeregt zu plaudern. Jacobsen, das fällt schnell auf, ist ein Mann der Kommunikation, ohne Dampfplauderer zu sein.

Das werden auch die Spieler feststellen, die künftig mit ihm zusammenarbeiten. Mit Stefan Kneer (SC Magdeburg), Mads Mensah Larsen (Aalborg HB), Harald Reinkind (Fyllingen Handball/Norwegen) und Tim Suton (HG Saarlouis) wurden in Absprache mit Jacobsen schon einige Spieler verpflichtet. Die Löwen haben in der Nachfolge von Gudmundur Gudmundsson, der ab 1. Juli Nationaltrainer der Dänen sein wird, einen guten Griff getan und es stellt sich nur die Frage, ob der skandinavisch geprägte Führungsstil zu den Löwen passt. Nachdem es dem Klub gelungen ist, die im Juni 2014 auslaufenden Verträge mit allen Leistungsträgern zu verlängern, soll die dadurch entstandene Ruhe nun dafür sorgen, dass die Löwen dem ersten Titel der Vereinsgeschichte einen weiteren folgen lassen. Der EHF-Cup-Triumph im zurückliegenden Mai in Nantes hat sie gierig auf mehr gemacht. Und die besten Chancen auf einen weiteren Titel gibt es beim "Final Four" im April in Hamburg. "Der Pokal ist so spannend wie lange nicht, weil mit Kiel und Hamburg zwei große Favoriten ausgeschieden sind", sagt Gudmundsson.

In der Liga haben die Badener eine deutlich bessere Ausgangslage aus der Hand gegeben, weil sie in Göppingen trotz hoher Führung nur Unentschieden spielten und beim TuS N-Lübbecke verloren. "Diesen Minuspunkten rennen wir hinterher", sagt Spielmacher Andy Schmid. Zur Fortsetzung der Liga stehen die Löwen im Vergleich der Top-Teams in besonderer Pflicht. Denn nur gegen die SG Flensburg-Handewitt mussten (am vergangenen Mittwoch, d. Red.) sie reisen, alle anderen Teams aus der oberen Tabellenhälfte empfangen die Badener in der heimischen Arena. Auch den THW, der drei Tage nach dem "Final Four" zu Gast ist - die Halle wird ausverkauft sein. Der Traum der Löwen: mehr als 13.000 Fans den Pokal präsentieren und dann den Dominator der vergangenen Jahre besiegen.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 08.02.2014)


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