Aus den Kieler Nachrichten vom 14.06.2014:
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Die Handball-Weltmeisterschaft 2015 findet vom
17. Januar bis 1. Februar 2015 in Katar statt.
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Magdeburg. Seine Augen, sie könnten auch rechteckig sein. Als
bekennender "Video-Junkie" hat Martin Heuberger auf seinem
Hotelzimmer im Magdeburger Herrenkrug in akribischer Feinarbeit
das
Hinspiel von Danzig in seine
Einzelteile zerlegt, analysiert und aufbereitet.
Er hat mit seinen Jungs gestern noch einmal unter vier Augen
gesprochen, den lockeren Spaß beim Abschlusstraining gesucht.
"Jetzt ist alles getan, mehr geht nicht. Wir sind bestens
vorbereitet", ist sich der Bundestrainer sicher. Auch darüber,
dass er seinen Job über den 30. Juni hinaus behält. Die Partie
heute, sie wird auch für den 50-Jährigen zum Schicksalsspiel.
"Den werden wir es allen zeigen", verkündet er so auch
vielsagend im aktuellen DHB-Trailer zum heutigen Rückspiel der
WM-Qualifikation gegen Polen (15.15 Uhr/ZDF). Wohlwissend, dass
viele bereits an seinem Stuhl sägen, den Noch-Hamburger Martin
Schwalb nach vorn schieben.
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Es ist eine Mischung aus Zukunftsangst und Zuversicht, die rund
ums deutsche Team in der Magdeburger Vier-Sterne-Herberge zu
spüren ist. Da ist Heine Jensen, der Frauen-Bundestrainer, der
seine Mission, die EM-Qualifikation, mit seinem Team schon erfüllt
hat und heute gegen Mazedonien das Vorspiel bestreitet (12.30 Uhr).
"Ein Scheitern der Männer wäre auch für die Frauen-Nationalmannschaft
nicht folgenlos", erklärt der Däne und meint damit wohl, dass die
Finanzquellen im Verband nicht mehr so sprudeln würden. Die erneute
Zuschauerrolle nach
Olympia in London und der
EM in Dänemark, das dadurch auch bedingte
Fast-Aus für die olympischen Rio-Spiele 2016 würde trotz aller
Beteuerungen von DHBV-Vize Bob Hanning, dass dies wirtschaftlich
einkalkuliert sei, auf den Verband und seine Gold-Vision für 2020
durchschlagen. Keine TV-Präsenz, keine Sponsorengelder.
"Dieses Szenario will ich mir gar nicht vorstellen. Es geht um alles,
nicht weniger und nicht mehr", sagt Handball-Ikone Stefan Kretzschmar.
"Alles andere als die WM-Qualifikation ist inakzeptabel", bekennt auch
Hanning. Alles oder Nichts. "Es ist das entscheidende Spiel.
Ausrufezeichen", sagt Keeper Silvio Heinevetter und vermittelt jedem,
der mit ihm spricht, ein: "Wir packen es."
Es gibt viel, was Mut macht. Da ist die knappe
24:25-Niederlage im Hinspiel, der
erstaunlich abgebrühte Mittelblock Pekeler/Wiencek
mit dem guten Heinevetter dahinter. Da ist die Hoffnung, dass Neu-Käpt'n
Gensheimer nicht noch einmal so neben der Spur liegen kann. Da ist der
Faktor Magdeburg, der seit Wochen mit 7200 Plätzen restlos ausverkaufte
Hexenkessel Getec-Arena. Und da ist das Comeback von "Mimi" Kraus, der
gereifte "Bravo Boy", der Entschlossenheit vermittelt. Als es in Danzig
eng wurde, war er da - als Vollstrecker, Spiel- und Wortführer. In
Auszeiten gab er und nicht der Trainer Anweisungen. "Ich bin froh, ihn
zurückgeholt zu haben", bekennt Heuberger. Kraus will mehr: "Ich bin
gekommen, um zu bleiben. Ich will mit der Mannschaft zur WM nach Katar.
Punkt."
(von Jens Kürbis, aus den Kieler Nachrichten vom 14.06.2014)