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Interviews mit Noka Serdarusic:

Inhalt: aktuelles Interview zur Lage des THW | Interview zur Champions League 2001/2002 | Interview vor der Saison 2000/2001 | Interview in der Saison 1998/1999

Siehe auch Ausführliches Sport1-Interview mit Noka Serdarusic im April 2001.

Interview zur Lage des THW in der Saison 2000/2001:

Noka Serdarusic: "Störfaktoren im Team müssen weg."
Klicken Sie für weitere Infos! Noka Serdarusic: "Störfaktoren im Team müssen weg."
Seit acht Jahren sammelt er für den THW Kiel Titel und Triumphe. Trainer Noka Serdarusic (50) wurde mit dem Kieler Team in den vergangenen sieben Spielzeiten sechs Mal Meister, holte zuletzt drei Mal in Folge den DHB-Pokal, wurde 1995 Supercupgewinner und 1998 europäischer EHF-Cup-Sieger. Jetzt droht erstmals ein Bruch in der beispiellosen Erfolgsgeschichte. Personelle Probleme (fristlose Kündigung von Mike Bezdicek, Abwanderungs-Absichten von Nenad Perunicic) haben das Serdarusic-Team verunsichert und in eine Krise gestürzt. "Jetzt reiben sich viele vor Freude die Hände", sagte Serdarusic in einem Gespräch mit den Kieler Nachrichten. Er weiß, dass er und der THW nicht nur Freunde haben.
Kieler Nachrichten:
Es hat schon lange nicht mehr eine derartige Unruhe und Turbulenzen im Team gegeben. Wie geht es dem Trainer dabei?
Serdarusic:
Wie soll es mir gehen? Natürlich nervt mich das. Sieben Jahre lang haben sich einige Leute zurückgehalten. Jetzt kommen sie aus ihren Löchern und reiben sich vor Freude die Hände. Aber ihre Freude wird nicht so groß sein. Der THW wird immer an der Spitze spielen, auch wenn wir diesmal keinen Titel holen.
Kieler Nachrichten:
Es war jahrelang der große Vorteil des THW, dass er mit Teams gespielt hat, in denen alles zusammenpasste. Das ist nun erstmals anders gelaufen.
Serdarusic:
Ja. Es war immer unsere Stärke, dass wir eine echte Truppe zusammen hatten, die auch privat viel miteinander gemacht hat. Jetzt sind einige Störfaktoren in die Mannschaft gekommen, die müssen weg. Wenn es nur einer ist, kann die Mannschaft das tragen und überspielen. Wenn es mehrere sind, wird ein Team aus der Bahn geworfen.
Kieler Nachrichten:
Also war die Entscheidung von Manager Uwe Schwenker richtig, Bezdicek die fristlose Kündigung auszusprechen?
Serdarusic:
Daran gibt es nichts zu rütteln. Er hat die richtige Entscheidung getroffen, es blieb ihm gar nichts anderes übrig. Schade nur, dass alles öffentlich geworden ist, was bei uns passierte.
Kieler Nachrichten:
Nenad Perunicic will den Verein verlassen und zum SC Magdeburg wechseln. Er hat gedanklich mit dem THW schon abgeschlossen. Was darf man von ihm noch erwarten?
Serdarusic:
Was ich auch immer sage: Ich weiß es nicht, ich bin kein Hellseher. Aber ich mache es nicht wie andere Klubs, die zum Beispiel Henning Fritz oder Andrej Siniak nicht mehr spielen lassen, weil sie wechseln wollen. Nenad ist bis Ende der Saison da, es wird normal weitergehen.
Kieler Nachrichten:
Also darf man vom THW auch erwarten, dass er die Saison anständig zu Ende spielt?
Serdarusic:
Ich weiß, dass die Mannschaft gegenwärtig nicht das leistet, was sie kann. Aber wenn den Spielern tausend Dinge durch den Kopf gehen, kommt etwas Konfuses dabei heraus.
Kieler Nachrichten:
Hat der Trainer Noka Serdarusic auch schon mal daran gedacht, die Brocken hinzuwerfen?
Serdarusic:
Ich könnte sagen: Ihr könnt mich alle mal. Aber ich glaube nicht, dass es mir in Magdeburg oder bei einem anderem Verein besser ginge. Ich mache meine Arbeit, basta! Ich werde noch zehn Jahre weiterarbeiten.
(16.02.2001)
Interview: Kieler Nachrichten, 16.02.2001, das Interview führte Lothar Böttcher

Interview zur Champions League Saison 2000/2001:

[Bild: Noka Serdarusic]
Zebra:
Im letzten Jahr fieberte ganz Kiel dem erstmaligen Duell und dem langersehnten Vergleich mit dem großen FC Barcelona entgegen. Es kam letztlich zum "Traumfinale", in dem am Ende nicht die bessere, sondern die glücklichere Mannschaft gewann. Hat diese bittere Niederlage Spuren hinterlassen oder ist die Mannschaft wieder so hochmotiviert wie in der vergangenen Saison? Anders gefragt, brennt das Feuer wieder?
Serdarusic:
Den ersten Teil der Frage kann ich nicht ganz allein beantworten, denn ich stecke nicht in der Haut der Spieler. Aber natürlich hat die bittere Niederlage in diesem "Traumfinale" gegen Barcelona Spuren hinterlassen. Wenn man die Spieler nach ihren größten Enttäuschungen fragt, nennen sie immer wieder dieses Spiel.

Doch irgendwann muss auch Schluss mit der Enttäuschung sein, irgendwann muss auch heiß auf Neues sein, heiß darauf, es wieder soweit zu schaffen. Wenn man sich nicht für soetwas motivieren kann, wann dann?

Zebra:
Welche Erwartungen hat der Trainer an diese Saison in der Champions League, wie lautet das erklärte Ziel in diesem Wettbewerb?
Serdarusic:
Das Erreichen des Halbfinals ist eigentlich Pflicht. Aber das wird in diesem Jahr mit Sicherheit nicht leichter werden als im vergangenen. In jedem Jahr wieder gibt es Mannschaften, die sich einem als vermeindliche Außenseiter in den Weg stellen. Doch wir sollten inzwischen genügend Erfahrungen gesammelt haben, dass der Europapokal kein Spaziergang ist.
Zebra:
Wie stark sind die Gegner zum Auftakt in den Gruppenspielen einzuschätzen?
Serdarusic:
Wenn ich alle drei Gruppengegner betrachte, muss ich erkennen, dass insbesondere GOG Gudme sich momentan wesentlich verbessert präsentiert. Die Dänen haben sich mit starken, jungen Leuten verstärkt und haben eine ganze Reihe Nationalspieler in ihrem Kader. Mit Braga haben wir in der Vergangenheit nicht unbedingt gute Erfahrungen gemacht und sind deswegen bereits gewarnt. Wenn man eine Mannschaft in dieser Gruppe als Außenseiter bezeichnen müsste, dann wäre es sicher Triest. Doch die Italiener sind auch nicht ganz ohne, schließlich haben sie in der jüngsten Vergangenheit schon ein paar russische Mannschaften aus den Wettbewerben geworfen. Wir brauchen nicht stolpern, müssen dafür aber im Gegenzug auch stets Leistung bringen.
Zebra:
Wie fit ist die Mannschaft zum jetzigen Zeitpunkt?
Serdarusic:
Nicht alle Spieler sind ganz fit. Nikolaj Jacobsen hat Probleme mit der Leiste und muss vielleicht unters Messer. Bei seiner Leistung muss ich nicht viel erzählen, was er für uns bedeutet. Magnus Wislander ist in keinem Fall fit. Er brachte, wie im übrigen auch Olsson, Perunicic und Petersen, eine Verletzung von den Olympischen Spielen mit nach Hause. Zwar hatte er so gut wie trainingsfrei, doch nur von Einsätzen im Spiel wird er so schnell nicht wieder ganz fit werden.
Zebra:
Wird die Kraft am Ende so einer langen und anstrengenden Saison für die möglichen, schweren Viertelfinal-, Halbfinal- und Finalspiele reichen?
Serdarusic:
Wenn ich das wüsste, könnte ich ruhiger schlafen. Es wäre mir lieb, wenn alle Spieler dann da sind. Selbst wenn sie nicht alle bei vollen Kräften sind, können wir es gemeinsam schaffen und irgendwie doch die letzten Reserven rausholen.

Dennoch wissen wir alle, dass in unseren Reihen eine ganze Menge Nationalspieler stehen, die neben der Belastung in der Bundesliga und den Pokalwettbewerben im Januar und Februar zusätzlich noch die Weltmeisterschaft spielen werden. Es wird also wieder einmal sehr hart.

Zebra:
Sind weitere Neuverpflichtungen als eventuelle Entlastung ein Thema? Und dürften diese dann überhaupt in der Champions League spielen?
Serdarusic:
So weit ich weiß, dürfen wir nur noch bis zum 15. Januar auf dem Transfermarkt tätig werden, um neue Spieler zu verpflichten. Da bleibt uns nicht mehr allzu viel Zeit. Man soll jedoch nie nie sagen. Aber Konkretes gibt es zu diesem Zeitpunkt nicht.
Zebra:
Ist die Champions League in diesem Jahr noch einmal der Saisonhöhepunkt für den THW Kiel?
Serdarusic:
Für jeden Sportler sollte es eigentlich immer das Ziel sein, das zu schaffen, was man zuvor nicht erreicht hat. Und das wollen auch wir schaffen. In Kiel hat man fast vergessen, wie lange man auf den ersten Titel hat warten müssen, nun ist ein Titel in jeder Saison fast Pflicht. Wir werden natürlich alles geben und versuchen, das Warten auf diesen noch fehlenden Titel irgendwann zu beenden.
(09.11.00)
Interview: Sascha Klahn, entnommen dem THW-Hallenheft "Zebra".

Interview vor der Saison 2000/2001:

Am 13. August 2000 starten die Zebras beim HC Wuppertal in die neue Handball-Saison. Kieler Nachrichten-Redakteur Reimer Plöhn sprach mit Noka Serdarusic über Ziele, Wünsche und Perspektiven.
Kieler Nachrichten:
Nach ihrer schweren Knieoperation haben Sie die Trainingsarbeit erst in der vergangenen Woche von Manager Uwe Schwenker und Co-Trainer Michael Menzel übernommen. Hat die Mannschaft in der Vorbereitung ordentlich mit dem Interimsteam gearbeitet?
Noka Serdarusic:
Körperlich sind die Jungs in guter Verfassung. Vielleicht haben die beiden sogar härter mit der Mannschaft gearbeitet als ich es getan hätte. Es gab einen von mir bis ins letzte Detail ausgearbeiteten Trainingsplan, der exakt eingehalten worden ist. Ich hätte dem Team je nach Erschöpfungszustand möglicherweise die eine oder andere Viertelstunde erlassen. Uwe Schwenker war jedenfalls sehr, sehr zufrieden, wie die Spieler mitgemacht haben.
Kieler Nachrichten:
Ist Ihre Mannschaft durch die Neuzugänge Morten Bjerre und Jonas Ernelind noch stärker geworden?
Noka Serdarusic:
Da bin ich mir ziemlich sicher. Linkshänder standen ganz oben auf der Wunschliste. Staffan Olsson war im rechten Rückraum alleine, und Martin Schmidt stand auf Rechtsaußen durch das verletzungsbedingte Karriere-Ende von Michael Menzel über weite Strecken ebenfalls als Alleinunterhalter da. Der Missstand ist jetzt behoben. Morten wird Staffan entscheidend entlasten können. Und Jonas traue ich ebenfalls viel zu. Er ist ein feiner Spieler, sehr schnell, ball- und wurfgewandt und trifft aus den kleinsten Ecken. Noch mangelt es an Bissigkeit in der Abwehr, er muss sich an die raue Bundesligaluft gewöhnen.
Kieler Nachrichten:
Hat der ungewöhnliche Vorgang des Wechsels von Morten Bjerre aus Flensburg zum THW Kiel Spuren hinterlassen?
Noka Serdarusic:
Warum sollten wir ein schlechtes Gewissen haben? Wenn jemand wechseln will, dann soll er das tun. Dass Morten sich in Flensburg nicht wohl fühlte, war uns bekannt. Er wollte zu uns - und wir wollten ihn. Ein ganz normaler Vorgang. Auch meine Spieler wissen: Wer weg will, kann gehen. Mit unzufriedenen Leuten kann ich nichts erreichen. Von mir aus kann jeder Verein der Bundesliga die Telefonnummern aller THW-Spieler bekommen. Das weiß jeder bei uns. Wichtig ist, dass wir fair miteinander umgehen.
Kieler Nachrichten:
Wohin führt der Weg der Bundesliga und der der Nationalmannschaft?
Noka Serdarusic:
Ich behaupte, beide sind auf einem guten Weg. Es könnte jedoch viel besser sein. Was haben die so genannten Macher des Handballs eigentlich in den letzten Jahren gemacht? Wir haben die besten Spieler der Welt, die beste Liga, aber Probleme, Zeiten im Fernsehen zu bekommen. Andere Sportarten wie Eishockey etc. sind da weiter. Da muß ganz schnell was geschehen.
Das Gestöhne um die Nationalmannschaft kann ich dagegen nicht mehr hören. Vor zehn oder zwölf Jahren, als nur ein Auslönder in der Bundesliga spielberechtigt war, spielten wir in der C-Klasse. Jetzt sind wir wieder bei Olympia und der WM dabei - mit Medaillenchancen.
Kieler Nachrichten:
Wie beurteilen Sie die Aufblähung der Bundesliga auf 20 Vereine?
Noka Serdarusic:
Wir haben 38 Punktspiele, die Olympischen Spiele, WM, DHB-Pokal und die Champions League. Bekanntlich hat der THW nicht die jüngsten Spieler im Kader. Eigentlich könnte ich darüber nur resignierend lachen. Aber alle machen mit. Wir müssen es auch. Was sollen wir tun?
Kieler Nachrichten:
Vermutlich geben die 36-jährigen Wislander und Olsson ihre Abschiedstournee durch die Bundesliga und kehren im nächsten Jahr in ihre schwedische Heimat zurück. Was wird aus dem THW ohne die beiden?
Noka Serdarusic:
Nun, der Neuaufbau hat schon vor Jahren angefangen. 80 Prozent der Spieler bleiben, es gibt keinen THW mit neuem Gesicht. Gleichwohl hätten wir den einen oder anderen Spieler gerne dazu verpflichtet. Aber es gibt finanzielle Grenzen, die wir nicht überschreiten. Überzogene Ablösesummen und Gehaltsforderungen macht der THW nicht mit.
Kieler Nachrichten:
Wer heißen Ihre Meisterschaftsfavoriten?
Noka Serdarusic:
Lemgo, Magdeburg, und wir werden auch ein Wort mitreden. Außerdem halte ich Nordhorn mit seinen Neuzugängen für sehr stark.
Kieler Nachrichten:
Und Flensburg?
Noka Serdarusic:
Flensburg erwarte ich nur noch auf dem Niveau von Mannschaften wie GWD Minden, also im erweiterten Vorderfeld. Die Favoriten, dazu zähle ich auch noch die HSG Nordhorn, schätze ich in diesem Jahr stärker ein.
Kieler Nachrichten:
Bleibt der Gewinn der Champions League oberstes Ziel?
Noka Serdarusic:
Unser Ziel ist nach wie vor, alles zu gewinnen. Aber ich muss schon zugeben: Ein Finalsieg in der Champions League gegen Barcelona wäre das Größte.
Kieler Nachrichten:
Sie feiern am 2. September Ihren 50. Geburtstag. Wie lange bleiben Sie dem THW und Kiel noch treu?
Noka Serdarusic:
Wenn nichts Außergewöhnliches geschieht, erfülle ich meinen Vertrag bis 2003 auf jeden Fall. Danach muss man weiter sehen. Meine private Lebensplanung sieht vor, in Kiel zu bleiben. Wegen meiner Knieverletzung habe ich mein Haus in Russee verkauft, werde aber ein neues dort bauen - ohne Treppen. Selbst wenn es mich noch einmal zu einem anderen Verein außerhalb Schleswig-Holsteins ziehen sollte, kehre ich ganz sicher nach Kiel zurück.
(26.07./12.08.2000)
Interview: Reimer Plöhn, Kieler Nachrichten.

Interview Saison 1998/1999:

Als Noka Serdarusic 1993 auf der Bank unseres THW Platz nahm, kehrte auf der Platte der große sportliche Erfolg ein. Ein Titel fehlt unseren Zebras bislang allerdings noch, der, geht es nach den Wünschen des Trainer und der Mannschaft, auch nicht mehr lange auf sich warten lassen soll. Mit der Darstellung des seines THW als Übermacht ist Serdarusic aber ganz und gar nicht einverstanden. Er weiß zwar um die Stärken seiner Mannschaft, kennt aber auch die Probleme eines sehr engen Terminplans und nicht nur die damit verbundenen höheren Verletzungsrisiken für seinen Kader. Hallenheft-Redakteur Sascha Klahn traf unseren Trainer Noka Serdarusic nach dem Heimspiel gegen Frankfurt zu einem Gespräch.
Zebra:
Was macht der eigene Gesundheitszustand? Geht es Dir schon wieder etwas besser?
Serdarusic:
Das ist nicht so wichtig, es gibt jetzt wichtigeres. Ich gehe aber davon aus, daß ich kein Spiel pausieren muß. Das ist das Wichtigste.
Zebra:
In welchem Zustand befindet sich zur Zeit unsere Mannschaft? Ein paar Spieler sind verletzt, was hat das für Auswirkungen auf das Training?
Serdarusic:
Ich schätze mal, daß alle ihre kleinen Blessuren haben. Das ist eine Folge des sehr engen Terminplans. Mann kann sich nicht mehr regenerieren, man muß trainieren, man muß sich vorbereiten. Bisher haben wir immer Glück gehabt, aber es ist eher unwahrscheinlich, daß es immer so sein wird. Wenn man nicht mehr 25, sondern 30 Jahre oder älter ist, wird es schwer, über die Runden zu kommen. Natürlich hat die momentane Situation auch Auswirkungen auf das Training. Man kann zwar Kondition oder Technik und Würfe trainieren. Aber wenn zum Beispiel Siemens oder Scheffler nicht dabei sind, dann sind wir nicht in der Lage, taktisch Angriff und Deckung zu trainieren. Dafür braucht man mindestens zwölf Deckungsspieler und zwei Torhüter. Nico Kibat ist unser vierzehnter Mann. Wenn einer nicht kommt, ist die Möglichkeit nicht gegeben. Dann kann man im Training nur improvisieren. Das geht schon seit Jahren so. Aber mir ist ein kleiner Kader und ein gesunder Verein viel lieber als ein großer Kader und ein kranker Verein. Aber leicht ist es trotzdem nicht.
Zebra:
Was erwartest Du für das heutige Spiel gegen Gudme?
Serdarusic:
Ich erwarte sicherlich einen Sieg gegen GOG. Ich verlange, daß wir Gruppenerster werden. Das habe ich schon vorher gehofft. Jetzt haben wir alle Chancen, wir brauchen nur die Heimspiele zu gewinnen.
Zebra:
Wie bereit Ihr Euch auf so ein Spiel vor?
Serdarusic:
Das ist jetzt nicht die pure Weinerei, aber wir haben gar keine Zeit, uns auf solche Spiele besonders vorzubereiten. Wir spielen gegen Lemgo, Niederwürzbach, Wallau, da kann man nicht sagen, ich bereite mich jetzt auf Gudme vor. Nach jedem normalen Spiel auch noch wieder ein Regenerationstraining. Andere europäische Mannschaften bereiten sich zum Teil Wochen auf uns vor. Die Möglichkeit haben wir gar nicht. Aber als wir jetzt zum zweiten Mal gegen Stavanger gespielt haben, man hat gesehen, daß die Norweger trotz ihrer längeren Vorbereitung nicht mehr so giftig waren wie im ersten Spiel, weil wir sie jetzt besser kannten. Ich weiß, daß Barcelona sich Wochen, Monate auf ein europäisches Spiel vorbereitet. Wir wollen in der Bundesliga, im DHB-Pokal und im Europacup überall weiter. Mittlerweile ist es aber so, daß man es gewohnt ist, daß der THW mit 12 oder 17 Toren gewinnt. Die anderen sind immer schwach und wir immer nur Durchschnitt, nie spielen wir auch mal gut. Wir sind aber noch überall dabei. Ich frage mich, wo es soetwas gibt.
Zebra:
Was sind Deiner Meinung nach die realistischen Ziele für den weiteren Verlauf in der Champions League?
Serdarusic:
Ich habe gesagt, es ist mein Traum, im Finale gegen Barcelona zu spielen. Es gibt aber auch andere gute Mannschaften. San Antonio hat gute ausländische Stars, die zu den besten in Europa gehören, Zagreb, Celje. Wir haben die Substanz, gut zu spielen. Wenn wir das Finale erreichen, dann werden wir unser Bestes geben. Es ist Blödsinn, wenn irgendwelche Leute schreiben, der Manager fordert das Finale. Das ist genauso, als wenn meine Frau einen Sechser im Lotto fordert. In Deutschland baut man soetwas immer künstlich auf. Ich sage ein Beispiel: In der Bild-Zeitung stand ein Artikel, in dem sich der Trainer von Wolgograd geäußert hatte, daß er vor dem THW Kiel keine Angst hätte. Das wären alles schon sehr alte Spieler und in Eisenach habe man gesehen, wie man diese Mannschaft schlagen könne. Als Reimer Plöhn von den Kieler Nachrichten den Trainer daraufhin ansprach, wußte der nicht einmal, was Eisenach war. Er hat das Spiel nie gesehen und er hat soetwas nie gesagt. Leider ist es mein Job, mit solchen Leuten zu leben.
Zebra:
Gab es für Dich bisher Überraschungen im laufenden Champions League-Wettbewerb?
Serdarusic:
Am letzten Spieltag, als Veszprem in Italien verloren hat. Aber ich will nicht losquaken. Ich habe auch schon einmal in Porto verloren, was nicht hätte sein dürfen. Wir haben mit zehn Toren verloren, glücklicherweise aber zuhause mit dreizehn gewonnen. Das ist Sport, keiner ist so schlau, da durchzublicken. Sonst gäbe es ja auch keine Toto-Wetten. Hätte ich alles gewußt, dann wäre ich nicht Trainer, sondern hätte mein Geld anders verdient.
Zebra:
Ist die Champions League besondere Motivation? Nimmt der Trainer da noch großen Einfluß auf seine Mannschaft oder gibt er nur noch die taktischen Anweisungen?
Serdarusic:
Wenn man eine solche Mannschaft hat wie ich, dann sind die Jungs gegen starke Gegner von selbst motiviert. Gegen schwächere Gegner meinen alle, das geht von selbst. Sogar der Bundestrainer oder andere Experten haben vor solchen Spielen gesagt, daß alle Profis sind, daß alle wissen, um was es geht. Das ist Unsinn: Wir können es nur noch schlecht machen, nichts ist bei uns mehr gut. Entweder wir sind nur Durchschnitt oder der Gegner ist schwach. Jeder geht davon aus, daß wir mit 15 oder 20 Toren gewinnen. Bei uns wird das anders bewertet. Die Champions League hat keinen besonderen Wert. Wenn wir irgendwo verlieren, dann geht die Welt unter. Ich habe aber vorher gesagt, daß wir keine Übermacht sind. Als wir in Lemgo auswärts gleich gewonnen hatten, sprachen alle von einem Durchmarsch. Ich mag natürlich nicht gerade die Leute, die soetwas schreiben und mit mir soetwas machen. Die schreiben oft nicht, was ich sage. Manchmal glaube ich, die brauchen immer nur ein Alibi, daß sie mit mir gesprochen haben. Das ist einmalig in Deutschland. Das gibt es nirgendwo anders in Europa.
Zebra:
Was hat für Dich Vorrang: die Champions League oder doch die Bundesliga?
Serdarusic:
Wir sind natürlich eine deutsche Mannschaft. Wir leben in Kiel. Wenn in der Ostseehalle europäischer Spitzenhandball geboten wird, haben wir Probleme, die Halle vollzukriegen. Wenn wir in der Bundesliga aber gegen einen Absteiger spielen, dann ist die Halle voll bis auf den letzten Platz. Für mich, die Spieler und den Verein wäre es schöner, Champions League-Sieger zu werden. Es ist das, was uns nach den Erfolgen noch fehlt. Es wäre das Sahnehäubchen, davon träumt jeder. Hätten man es mir angeboten, dann hätte ich die Champions League gegen den DHB-Pokal oder den Europacup getauscht. Aber bis das soweit ist, müssen wir alle Spiele gewinnen.
Zebra:
Du hättest auch das Triple gegen den Sieg in der Champions League getauscht?
Serdarusic:
Es fällt mir schwer, das Triple zutauschen, deutscher Pokalsieger sind wir vorher auch noch nie gewesen. In dieser Saison gegen die Deutsche Meisterschaft zu tauschen, hätte ich gerne gemacht. Noch ist alles offen, bei allen dreien sind wir noch dabei.
Zebra:
Könnt Ihr denn die Motivation aus der Champions League mit in die Bundesliga herübernehmen?
Serdarusic:
Ich glaube nicht, daß meine Jungs weniger gegen Flensburg als gegen Gudme motiviert sind. Es gibt im Sport wie im Leben Tage, wo nichts läuft, was keiner begreift. Wenn im Büro nichts läuft, kriegt es keiner mit, nur bei uns schauen viel mehr Leute zu. Bei allen, ob Tennis, Fußball, läuft mal nichts. Nur die schlauen Leute finden überall drauf Antworten, obwohl keine davon richtig ist.
(27.12.98)
Interview: Sascha Klahn, entnommen dem THW-Hallenheft "Zebra".

Mehr Infos über Noka Serdarusic unter Spielerporträt Noka Serdarusic.