Zurückhaltung und Bescheidenheit übt Kiels 20-jähriger Youngster Sebastian Preiß
nur außerhalb des Handballparketts. Im Training und auf dem Spielfeld sorgt
der Fachhochschulstudent der Betriebswirtschaftslehre mit Leistungsbereitschaft
und Einsatz für Aufmerksamkeit. Seinem Trainer gefällt es.
"Wenn Sebastian seiner Linie treu bleibt, ist ein Stammplatz drin", sagt
Noka Serdarusic.
Vorerst will der junge Franke seine Sporen mit dem Zweitspielrecht beim
TSV Altenholz verdienen "und meine Chancen bei Einsätzen für den THW nutzen." Bislang ist
ihm beides ausgezeichnet gelungen. Seinen ersten aktiven Auftritt in der Ostseehalle
krönte er vor begeisterten 10.000 neuen Fans mit vier blitzsauberen
Treffern gegen die SG Willstätt/Schutterwald
(siehe
Bericht).
Keine Frage,
Sebastian Preiß ist auf dem richtigen Weg nach
ganz oben. Doch er definiert seine vorläufige Rolle beim neunfachen Deutschen Meister
symphatisch und glaubhaft: "Koffer tragen und beim Laufen versuchen,
immer vorne dabei zu sein." ZEBRA bat den Youngster vor dem
Auswärtsspiel in Schwartau zu einem ausführlichen Gespräch.
- Zebra:
-
Sebastian, wie erlebst Du derzeit die Handball-Bundesliga?
- Sebastian Preiß:
-
Mit zehn zu null Punkten sind wir super in die Saison gestartet.
Momentan passt es einfach. Und ich hoffe, dass es noch möglichst lange so
bleiben wird. Jede Minute, die ich spielen darf und kann, möchte ich
mitnehmen, um jede Menge Erfahrungen zu sammeln.
- Zebra:
-
Hat der THW Kiel einen Saisonauftakt nach Maß erwischt?
- Sebastian Preiß:
-
So viele Verletzte waren mit Sicherheit nicht eingeplant.
Darum ist es eigentlich als umso wertvoller zu betrachten, dass wir noch
ohne Verlustpunkte ganz oben stehen. Und so soll es noch möglichst lange bleiben,
während unsere Verletzten trotzdem ganz schnell wieder fit werden. Zu
Beginn weiß man immer nicht, wo man tatsächlich steht. Darum war auch das
erste Heimspiel gegen den Deutschen Meister SC Magdeburg gleich besonders wichtig.
- Zebra:
-
Wie hast Du selbst Deine ganz persönliche Heimpremiere erlebt?
- Sebastian Preiß:
-
Es war ein riesen Erlebnis. In Deutschland gibt gibt es wohl nichts besseres,
als vor solch einer Kulisse beim THW zu spielen. Allein das Einlaufen,
die dunkle Arena und die vielen Lichter -ÿdas ist schon überwältigend.
- Zebra:
-
Als junger Spieler profitierst Du derzeit noch von einem Zweitstartrecht,
spielst neben dem THW Kiel auch noch für den TSV Altenholz. Bedeutet das für
Dich doppelte Belastung oder doppelten Spaß?
- Sebastian Preiß:
-
Egal, in welcher Mannschaft ich gerade spiele, macht beides wirklich riesen Spaß.
Aber es ist natürlich etwas ganz anderes, ob man in Altenholz vor 700 oder in der
Ostseehalle vor 10.000 Zuschauern spielt. Trotzdem, ich komme mit all den Leuten
in beiden Vereinen sehr, sehr gut zurecht. Natürlich ist es schon belastend,
mitunter zweimal an einem Wochenende zu spielen. Aber für mich ist es sehr
wichtig, viel zu spielen. Die Spielpraxis tut gut. Und bislang hat es ganz ordentlich geklappt.
- Zebra:
-
Doch die erste und die zweite Bundesliga sind zwei verschiedene Welten, oder?
- Sebastian Preiß:
-
Ja, das stimmt. Vom ganzen Umfeld her sind deutliche Unterschiede zu spüren.
In der 2. Bundesliga spielen wir selten mal vor mehr als 1.000 Zuschauern. Insgesamt ist
die 1. Liga viel professioneller. Zudem wird in beiden Klassen ein ganz anderer Handball gespielt.
In beiden geht es körperlich zur Sache, doch insgesamt ist das Spiel in der 1. Liga viel
technischer und schneller vom Ablauf.
- Zebra:
-
Welche Bedeutung hat dieser Schritt in die erste Bundeliga für Dich?
- Sebastian Preiß:
-
Zunächst einmal war das Ganze mit einem großen Umzug verbunden.
Ich lebe jetzt rund 700 Kilometer weit weg von zuhause. Ich muss allein mein Studium
beginnen, ich muss mir hier oben einen neuen Freundeskreis aufbauen. Doch vom
Handball her ist es ein riesiger Schritt, von der zweiten in die erste Liga zu kommen - und dann
darf ich gleich noch beim besten Verein in Deutschland spielen. Ich hatte mehrere
Angebote, doch ich hätte mich wohl ewig geärgert, wenn ich diese vielleicht einmalige
Chance beim THW nicht wahrgenommen hätte. Natürlich weiß ich auch um die anderen
jungen Spieler vor mir, die es hier nicht geschafft haben sich durchzusetzen. Aber ich
habe einen längerfristigen Vertrag bekommen und möchte es selbst unbedingt probieren.
Ich habe diese Herausforderung für mich angenommen, nun hoffe ich, dass es klappt.
- Zebra:
-
Welche Erwartungen hast Du an Deine Zukunft?
- Sebastian Preiß:
-
Ich kann nur schauen, dass ich meine Leistung bringe und mich bereits im Training empfehle,
so dass ich immer wieder zu Einsätzen komme und nach und nach Erfahrung sammeln kann.
Dabei spielt es zunächst eigentlich keine Rolle, ob ich diese Leistungen beim THW oder
in Altenholz erbringe - mit beiden Teams möchte ich gewinnen. Aber langfristig möchte
ich natürlich den Schritt zum THW Kiel schaffen.
- Zebra:
-
Was heißt das konkret?
- Sebastian Preiß:
-
Das bedeutet, dass ich mich soweit etablieren möchte, dass ich in die Mannschaft hineinkomme
und auf Dauer mehr Spielanteile bekomme. Mit 20 Jahren bin ich zwar noch ein junger
Spieler und habe Zeit, doch je eher ich das schaffe umso besser.
- Zebra:
-
Was ist in dieser Saison das Wichtigste für Dich?
- Sebastian Preiß:
-
Für mich ist es sehr wichtig verletzungsfrei zu bleiben. Schließlich kann ich
nur eingesetzt werden, wenn ich gesund und fit bin. Ich möchte meine Chance nutzen
und versuchen, nach und nach im Training und in den Spielen meine Leistung zu erbringen.
Und dann möchte ich an der Fachhochschule noch gern den ein oder anderen Schein machen.
Ich möchte sowohl mit Altenholz als auch mit dem THW Erfolg haben, denn das macht vieles einfacher.
- Zebra:
-
Wie ist für Dich der Umgang mit den vielen Weltstars in Deiner neuen Mannschaft beim THW Kiel?
- Sebastian Preiß:
-
Von außen könnte man tatsächlich so empfinden - Aber es ist wirklich superklasse.
Ich bin auch als junger Spieler sofort in dieser Mannschaft aufgenommen worden und von
jedem so nett behandelt worden. Ob Lozano,
Wislander oder
Olsson, es haben mir wirklich alle geholfen.
Diese Mannschaft ist wirklich ein Team.
- Zebra:
-
Ist es dieser Teamgeist, der Euch momentan auszeichnet?
- Sebastian Preiß:
-
Auf jeden Fall. Aber nicht nur das, es ist das ganze Umfeld in Kiel:
Vom Taxifahrer am Bahnhof, der mit Dir über Handball plaudert, oder die Zuschauer,
die nach dem Spiel ganz offen auf Dich zukommen. Es ist alles wahnsinnig familiär und
freundlich. Es ist der Teamgeist, deswegen haben wir Erfolg.
- Zebra:
-
Und was zeichnet Dich aus?
- Sebastian Preiß:
-
Das ist eine sehr schwere Frage. Darüber habe ich noch nicht allzu viel nachgedacht.
Ich möchte ungern über mich selbst urteilen. Das sollen und müssen andere machen.
- Zebra:
-
Herzlichen Dank für dieses Gespräch, Sebastian.
Dir weiterhin den gewünschten Erfolg und alles Gute für Deine Zukunft.
"Fast alles so, wie es sein soll"
Der Betroffene selbst gibt sich bescheiden, wenn es um seine Person und die eigene Leistung geht.
Im vorangegangenen Interview bittet
Sebastian Preiß darum, nicht selbst über sich urteilen zu müssen.
Stattdessen sagt der Youngster: "Das sollen und müssen andere machen." Also hat sich ZEBRA einmal umgehört,
was diejenigen über
Sebastian Preiß denken, die Spiel für Spiel
gemeinsam mit ihm auf dem Platz stehen.
Seine beiden Kieler Kreisläuferkollegen bescheinigen dem momentan vielleicht größten
deutschen Nachwuchstalent auf dieser Position, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.
Klaus-Dieter Petersen sagt: "Sebastian hat die Voraussetzungen
ein guter Kreisläufer zu werden. Er ist schnell, hat die körperlichen Voraussetzungen und
ein gutes Gespür für den freien Raum." Pitti kann sich sogar vorstellen,
dass Preiß ihm auf das internationale Parkett folgen wird.
"Wenn er weiter so ehrgeizig an sich arbeitet, wird er in den nächsten Jahren denn
Sprung in die Nationalmannschaft schaffen können. Aber dieses ist noch ein harter Weg."
Magnus Wislander war insbesondere nach der gelungenen Vorstellung
gegen Willstädt von seiner Vertretung begeistert: "Er hat viel Selbstvertrauen, er bewegt sich gut und
fängt die Bälle. Heute hat er keinen verschossen. Er macht schon jetzt fast alles so,
wie es sein soll. Ihm fehlen nur noch Kleinigkeiten, zum Beispiel manchmal das Timing."
Auch Trainer Noka Serdarusic freute sich nach eben dieser
beeindruckenden Heimpremiere des Youngster. Er sagte: "Er hat ein tolles Spiel gemacht.
Ich hoffe, dass er für uns noch einige tolle Spiele macht und wir mit ihm einen Nachfolger am Kreis haben."
Und Kapitän Stefan Lövgren hat sogar noch einen ganz anderen positiven Aspekt
an Sebastian Preiß ausgemacht. "Er bringt frisches Blut in unser Team,
im Durchschnitt werden wir so alle doch noch jünger." Allerdings hat "Pitti"
dagegen einen Wermutstropfen gefunden. "Die Einstellung zum Leistungssport stimmt bei Basti.
Nur die zum Fußball muss er ändern! Bayern München ist da nicht die richtige Einstellung im Norden..."