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14.02.2003 Bundesliga

Gast Großwallstadt in akuter Abstiegsnot

Tief im Abstiegskampf: Die Mannschaft des TV Großwallstadt.
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Am Sonntag (Anpfiff 16.00 Uhr) muß der TV Großwallstadt in der Ostseehalle antreten. Der "Liga-Dino", der sechs Mal Meister wurde und zusammen mit dem THW und dem VfL Gummersbach zu den drei Vereinen gehört, die an allen Spielzeiten der eingleisigen Bundesliga teilgenommen haben, steht mit dem Rücken zur Wand. Nach 19 Spielen belegen die Mainfranken nur Platz 16 der Tabelle und können bei 12:26 Punkten nur drei Siege vorweisen.
Kein Wunder, dass in Aschaffenburg und Umgebung die Alarmglocken läuten. "Die Situation für uns wird immer prekärer", stellte Großwallstadts Trainer Peter Meisinger nach der deutlichen 22:30-Niederlage in Göppingen, die man kurz vor dem Jahreswechsel kassierte, ernüchtert fest. 0:10 Punkte lautete die Bilanz von Ende November bis Silvester (siehe Kurve Großwallstadt). Meisingers Ton wurde schärfer: "Wir müssen den Spielern klar machen, für was sie hier ihr Geld bekommen. Wenn Spieler den unbedingten Siegeswillen nicht an den Tag legen, ist es schwer etwas zu bewegen", meinte der Coach in Richtung zweier Spieler, die er aber nicht öffentlich beim Namen nennen wollte.

Mit fünf Unentschieden - darunter auch das Remis gegen den THW und nur unterbrochen von einer Auswärtsniederlage in Minden - war der TVG in die Saison gestartet - Nach einem knappen Heimsieg über Gummersbach belegte Großwallstadt mit Platz acht die beste Platzierung der Saison, danach ging es nur noch bergab. Auswärts konnte die Mannschaft von Peter Meisinger nur bei den Unentschieden in Wallau, Pfullingen und Essen punkten. Doch klassenbedrohend dürfte eher die eklatante Heimschwäche sein: Bei fünf Auftritten in der Unterfrankenhalle gelangen nur drei Siege (gegen Gummersbach, Hamburg und Minden).

Die WM-Teilnehmer Grimm, Valcic und Lichtlein (v.l.)  gehörten beim 26:25-Sieg über Minden zu den Matchwinnern.
Die WM-Teilnehmer Grimm, Valcic und Lichtlein (v.l.) gehörten beim 26:25-Sieg über Minden zu den Matchwinnern.
Doch der 26:25-Heimerfolg über GWD, mit dem der TVG nach der WM startete, könnte der Mannschaft einen Schub geben. Gerade die WM-Teilnehmer, Weltmeister Toncic Valcic und die Vizeweltmeister Carsten Lichtlein und Heiko Grimm, waren die Matchwinner. Henning Siemens, der vier Tore zum Sieg beisteuerte, sagt im Zebra-Interview: "Der Druck von außen war vorher enorm, da war es wichtig, endlich wieder einen Sieg zu landen. Dabei hätten wir eigentlich deutlicher gewinnen müssen, haben bis zum 11:11 zur Pause eine Vielzahl von klaren Chancen ausgelassen. Im zweiten Durchgang führten wir zwischenzeitlich sogar mit fünf Treffern, hätten also deutlicher gewinnen müssen. Dass es zum Schluss noch mal enger wurde, war unser eigenes Verschulden. Trotzdem haben wir verdient gewonnen."

Der TVG hat trotz eines selbst auferlegten Sparkurses nominell n¡cht den schlechtesten Kader. Mit Carsten Lichtlein steht der kommende Nationaltorhüter im Tor, der von Routinier Volker Hoffmann (früher Minden, Nettelstedt und Hameln) unterstützt wird. Der kroatische Weltmeister Tonci Valcic kann ebenso wie der ehemalige Magdeburger Michael Jahns für Druck im linken Rückraum sorgen, Regie führt der Pole Jacek Bezdikowski, rechts wechseln sich Henning Siemens und Michael Pettersson ab. Linksaußen Alexander Mierzwa wechselt in der kommenden Saison zum VfL Gummersbach, Konkurrent Heiko Grimm ist variabler und hat zuletzt auch Regie geführt. Die rechte Flügelposition besetzen Oldie Bernd Roos und Otto Fetser, während am Kreis Kapitän Ulrich Wolf und Talent Marc Malone spielen (siehe Kader Großwallstadt). Beste Schützen beim TVG sind momentan Grimm (95/53 Tore), Mierzwa (60) und Valcic (58). Weitere Informationen über Mannschaft und Verein finden Sie im Vorbericht zum Hinspiel.

Der letzte Erfolg des Altmeisters in der Ostseehalle datiert vom 23.08.2000 (siehe Bericht), in der letzten Saison siegte der THW überdeutlich mit 35:21 (siehe Bericht und Daten Großwallstadt).

Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...

 

Interview mit Henning Siemens

"Wir machen uns nichts vor!"
Drei Jahre lang trug Henning Siemens das Trikot des THW Kiel, war 1998 beim legendären Triple dabei und verabschiedete sich 1999 mit Meisterschaft und DHB-Pokalsieg in Richtung Großwallstadt, wo er heute noch spielt. Inzwischen heißt sein Tagesgeschäft "Abstiegskampf", der TVG steckt mitten drin. Im ZEBRA-Gespräch erläutert Henning Siemens die prekäre Lage beim Altmeister und spricht über eigenen Zukunftsplanungen.
Zebra:
Henning, war das 26:25 gegen Minden der erhoffte Start in die Rückrunde?
Henning Siemens:
Auf jeden Fall! Der Druck von außen war vorher enorm, da war es wichtig, endlich wieder einen Sieg zu landen. Dabei hätten wir eigentlich deutlicher gewinnen müssen, haben bis zum 11:11 zur Pause eine Vielzahl von klaren Chancen ausgelassen. Im zweiten Durchgang führten wir zwischenzeitlich sogar mit fünf Treffern, hätten also deutlicher gewinnen müssen. Dass es zum Schluss noch mal enger wurde, war unser eigenes Verschulden. Trotzdem haben wir verdient gewonnen.
Zebra:
Wir war bei Euch die Lage vor der WM-Pause? Es war zu lesen, dass der Trainer davon sprach, nicht alle Spieler wären mit dem nötigen Einsatz bei der Sache.
Henning Siemens:
Das wurde sicher in den Medien ein wenig hochgeschaukelt. Jeder, der selbst Sport treibt, weiß wie schwer es ist, sich selbst am Schopf zu packen und sich aus dem Schlamassel zu ziehen, wenn es mal nicht läuft. Doch die sieben Wochen Pause haben uns sichtlich gut getan, um uns neu einzustellen und uns neu zu sortieren.
Zebra:
Der Trainer hat Euch also nicht den Kopf gewaschen?
Henning Siemens:
Nein, das nicht. Im übrigen spielen wir fast mit der identischen Mannschaft aus dem Vorjahr - und da lief es ja auch. Die Punkte, die uns jetzt fehlen, haben wir in den sechs oder sieben Begegnungen liegengelassen, in denen wir Unentschieden gespielt haben. In all diesen Spielen hatten wir fast immer mit drei, vier oder fünf Toren in Front gelegen. Hätten die meisten dieser Spiele für uns entscheiden können, wären wir jetzt nicht in dieser prekären Situation. Dazu kommen allerdings auch zwei bittere Heimniederlagen gegen Wilhelmshaven und Nettelstedt. Wir schauen jetzt von Spiel zu Spiel und motivieren uns jedes Mal neu.
Zebra:
Ihr seid Euch also durchaus dem Ernst der Lage bewusst.
Henning Siemens:
Ja, durchaus. Das eigentliche Problem ist doch eine zweigeteilte Liga: Die ersten fünf, sechs Mannschaften spielen fast unter sich und danach ist alles verdammt eng. Da reichen ein oder zwei Siege und man ist von den Abstiegsrängen schon wieder auf Platz zehn nach oben geklettert.
Zebra:
Trotzdem befindet Ihr Euch im Abstiegskampf. Oder ist die Überzeugung so groß, dass am Ende nichts passieren wird?
Henning Siemens:
Henning Siemens:  "Wir machen uns nichts vor."
Henning Siemens: "Wir machen uns nichts vor."
Wir machen uns nichts vor! Bis zum Ende der Saison werden wir im Abstiegskampf stecken. Jeder weiß das, aber jeder ist nun hochmotiviert dagegen an zu kämpfen. Wenn sich wie in der Hinrunde die negativen Siutaionen allerdings andauernd wiederholen und Dir jedesmal die Cleverness fehlt, ein enges Spiel für Dich zu entscheiden, dann bist Du schon irgendwie ratlos. Im Spiel gegen Minden hat man aber deutlich gesehen, dass jeder alles für den anderen gegeben hat. Und jeder war überzeugt davon zu gewinnen - das ist das Wichtigste.
Zebra:
Der TV Großwallstadt zählt zu den "Dinos der Liga". Wie groß ist in dieser Siutation der Druck, dass ausgerechnet Ihr diejenigen sein könntet, die den TVG erstmalig nicht in der Bundesliga halten können?
Henning Siemens:
Das wird einem hier natürlich permant vor Augen geführt. Die Medien sind voll davon und jeder schaut nach Großwallstadt, sogar die übrige Liga. Es ist einem sicher auch bewusst, dass da ein riesen Rattenschwanz aus Sponsoren, Vertragsverlängerungen der Spieler und vieler anderer Dinge hinterherkommt. Doch noch sind das alles Eventualitäten, die man sicher mal im Kopf durchspielt. Wenn wir in unseren Heimspielen die Punkte holen, können wir wieder gelassener in die Zukunft schauen. Noch ist nichts verloren, auch wenn es ganz eng ist. Wenn allerdings die Zuschauer uns wieder zahlreicher den Rücken stärken und wir selbst merken, dass es wieder rund läuft, dann sieht es ganz gut aus.
Zebra:
Du hast mit dem THW Kiel um die Meisterschaft gespielt und steckst nun mit dem TVG im Abstiegskampf, kennst also beide Extreme der Liga. In beiden Fällen geht es um sehr viel. Wo liegen die psychologischen Unterschiede?
Henning Siemens:
Der Druck ist in beiden Fällen da. Allerdings geht es wesentlich leichter, wenn Du um die Meisterschaft spielst. Dan hast Du Selbstvertrauen, stehst oben und schwimmst einfach auf einer Welle. Im Abstiegskampf kommen noch viele andere Belastungen dazu, die Du alle abschütteln und in die Ecke drängen muss -ÿund Du musst trotzdem Deine Leistung abrufen.
Zebra:
Gilt Dein Vertrag auch für die zweite Liga?
Henning Siemens:
Damit habe ich mich noch gar nicht beschäftigt. Es gibt keine Klausel, worin geschrieben steht, dass er dann nicht gültig wäre. Aber das sind alles Eventualitäten und offene Geschichten.
Zebra:
Wie sieht Deine Zukunftsplanung aus? Du bist bald fertig mit Deinem BWL-Studium.
Henning Siemens:
In erster Linie möchte ich noch zwei Semester alles geben um dann auch wirklich fertig zu werden. Und dann möchte ich gern genauso wie z.B. Martin Schmidt in Kiel den Übergang in einen neuen Job finden, den Schwerpunkt also allmählich verschieben. Gerade in der jetzigen wirtschaftlichen Situation sollte man an die Zukunft denken und nicht fahrlässig damit umgehen.
Zebra:
Wo und wielange möchtest Du noch in der Bundesliga spielen?
Henning Siemens:
Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Noch möchte ich eine Weile spielen, Grundvoraussetzungen sind natürlich Gesundheit und heile Knochen.
Zebra:
Verfolgst Du denn noch immer Deinen alten Verein aus Kiel und schlägt Dein Herz noch für den THW?
Henning Siemens:
Ich habe zum Beispiel so lange ich konnte auf N3 das Spiel in Hamburg mitverfolgt und habe durch ständigen Kontakt zu meinen alten Mitspielern noch immer einen Draht nach Kiel.
Zebra:
Was traust Du dem THW in dieser Saison noch zu?
Henning Siemens:
Die Meisterschaft ist realistisch betrachtet abgehakt. Man kann nicht immer erwarten, dass alle Mannschaften für Kiel spielen. Aber im Pokal geht immer was. Kiel ist alles zuzutrauen.
Zebra:
Und wie sehen Eure eigenen Aussichten gegen Kiel aus?
Henning Siemens:
Wie gesagt, wir wollen jedes Spiel so gut wie möglich bestreiten. Und in Kiel haben wir schon einmal gewonnen, wenn auch unter anderen Voraussetzungen. Trotzdem, wir wollen so lange wie möglich dranbleiben und vielleicht können wir dann ja sogar einen Punkt mit nach hause nehmen.
Zebra:
Du fielst vor der Pause zuletzt einen Muskelfaserriss aus. In Kiel bist Du aber dabei?
Henning Siemens:
Ich bin gesund und dabei.
(Das Gespräch führte Sascha Klahn (living sports).)

 

 

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