Am Mittwoch gastiert GWD Minden in der Ostseehalle. Anpfiff gegen
die auf Platz 17 liegenden, stark abstiegsgefährdeten Ostwestfalen ist um 20
Uhr. Für die Partie gibt es noch Karten
(siehe
Bericht).
Schon Mitte Oktober war Minden in den Keller der Liga gerasselt. Mit einem
knappen,
hart erkämpften 22:21 (11:11)-Sieg des THW in der Kampahalle, der
für die Zebras den ersten Auswärtserfolg der Saison bedeutete (siehe
Spielbericht Minden), stand der deutsche Meister
von 1971 und 1977 Ende Oktober mit 3:13 Punkten
auf Platz 17. Die beiden folgenden Auswärtsniederlagen in Wallau und Pfullingen
verschärften die Situation weiter (siehe
Kurve Minden).
Besonders bitter war jedoch die Heimschwäche von GWD: Aus den ersten fünf
Heimspielen konnten nur zwei Punkte gegen Großwallstadt geholt werden.
Als die verletzungsgebeutelten Ostwestfalen dann im November und Dezember
in eigener Halle gegen Gummersbach, Wilhelmshaven und Lübbecke gewannen und
in Eisenach ihren bisher einzigen Auswärtssieg der Saison einfuhren,
verbesserte sich Minden immerhin auf Platz 13.
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Alexander "Sascha" Rymanow wurde nach der Heimniederlage gegen Göppingen
beurlaubt.
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GWD |
Doch dann ging es wieder bergab: Aus den letzten neun Spielen holte
Dankersen nur vier Punkte und liegt nun mit 14:36 Punkten wieder auf Platz
17 der
Tabelle. Nach der letzten
Heimniederlage
gegen Göppingen
(24:25) setzten die "normalen" Mechanismen des Berufssports ein.
GWD-Manager Horst Bredemeier beurlaubte seinen Übungsleiter Sascha Rymanow.
Bredemeier sagte: "... wir mussten handeln und hoffen,
dass nun frischer Wind im Team einzieht und dass es einen Kick für den weiteren
Abstiegskampf
gibt." (siehe auch
Interview mit Horst Bredemeier).
Doch auch der folgende Interimstrainer Rainer Niemeyer, ehemaliger Weltmeister
und zuvor Trainer der GWD-Regionalligamannschaft, konnte in seinem ersten
Spiel keine Wende herbei führen. Mit 21:31 ging das Team bei TUSEM Essen unter.
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Jesus Fernandez Oceja wechselte am 20.11.2002 zu GWD.
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GWD |
Eine der Ursachen für die Misere dürfte die schlimme Verletzungsserie bei GWD
sein.
Mike Bezdicek (Bizepsabriß) fehlte am Anfang der
Saison.
Frank von Behren zog sich im Oktober einen Kreuzbandriß zu und wird nicht mehr
für GWD
auflaufen können - er wechselt im Sommer zum VfL Gummersbach. Youngster
Christian
Prokop schaffte es nach seiner Verletzung nicht mehr zurück ins Team und
wird Minden zum Saisonende verlassen. Lange verzichten mußte Rymanow auch auf
Frank Carstens, der an einer Thrombose erkrankt war. Carstens und
Bezdicek kehrten inzwischen immerhin wieder in
den
Mindener Kader zurück, während sich aber der
isländische
Außen Gustaf Bjarnason in das Lazarett einreihte. Um die Personalnot zu
überbrücken,
verpflichtete Bredemeier Mitte November nach einem Tipp von
Talant Dushjebaev dann aus der zweiten spanischen Liga
den iberischen Nationalspieler Jesus "Chechu" Fernandez Oceja für die linke und
mittlere Rückraumposition. Mehr aber gab der angespannte Etat von GWD nicht her.
Die restliche Mannschaft von GWD stellten wir
im Vorbericht zum Hinspiel bereits ausführlich vor.
Top-Scorer von GWD ist wieder einmal der schwedische Rechtsaußen Tomas Axner
mit 135/51 Toren vor Kreisläufer Dimitri Kusilew (93) und dem jungen
Arne Niemeyer (85/18).
Im Rückraum hat sich im letzten Spiel folgende Formation heraus kristallisiert:
Fernandez spielt links, Carstens Mitte, Buschmann rechts. Aaron Ziercke
organisiert die Abwehr. Wenig Spielanteile bekommt der zu Saisonbeginn
nach Minden gewechsete Denis Maksimovitch, er wirkt in seinen Aktionen laut
Presse zu unsicher.
Interims-Coach Rainer Niemeyer setzt nun vor allem auf die Moral der
Mannschaft. "Teamspirit verstärken, 30 Prozent mehr Leistung rauskitzeln"
lautet die Devise. Nach der Niederlage in Essen sagte Niemeyer:
"Wir müssen auf den ersten 25 Minuten
aufbauen. Wir werden alles analysieren und die Fehler an allen Ecken und
Ende beheben. Bis jetzt haben wir nur an der Abwehr gearbeitet. Jetzt
müssen wir auch für den Angriff neue Konzeptionen erabreiten, um variabler
und sicherer zu werden."
Aber ob das für einen Sieg in der Ostseehalle reicht?
Auswärts gab es für Minden in dieser Saison bisher wenig zu holen:
Ein einziges Mal - in Eisenach - gelang ein Sieg, zweimal - in Göppingen und
Wetzlar - ein Unentschieden, sonst setzte es nur Niederlagen
(siehe Kurve Minden). In
der Ostseehalle gewann Minden zuletzt in der Saison 1983/84
(siehe Gegnerdaten Minden). Im letzten Jahr
gab es einen klaren 33:24-Sieg für den THW (siehe
Bericht).
Schiedsrichter der Partie am Mittwoch sind
Brauer (Hamburg) / Holm (Hagen).
Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2003:
Nach den verlorenen Titelchancen ist die Qualifikation für den europäischen Wettbewerb
das letzte Saisonziel des THW.
THW-Kapitän
Stefan Lövgren gibt sich zuversichtlich. "Es ist doch klar, dass von uns ein Platz im Europapokal
erwartet wird", sagt Kiels Führungsspieler. "Die Mannschaft hat auch die Qualität es zu schaffen und wird sich
für dieses Ziel voll ins Zeug legen." Wichtigste Bedingung sei jedoch, dass man zum guten Handball der
vergangenen Jahre zurückfinde. "Dann kehrt auch das Selbstvertrauen zurück und die zuletzt vermisste Sicherheit
in der Abwehr oder bei der ersten und zweiten Welle im Angriffsspiel."
Bei der angestrebten Rückkehr in die Erfolgsspur wollen auch wieder
Piotr Przybecki und
Morten Bjerre helfen.
Beide Rückraumspieler räumten in der vergangenen Woche das THW-Lazarett und dürften heute mit Kurzeinsätzen für
Entlastung sorgen. Für
Morten Bjerre geht eine vierwöchige Leidenszeit zu Ende, nachdem ihm im Februar beim
Pokalspiel in Flensburg die Kniescheibe heraus gesprungen war. Mannschaftsarzt
Dr. Brandecker erwartet keine
Folgeschäden. "Wenn der Muskel, der die Kniescheibe hält, stabil ist, muss
Morten nichts befürchten."
Für
Piotr Przybecki geht eine weit längere Leidenzeit zu Ende. Der 30-jährige Pole musste nach einem
Kreuzbandriss im August 2001 drei Operationen ertragen, die letzte im November 2002. "Am Montag habe ich vom
Arzt meine Gesundschreibung und grünes Licht bekommen", sagt er. Um zu alter Stärke zurück zu finden, benötigt
Przybecki jedoch Zeit. Das Knie sei zwar erheblich besser geworden, berichtet er, "aber es wird sicher dauern,
bis ich auch im Kopf frei werde. Und da helfen nur Spiele."
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2003)
Im Westfalenblatt fordert GWD-Manager Horst Bredemeier eine
Steigerung seiner Mannschaft gegenüber dem Spiel in Essen:
"In Essen haben wir 25 Minuten auf hohem Niveau gespielt. Das gilt es diesmal zu steigern."
Seine plakative Forderung: "Ich will mehr sehen!"
Dabei ist laut Westfalenblatt vor allem die Abwehr gefordert, die aggressiver
agieren soll:
"Im Abstiegskampf braucht man Emotionen. Und die sind nur über aggressiveres Spiel zu erreichen."
In der Deckung laute der Wunsch-Mittelblock inzwischen
Ziercke und
Fernandez. Doch der ehemalige THWer Ziercke ist verletzt,
hat sich eine leichte Aduktorenzerrung zugezogen und musste im Training bislang passen.
Gefährdet ist auch der Einsatz von Arne Niemeyer, der noch immer unter einer bakteriellen
Entzündung im Knie leidet.
Bredemeier setzt sein Team vor den verbleibenden Spielen unter Dampf:
"Die Spieler müssen es auf die Platte bringen, dass sie um ihre Arbeitsplätze spielen."
Doch den Druck sieht der ehemalige Bundestrainer am Mittwoch in der Ostseehalle
auf dem THW lasten:
"Kiel hat einen Startplatz im internationalen Geschäft schon fast verspielt. Außerdem auch Kritik bei den eigenen
Fans. Da kann man sich keine weiteren Nackenschläge erlauben. Wir aber werden heute trotz aller personellen
Sorgen keine Geschenke verteilen"
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
"Da muss man durch"
In Minden wird zur Zeit hart gegen den Wind gefahren. Abstiegsangst macht sich breit, die
Notbremse wurde durch einen Trainerwechsel bereits gezogen. Thomas Fischer (living sports)
unterhielt sich mit Horst Bredemeier, Manager der GWD Minden und gleichzeitig DHB-Vizepräsident,
über Krisen und Krisenbewältigung, auch der Umbruch beim THW Kiel wurde dabei erörtert.
- Zebra:
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Nach den relativ erfolgreichen letzten Jahren droht der GWD Minden nun der Abstieg. Wie
begründen Sie diese Talfahrt?
- Horst Bredemeier:
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GWD-Manager Horst Bredemeier.
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Wir haben die Saison von vorn herein sehr realistisch eingeschätzt und wollten mit
dem Abstiegskampf natürlich am liebsten nichts zu tun haben. Nach den vielen Abgängen von
Weltklassespielern wie z.B. Dujshebaev, Tutschkin oder Lisicic in den letzten Jahren war uns
schon klar, dass wir zum unteren Drittel der Liga gehören, was bei einem Etat von nur 1,7 Mio
Euro auch keine Überraschung ist. In dieser Saison haben wir, analog zum THW Kiel, enormes
Verletzungspech zu verkraften gehabt. Das Kreuzband von Frank von Behren über fast die gesamte
Saison, Schulterverletzung von Bezdicek über mehrere Wochen, jetzt der Ausfall von Gustaf
Bjarnason über den Rest der Saison, zudem Verletzungen von unserem Shooting-Star der letzten
Saison, Christian Prokop, über die gesamte Saison. Dies sind Lücken, welche junge Spieler wie
Arne Niemeyer oder Jan Buschmann mit ihren 22 Jahren nur schwer schließen können. Demnach kann
man den momentanen Tabellenplatz eigentlich als völlig normalen sportlichen Werdegang sehen, auch
wenn es natürlich schmerzhaft ist.
- Zebra:
-
Wie gedenken Sie den Klassenerhalt noch zu sichern? War der Trainerwechsel von Rymanov zu
Rainer Niemeyer eine Art Notbremse?
- Horst Bredemeier:
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Ja, das war eine Notbremse. Es tut mir besonders leid für Aleksandr Rymanov, da er
die letzten Jahre hier sehr gute Arbeit gemacht hat und noch in der vergangenen Saison für uns
den optimalen, nämlich den 8. Platz erreicht hat. Es war klar, dass sein Vertrag zum Saisonende
nicht verlängert werden würde. Durch den Druck aus dem Umfeld haben wir uns dann dazu
durchgerungen, den Trainer schon vorzeitig zu wechseln, als letzte Möglichkeit von Seiten des
Vereins ein Zeichen zu setzen. Schon an seinem Ersatz durch Rainer Niemeyer aus unserer zweiten
Mannschaft sieht man auch, dass wir wirtschaftlich keine großen Sprünge machen können. Es ist
nunmal so, dass wir sehr stark auf unsere eigene Jugend bauen müssen, was bisher ganz gut
geklappt hat und auch daran anschaulich wird, dass wir in Kiel mit wahrscheinlich fünf eigenen
Jugendspielern antreten werden. Erfolgreiche Eigengewächse wie z.B von Behren wechseln zu
größeren Vereinen und so wird es demnächst mit unseren derzeitigen Youngstern wie Arne Niemeyer
geschehen, dagegen können wir uns gar nicht wehren. Dennoch werden wir selbstverständlich alles
dafür tun, damit wir wenigstens den 15. Tabellenplatz erreichen und die Klasse halten können.
- Zebra:
-
Ihr letzter Auswärtssieg in Kiel gelang Ihnen zuletzt in der Saison 1983/84, damals noch
als GW Dankersen. Wie schätzen Sie Ihre Chancen im kommenden Spiel ein?
- Horst Bredemeier:
-
Zunächst möchte ich betonen: GW Dankersen sind wir eigentlich immer noch. Wir haben
damals ohne Not einen Markennamen aufgegeben, indem der Zusatz "Minden" dran gehängt wurde. Zu
unseren Chancen ist zu sagen, dass wir uns natürlich als krasser Außenseiter sehen, wir sind mit
einer Mannschaft wie dem THW Kiel nicht vergleichbar. Für uns sind ab sofort alle Spiele
Endspiele und dementsprechend wird sich die Mannschaft ins Zeug legen müssen, um den
Klassenerhalt noch zu sichern. Der THW wird sich angesichts des Champions League-Aus und der
Niederlage gegen Göppingen rehabilitieren wollen und müssen. Von daher macht dies unsere Aufgabe
umso schwieriger, zumal wir noch gar nicht wissen, mit welcher Mannschaft wir auflaufen werden.
Ansonsten wird nur zu hoffen sein, dass wir mit der richtigen kämpferischen Einstellung
Schadensbegrenzung erlangen können.
- Zebra:
-
Sie sehen also keinen Vorteil für Minden in der momentanen Kieler Schwächephase?
- Horst Bredemeier:
-
Nein, die Kieler haben immer noch genug Potential, um jeder Mannschaft gefährlich zu
werden. Da sind Spieler wie
Petersson,
Jacobsen,
Lövgren, oder vor allem das Torwartgespann
Fritz/Andersson.
So etwas hat Minden nicht zu bieten. Hinzu kommt noch das gigantische Publikum
von 10000 Zuschauern. Ich denke, man sollte Kiel nicht schlechter reden, als es ist.
- Zebra:
-
Sie sind gut befreundet mit
Uwe Schwenker und haben so gesehen auch einen guten Überblick
über die Geschehnisse in Kiel. Wie beurteilen Sie die momentane Kieler Situation und den
eingeläuteten Umbruch in der Mannschaft?
- Horst Bredemeier:
-
Das ist richtig. Mit Uwe Schwenker
bin ich eng befreundet. Er verfolgt eine gerade
Linie, redet anderen nicht nach dem Mund und weiß was er will. Ein Mann, den ich sehr schätze, im
privaten als auch im geschäftlichen Bereich. Zur Situation in Kiel ist zu sagen, dass sie völlig
normal ist. Man hatte dort so viele Erfolge, dass es einfach irgendwann genau so kommen musste,
wie es jetzt ist. Die zahlreichen Erfolge in den letzten Jahren wurden vor allem durch Spieler
wie
Wislander und
Olsson und
Petersen errungen. Irgendwann war es klar, müsste sich der THW von
dem einen oder anderen trennen. Er hätte es vorher machen können, dann wäre er allerdings im
letzten Jahr kein Deutscher Meister geworden. Nun kam in diesem Jahr das immense Verletzungspech
hinzu. Ich bin mir aber sicher, dass Kiel in den nächsten Jahren wieder eine absolute
Topmannschaft haben und um die Meisterschaft mitspielen wird. Der Umbruch musste kommen und wenn
man nicht so viel Verletzungspech gehabt hätte, sähe es auch in der Tabelle wesentlich besser
aus.
- Zebra:
-
Haben Sie ähnliche Umbruch-Pläne für Minden? Was soll sich mittelfristig ändern?
- Horst Bredemeier:
-
Nein, wir brauchen in Minden keinen Umbruch. Wir arbeiten sehr stark mit jungen
Spielern zusammen, sind ständig dabei, etwas aufzubauen. Minden ist mit großen Vereinen wie Kiel
nicht zu vergleichen. Wir sind nur eine Mannschaft, die es den anderen Teams ermöglicht, 17 bzw.
34 Spiele zu haben, weil die Bundesliga nicht mit 10 Mannschaften spielen kann. Auch
Spekulationen über einen Hallen-Umzug nach Hannover muss ich eine klare Absage erteilen. Dieser
Wunsch kommt eher von Seiten der Hannoveraner, da Minden nur knapp 60 km von Hannover entfernt
ist. Solche Gerüchte werden sich nicht abstellen lassen, Pläne für eine Umsetzung gibt es nicht.
- Zebra:
-
Ihnen wurde eine Stelle im Marketing- und Werbebereich der demnächst eigenständigen Liga
in Aussicht gestellt. Warum haben Sie das abgelehnt?
- Horst Bredemeier:
-
Ich war der Wunschkandidat von
Uwe Schwenker für diesen Posten, habe dies aber schon
im Vorfeld abgelehnt. Zu einem offiziellen Angebot kam es daher nie. Ich bin ganz glücklich
damit, DHB-Vizepräsident zu sein und darüber hinaus macht mir der Job in Minden immer noch zu
viel Spaß, als dass ich ihn für etwas anderes aufgeben möchte. Dies ist mein Heimatverein und da
kann man sich nicht einfach aus der Verantwortung drücken oder nur die Rosinen raus picken, indem
man sagt, wenn es hier nicht läuft, dann mache ich was anderes. Das wäre zu einfach. Wir haben in
dieser Saison gewisse Probleme, aber da muss man durch. Es kommen auch wieder bessere Zeiten.
Das Interview führte
Thomas Fischer (living sports).
Aus einer langen Tradition heraus wird in Dankersen, einem Ort mit ca. 3500 Einwohnern
(inzwischen Ortsteil der Stadt Minden), seit 1924 Handball gespielt. In dieser Zeit hat
sich der TSV GWD Minden zu einem der spielstärksten Vereine in der Bundesrepublik
entwickelt. Neben diversen Vize-Titeln feierten die Grün-Weißen in den 70er Jahren als
zweimaliger Deutscher Meister im Hallenhandball und dreimaliger DHB-Pokalsieger ihre
größten Erfolge.
Inzwischen haben sich die Zeiten geändert, der Wind weht deutlich rauer an der Weser für
die Truppe um Horst Bredemeier, Manager und Geschäftsführer der GWD Minden. Nach dem
Wiederaufstieg 1995 in die 1. Handballbundesliga und einer sich eingestellten Kontinuität
im oberen Mittelfeld der Liga (von 1999 bis 2002 zwischen dem 7. und 9. Tabellenplatz)
geht es in dieser Saison eher turbulent zu: Abstiegskampf, Trainerwechsel, Spielerabgänge
und Sorgen um den aktuellen Etat machen die Runde.
Ein kurzer Blick auf die
Tabelle läßt die Not der Mindener schnell erkennen: Platz 17, nur
zwei Punkte vom Tabellenletzten Willstätt/Schutterwald entfernt. Das Saisonziel
"gesicherter Mittelfeldplatz" ist somit quasi verspielt, volles Augenmerk gilt nun dem
rettenden 15. Tabellenplatz, den es mit aller Macht zu erreichen gilt. Von den letzten
neun verbleibenden Partien wolle man mindestens vier oder fünf Spiele gewinnen. "Deshalb
werden wir in jedem Spiel alles ausreizen, was möglich ist", so der neue GWD-Trainer
Rainer Niemeyer, der dabei von Bredemeier unterstützt wird: "Wir wollen die Spieler zu
einer aggressiveren Einstellung bewegen. Unsere Aufgabe ist es zunächst, sie vom Kopf her
positiv zu puschen."
Rainer Niemeyer ist seit dem 13. März diesen Jahres Interimstrainer bis zum Ende der
Saison und somit Nachfolger von Aleksandr Rymanov, der nach knapp vierjähriger
Zusammenarbeit mit dem Verein beurlaubt wurde. Niemeyer, Weltmeister von 1978 und Vater
von Arne Niemeyer, Rückraumspieler der GWD, hatte zuvor die zweite Mannschaft in der
Regionalliga trainiert und sieht sich der verantwortungsvollen Aufgabe, den Klassenerhalt
gemeinsam mit Co-Trainer Günter Gieseking zu sichern, gewappnet: "Wir werden versuchen,
die Arbeit von Rymanov fortzusetzen und zehn bis 20 Prozent mehr aus der Mannschaft heraus
zu kitzeln. Die Mannschaft muss wieder eine Einheit werden, was in der Vergangenheit nicht
immer der Fall war."
Mehrere Gespräche an jenem Wochenende Mitte März, unter anderem mit den GWD-Gesellschaftern
und Entscheidungsträgern aus dem sportlichen Bereich, hatten zu der
Entscheidung des Trainerwechsels geführt. Bredemeier sah sich nach der bitteren Heimpleite
gegen Göppingen gezwungen, die Reißleine zu ziehen. "Das ist der normale Mechanismus, der
im Spitzensport einsetzt", so ïHotti÷, der sich dem Druck nur ungern gebeugt hat.
"Aleksandr Rymanov hat vier Jahre hervorragende Arbeit für GWD geleistet, er hat mit den
Plätzen sieben und acht die besten Ergebnisse seit den glorreichen 70er Jahren
vorzuweisen, stand mit der Mannschaft zwei Mal in der Pokal-Endrunde", zählt Bredemeier
die Verdienste auf. Und was die derzeitige prekäre Situation angeht, treffe den Trainer
die geringste Schuld. "Bei uns war in dieser Saison immer etwas los, wir sind nie zur Ruhe
gekommen", spricht der Manager das große Verletzungspech an. "Eins steht auch fest: Hätten
wir 20 Punkte auf dem Konto, würden wir heute nicht über den Trainerwechsel diskutieren."
Für Rymanov selbst kam die Beurlaubung mangels Erfolg der letzten Spiele nicht
überraschend, zeigte sich jedoch enttäuscht über die Art und Weise, wie der Trainerwechsel
von Statten ging. Er habe es zuerst von den Medien erfahren. Gerne hätte er seine Arbeit
zu Ende gebracht: "Ich bin überzeugt, dass ich mit der Mannschaft den Klassenerhalt
geschafft hätte. Aber es hat sich gezeigt, dass ich das Vertrauen der Führungsetage nicht
mehr hatte. Ich wünsche GWD Minden dennoch von Herzen alles Gute und dass die Mannschaft
die Klasse hält."
Bedrohlich für die GWD Minden ist zunehmend auch die Personalentwicklung. Frank von
Behren, Eigengewächs und Produkt der mehrfach preisgekrönten Mindener Jugendarbeit, wird
die GWD zum Saisonende in Richtung Gummersbach verlassen. Als weiterer Abgang steht
Kreisläufer
Mike Bezdicek fest, welcher den THW 2001 nach einer fristlosen Kündigung
unrühmlich verließ und demnächst bei Grashoppers Zürich sein Glück versuchen wird. Für
Verwirrung sorgte zuletzt auch der dänische Torhüter Kristian Asmussen, welcher erst im
Februar einem neuen Zwei-Jahresvertrag in Minden zugestimmt hatte, der nur für die erste
Liga gültig ist und nun angeblich einen Vertrag bei dem spanischen Erstligisten BM Altea
unterschrieben hat. Der Zeitpunkt, den sich Asmussen für die Poker-Partie ausgesucht hat,
könnte nicht ungünstiger gewählt worden sein. Schließlich steckt GWD mitten im
Abstiegskampf. Bredemeier macht klar: "Spieler, die weg wollen, kann man nicht halten." Er
ist sich sicher, im Ernstfall einen adäquaten Ersatz an die Weser holen zu können: "Für
das Geld bekommt man immer einen guten Torwart."
Allzu viel Geld für Neuverpflichtungen steht den Mindenern jedoch nicht zur Verfügung. Der
neu angemeldete Etat sank demnach auf ein historisches Tief von 1,7 Mio Euro, auf den
selben Stand, den man auch schon bei Bredemeiers Dienstantritts verzeichnete. Nachbar
Nettelstedt soll, so war es aus dem Umfeld zu vernehmen, dagegen mit 2,8 bis 3,0 Millionen
Euro antreten. ïWir leben stark von unserer Jugendarbeit. Bedenkt man, dass die ersten
sechs bis acht Klubs im Oberhaus mit Größenordnungen von drei bis fünf Millionen Euro
wirtschaften können, zeigt dies auf, dass es für uns fast unmöglich ist, mit den zur
Verfügung stehenden Mitteln in der 1. Liga spielen zu können", macht Horst Bredemeier
nicht nur als Manager, sondern auch als Geschäftsführer der Spielbetriebs-GmbH deutlich.
Harte Zeiten also für den Traditionsklub...
TV- und Radio-Tips: