Ex-Nationalspieler Erhard Wunderlich kritisierte
Christian Zeitz
während der
WM scharf - für viele Handballexperten unter
der Gürtellinie. Hier die Artikel zum Thema von
Sport1.
Retour-Kutsche für Wunderlich nach Kritik an Zeitz
München - Der Kieler
Christian Zeitz erlebte schwere Tage in Tunesien. Als
Hoffnungsträger angereist, wurde er für viele zum Sündenbock.
Vor allem für Erhard Wunderlich. Die Handball-Legende wütete nach den drei
deutschen Niederlagen in Vor- und Hauptrunde in der "Bild"-Zeitung:
"Der gibt sein Gehirn am Eingang ab. Den Kollegen hat er nicht geholfen. So ist er
nicht tragbar. Die größte Enttäuschung der WM."
Zeitz reagiert
Harter Tobak. Worte, die unter die Gürtellinie gehen. Gegenüber
Sport1 reagierte
der Kieler mit Unverständnis: "Erhard Wunderlich hätte mich vorher einmal
kennenlernen und sprechen sollen, um beurteilen zu können, ob ich mein Gehirn am
Eingang abgebe..."
Wunderlichs Aussagen stoßen nicht nur bei
Zeitz selbst auf Widerstand. Sie sorgen
in der gesamten Szene für mächtigen Ärger und drängen das sportliche Geschehen in
Tunesien - Deutschland sicherte sich mit einem Arbeitssieg über Tschechien Platz
neun - in den Hintergrund.
Wunderlich in Funktion für HBL
"Unter meinem Niveau. So etwas kommentiere ich nicht", sagt THW-Manager
Uwe Schwenker gegenüber
Sport1.
Doch die Aussagen haben Spuren hinterlassen. Schließlich ist Wunderlich auch
Aushängeschild der Handball-Bundesliga (HBL), wurde von der Liga als Partner des
Vorstands engagiert. Er soll für mehr Präsenz bei Zuschauern, Wirtschaft und
Medien helfen.
Immel springt für Zeitz in die Bresche
Unter den Nationalspielern dürfte Wunderlich bereits jetzt viel Kredit verspielt
haben.
"Schlechter Stil", nennt Wallaus Jan-Olaf Immel die Äußerungen Wunderlichs im
"Wiesbadener Kurier". "Es ist ein absolutes Unding, einen Menschen derart in die
Ecke zu stellen, auf ihn einzuprügeln."
Wunderlich war indes mit seiner Kritik nicht allein. Selbst Journalisten sprachen
dem Kieler vor versammeltem Fernsehpublikum seine Nationalmannschafts-Tauglichkeit
ab.
Serdarusic schützt Zeitz
Sein Verein THW Kiel ist darüber enttäuscht. "Ich habe Erhard Wunderlich
trainiert. Er überlegt nicht lange, was er sagt", meint THW-Trainer
Noka Serdarusic
zu
Sport1. "Es ist ja aber so, dass ein Spieler für die
Nationalmannschaft spielt, weil er ausgesucht wurde."
Natürlich sei die Situation für Zeitz nach dem Rücktritt von Volker Zerbe eine
andere. Daran müsse sich ein Spieler auch gewöhnen, so der Kieler Erfolgstrainer,
der feststellt: "Mit
Zeitz sind wir Spitzenreiter der Bundesliga!"
"Weiß, was ich an ihm habe"
Und, so
Serdarusic weiter: "Wenn
Christian in seine Familie THW zurückkehrt,
kriegen wir ihn wieder hin. Ich weiß, was ich an ihm habe."
Er sei zwar erst zwölf Jahre Trainer beim THW, wolle es aber noch einmal 15 Jahre
bleiben: "Und ich hoffe, dass
Christian so lange bei mir ist."
Manager
Uwe Schwenker sieht es genau so:
"
Christian ist ein extrem wertvoller
Spieler für den THW. Das hat er die ganze Saison über bewiesen. Vom THW bekommt er
alle Rückendeckung."
Schwenker ist sich sicher: "Solche Worte werden ihn nicht beeinflussen.
Christian
ist ein cleverer Junge. Beim THW hat er einen Trainer, der mit ihm sehr gut
umgeht. Und Mitspieler, die ihn zu nehmen wissen."
(Von Michael Schwartz, © 2005 Sport1)
Zuvor hatte Sport1 so berichtet:
Zwischen Genie und Wahnsinn
Christian Zeitz konnte die Erwartungen nicht erfüllen
München/Nabeul - Nach dem enttäuschenden Spiel gegen Kroatien übte Nationaltrainer
Brand Kritik an einzelnen Spieler - insbesondere an
Christian Zeitz.
Der Kieler fiel immer wieder durch hektische Aktionen auf, hatte meist wenig Glück
bei seinen Wurfversuchen.
Bei ihm sieht man, wie schmal der Grat zwischen Genie und Wahnsinn ist.
Wenn
Zeitz mit seinem katapultartigen linken Armzug die besten Handball-Torhüter
der Welt auf die Probe stellt, schießt der Puls von Bundestrainer Heiner Brand
regelmäßig in die Höhe.
Bei der WM in Tunesien allerdings mehr aus Verärgerung über haarsträubende
Fehlwürfe als aus Entzücken über Geniestreiche seines verhinderten Kieler
Hoffnungsträgers, der zu den WM-Verlierern im Team des Europameisters zählt.
Bereits am Scheideweg in der Nationalmannschaft?
Statt langsam in die Rolle des zurückgetretenen Volker Zerbe (Lemgo)
hineinzuwachsen, hat sich der 24-jährige Zeitz ausgerechnet bei seinem ersten
großen Turnier als Stammspieler den Unmut von Brand zugezogen.
Sogar mit Konsequenzen hat der Bundestrainer bereits gedroht, falls sich bei Zeitz
keine raschen Lernprozesse einstellen sollten.
Nach erfolgreichen Jahren als Joker in der Nationalmannschaft steht der
Linkshänder am Scheideweg: Die einst so erfrischenden Überraschungseffekte nach
Einwechselungen wie im olympischen Halbfinale 2004 gegen Russland (21:15) werden
mittlerweile zum Vabanquespiel, das Brand nicht duldet.
Zeitz glaubt an seine Stärken
Obwohl
"Zeitzi" die harsche Kritik des Bundestrainers an seiner Person nicht ganz
nachvollziehen kann, gesteht er durchaus Schwächen ein.
"Ich hatte mir viel vorgenommen, aber irgendwie läuft es noch nicht rund", meinte
der angehende Reiseverkehrskaufmann. Dass der Druck als neue Nummer eins auf der
halbrechten Rückraumposition wie eine Zentnerlast auf seinen breiten Schultern
liegt, will er nicht wahrhaben. Zeitz: "Im Verein habe ich in dieser Saison schon
bewiesen, was ich als Stammspieler leisten kann."
Positive Kritik von Trainer Serdarusic
Gemessen an den Feldtoren ist
Zeitz mit 100 Treffern in 18 Spielen hinter Holger
Glandorf (Nordhorn) sogar zweitbester Bundesliga-Werfer und erntet im Norden viel
Lob.
"
Christian hat einen großen Schritt nach vorne gemacht. Zwischen uns kracht es
auch manchmal, aber mit so einem Spieler zu arbeiten, macht einfach Spaß", erzählt
Kiels Trainer
Noka Serdarusic über den bis 2008 bei den "Zebras" unter Vertrag
stehenden Zeitz.
Roth schwärmt
Dass der stets betont cool daherkommende Mädchenschwarm durchaus nicht
undiszipliniert ist, hat er bereits mit Nachdruck bewiesen.
Vor fünf Jahren brachte Zeitz noch über 107 kg auf die Wage, hält sein derzeitiges
Gewicht (87 kg) aber nach einer Radikalkur stabil. Und wenn die Kritik an seinen
"Lustwürfen" mal wieder zu heftig wird, erinnert sich
Zeitz gerne an das Urteil
seines ehemaligen Östringer Trainers Michael Roth: "So einen wie
Zeitz findest du
in zehn oder vielleicht 30 Jahren nur einmal."
(© 2005 Sport1)